In den letzten Wochen gingen Meldungen durch die Presse, der Ort Pödelwitz müsse nun dem Tagebau weichen. Die MIBRAG verkündete bereits den Start der Bauarbeiten für die neue Siedlung im nahen Groitzsch. Doch die rechtlichen Voraussetzungen für die Abbaggerung des Dorfes im Leipziger Südraum fehlen, ergaben ein paar Anfragen der Grünen im sächsischen Landtag.

Unter Pödelwitz liegt ein technisch gewinnbarer Kohlevorrat von 11,4 Mio. Tonnen. Das reicht gerade einmal aus, um die Kessel des Kraftwerks Lippendorf für EIN Jahr zu befeuern. Erstmals erwähnt im 14. Jahrhundert, überstand das Dorf Pödelwitz südlich von Leipzig die Plünderungen des dreißigjährigen Krieges. Etwa 350 Bewohner erlebten hier 1990 die Deutsche Einheit.

“Die Staatsregierung hat es in der Hand, die Pödelwitzer vor Vertreibung zu schützen”, erklärt Antje Hermenau, Vorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag, nach der Beantwortung ihrer vier Anfragen zum Themenkreis durch Wirtschaftsminister Sven Morlok (FDP). “Es besteht derzeit keine rechtliche Grundlage, auf deren Basis die Kohle unter Pödelwitz gefördert werden könnte. Das haben die Antworten auf meine kleinen Anfragen eindeutig ergeben.”

“Der Tagebau ‘Vereinigtes Schleenhain’ kann nicht auf im Braunkohleplan nicht ausgewiesene Gebiete ausgedehnt werden”, heißt es in Antwort 2 zur Anfrage Nr. 5/13859). Und: “Durch die MIBRAG wurde bisher kein Genehmigungsantrag für den Rahmenbetriebsplan eingereicht, welcher die Förderung von Braunkohle unter Pödelwitz beinhaltet”, so die Antwort 1 / 2 in der Anfrage Nr. 5/13860.
“Deshalb kann die MIBRAG nicht einmal einen Rahmenbetriebsplan einreichen und ein bergrechtliches Planfeststellungsverfahren einleiten. Ministerpräsident Stanislaw Tillich muss sich jetzt schützend vor die bleibewilligen Pödelwitzer stellen. Die Staatsregierung wird ihrer Aufgabe nicht gerecht, wenn sie ‘davon aus (geht), dass eine einvernehmliche Lösung zwischen den betroffenen Bürgern und dem Unternehmen gefunden werden kann”, zitiert Antje Hermenau aus Antwort 5 in der Anfrage Nr. 5/13859. “Denn die MIBRAG hat es mittlerweile geschafft, einen großen Teil der Pödelwitzer zum Verlassen ihrer Heimat zu bewegen.”

Was ihr ganz bestimmt nicht gelungen wäre, wären den Bürgern die rechtlichen Grundlagen des Vorgangs klar gewesen. Aber aufgeklärt wurden sie weder vom Bergbauunternehmen noch von Landesbehörden. Auch so etwas zerstört Vertrauen in Politik, wenn selbst die geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen stillschweigend unterlaufen werden, frei nach dem Motto: Das werden die Betroffenen schon irgendwie akzeptieren.

“Offensichtlich hat es auch die erheblichen Beeinträchtigungen durch Staub und Lärm, die als Begründung für die Umsiedlung von Pödelwitz herhalten müssen, nie gegeben”, kommentiert Hermenau eine weitere Antwort, die Nr. 2 aus Anfrage Nr. 5/13861. “Laut Oberbergamt Freiberg, so die Antwort auf meine Anfragen, wurden die Grenzwerte nie überschritten. Die MIBRAG hat damit eine Gespensterdebatte geführt, um die Vertreibung der Pödelwitzer aus Profitgier zu bemänteln”, kritisiert Hermenau.

“Alle Ergebnisse der quartalsweise vorzulegenden Staub- und Lärmmessungen zeigten bisher deutliche Unterschreitungen der zulässigen Richtwerte”, heißt es in Antwort 2 der Anfrage Drs 5/13861. Und in Antwort 4 in der Anfrage Drs 5/13861 heißt es: “Es sind keine zusätzlichen Maßnahmen erforderlich, um die geltenden Richtwerte einzuhalten.”

Angesichts des Agierens der MIBRAG seien die Antworten der Staatsregierung erhellend, stellt Hermenau fest. Und sie zeugen auch von einem stillschweigenden Hand-in-Hand von Staatsregierung und Braunkohlewirtschaft, wie man sie auch aus anderen Kohle-Feldern der sächsischen Politik kennt. Das Wort, das die MIBRAG in Bezug auf die 11,4 Millionen Tonnen Kohle unter Pödelwitz verwendet, könnte genauso auf diese Art sächsischer Politik angewendet werden: “blockierte Randbereiche”.

Kleine Anfrage A. Hermenau ‘Geplante Abbaggerung in Pödelwitz’ (Drs. 5/13859): http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=13859&dok_art=Drs&leg_per=5&pos_dok=202

Kleine Anfrage A. Hermenau ‘Genehmigungsverfahren Abbaggerung Pödelwitz’ (Drs. 5/13860): http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=13860&dok_art=Drs&leg_per=5&pos_dok=202

Kleine Anfrage A. Hermenau ‘Genehmigung Betriebspläne Tagebau “Vereinigtes Schleenhain”‘ (Drs. 5/13861): http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=13861&dok_art=Drs&leg_per=5&pos_dok=202

Kleine Anfrage A. Hermenau ‘Lärm- und Staubbelastung in Pödelwitz durch Tagebau “Vereinigtes Schleenhain”‘ (Drs. 5/13862): http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=13862&dok_art=Drs&leg_per=5&pos_dok=202

MIBRAG – Tagebau Vereinigtees Schleenhain. Bergrechtliche Bewilligung Pödelwitz 1 (S. 3-4/ Punkt 5): www.gruene-fraktion-sachsen.de/fileadmin/user_upload/ua/Bergrechtliche-Bewilligung-Poedelwitz_Mibrag.pdf

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