Es gibt so ein paar Dinge, die immer wieder für ein heftiges Seufzen im Lärmgebiet rund um den Flughafen Leipzig/Halle sorgen. Etwa wenn irgendein LVZ-Redakteur wieder frank und frei behauptet, der Flughafen habe schon über 100 Millionen Euro für passiven Schallschutz ausgegeben. Das klingt immer gut, hat aber mit der Wirklichkeit nicht viel zu tun.

Und dass es keine 100 Millionen Euro sind, hat eben auch damit zu tun, dass kaum die Hälfte der versprochenen und vor allem auch gesetzlich zustehenden Lärmschutzmaßnahmen bei den Bewohnern im offiziellen Lärmschutzgebiet schon umgesetzt wurden. Das war ja 2015 das große Thema für die Betroffenen, als der Flughafenbetreiber zugeben musste, dass man beim Schallschutzprogramm derart weit hinterher hinge.

Was möglicherweise eben doch nicht nur mit der Verfügbarkeit von Firmen zu tun hat, die die Schallschutzmaßnahmen auch umsetzen können, sondern vor allem mit dem Geld. Wenn man das Geld nicht hat, um das Versprochene umzusetzen, entsteht natürlich ein riesiger Stau. Ob der Flughafen das Jahr 2015 dann genutzt hat, um den Berg abzubauen, wollte dann Thomas Pohl von der IG Nachtflugverbot schon gern wissen. So etwas steht im Geschäftsbericht des Flughafens. Doch der ist für 2015 noch nicht veröffentlich. Nur der für 2014 ist im Bundesanzeiger einsehbar.

„Andere Flughäfen sind da schneller und haben ihre Geschäftsberichte bereits für 2015 veröffentlicht. Laut Frau Scheiding vom SMWA ist der Jahresabschluss für 2015 noch nicht bestätigt“, kommentiert Pohl die Sachlage. Aber die Zahl von 2014 spricht ja Bände: „Die Aufwendungen für passiven Lärmschutz am Flughafen Leipzig/Halle betrugen per 31. Dezember 2014 insgesamt Mio. EUR 37,6, wovon Mio. EUR 1,4 auf das Geschäftsjahr 2014 entfallen. Für die Folgejahre sind nach derzeitigem Erkenntnisstand noch Aufwendungen in Höhe von ca. Mio. EUR 7,9 zu erwarten“, steht da zu lesen.

„Und nicht wie die LVZ immer behauptet, ‚weit über 100 Mio. Euro‘“, sagt Pohl.

Aber ob die Summe reicht? Da ist er skeptisch.

„Zum Vergleich: Am BER wird für den passiven Schallschutz trotz Nachtflugverbot mit Kosten von bis zu 730 Millionen Euro gerechnet! Nach mehreren Gerichtsentscheidungen zugunsten der Flughafenanwohner rechnet die FBB inzwischen mit Ausgaben von 730 Millionen Euro“, betont Pohl und zitiert den zeitweiligen BER-Chef Hartmut Mehdorn: „Der BER wird einen Schallschutz haben, wie es ihn nirgendwo in der Welt gibt.“

Davon können die Anwohner des Flughafens Leipzig/Halle nur träumen.

Aus dem Abschlussbericht 2014 des Flughafens Leipzig/Halle zitiert Thomas Pohl: „Die FLH schloss dazu im zurückliegenden Geschäftsjahr Rahmenverträge über die Lieferung und Montage von Schallschutzfenstern (Wand- und Dachflächenfenster) mit Fensterbaufirmen ab.“

Und dann eine Passage, die so wenig zu dem passt, was die Betroffenen im Dialog mit dem Flughafen erleben: „Der Einsatz von zehn stationären sowie drei mobilen Fluglärmmessstationen trägt auch weiterhin dazu bei, die Diskussionen um die Lärmproblematik zu versachlichen. Die Messergebnisse werden auf der Internetseite des Flughafens Leipzig/Halle veröffentlicht. Der Dialog mit der Bevölkerung, den Ortsvertretern sowie Bürgerinitiativen wird weiterhin aktiv fortgeführt.“

Es sieht eher danach aus, dass selbst das von der Stadt Leipzig gegründete Dialogforum mittlerweile zu einer Werbeveranstaltung für die Flughafennutzer geworden ist. Man unterhält sich jetzt lieber über Arbeitsplätze als über Lärmschutz. So wird eine eigentlich gute Idee zur Seifenblase. Das einzige, was die Stadt zur letzten Sitzung des Forums am 2. Juni in Sachen Lärm zu vermelden wusste, klang ganz so, wie man es auch sonst immer hört: „Die besonders Lärm verursachende Antonov AN-26 fliegt seit Anfang des Jahres nicht mehr planmäßig für DHL den Flughafen Leipzig/Halle an. Dennoch ist und bleibt das Thema Fluglärm besonders für die Bürgerinitiativen und Ortschaftsräte der betroffenen Gemeinden von besonderer Relevanz.“

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