Ein Flughafen hebt nicht ab. So kann man das andauernde Drama um den Flughafen Leipzig/Halle beschreiben. Man kann auch von Politikern schreiben, die lieber Traumluftballons sehen wollten als reale Zahlen. Obwohl man für Flughäfen recht genau ausrechnen kann, ob sie sich am Ende als wirtschaftliches Projekt selbst tragen können oder dauerhafte Zuschuss-Projekte bleiben, die sich nur mit dem Geld der Steuerzahler rechnen. So wie der Flughafen Leipzig/Halle.
Der war eigentlich mit einer halben Milliarde Euro einmal ausgebaut worden, um über 4 Millionen Fluggäste im Jahr abfertigen zu können. Das war noch zu Zeiten, als es den neuen Großflughafen BER noch nicht gab, der selbst fünf Jahre nach Eröffnung noch immer rote Zahlen schreibt.
Das Problem in Deutschland ist, dass der Betrieb von Flughäfen in Landeshoheit liegt und die Länder gern so planen, als gäbe es die Konkurrenz im Nachbarland nicht. In Sachsen hat sich die Staatsregierung sogar die Konkurrenz im eigenen Land geschaffen: Dresden zieht Fluggäste aus Leipzig ab oder Leipzig aus Dresden.
Es ist egal, wie man die Sache dreht: Mit beiden Flughäfen ist die Kapazität selbst für ganz Mitteldeutschland zu groß. Und beide sind – anders etwa als Frankfurt und München – für Fluggesellschaften nicht so besonders interessant. Sodass die Fluggastzahlen in Leipzig/Halle nicht mal die Hälfte der anvisierten Zahl erreichen. Bei weitem nicht genug, um das Geschäftsergebnis des Flughafens in den schwarzen Bereich zu drehen.
Wenn die Gebühren viel zu niedrig sind
Aber ist da nicht das opulente Geschäft mit den Frachtfliegern, die eigentlich das Flugbusiness in LEJ bestimmen?
Schön wäre es, kommentiert nun die Bürgerinitiative „Gegen die neue Flugroute“ die neuen Verlustzahlen des Leipziger Flughafens beziehungsweise der Mitteldeutschen Flughafen AG.
„Im November dieses Jahres meldete die Mitteldeutsche Flughafen AG (MFAG) einen neuen traurigen Rekord: 53 Mio. € Verlust für 2024, der höchste Jahresverlust ihrer Geschichte. Schon im Oktober hatte sich das Bild verdüstert, als der Passagierflugverkehr ein neues Rekordtief markierte. Seit einem Jahr weiß man um den Verlust – und hält es erst jetzt für nötig, die Öffentlichkeit darüber zu informieren. Unbeeindruckt lässt das Management weiter verkünden, dass sich schon bald alles wenden werde.“
Dabei ist Leipzig – nach Frankfurt – der zweitgrößte Frachtflughafen in Deutschland, müsste also auch mit den Frachtflügen ein ausgeglichenes Betriebsergebnis schaffen, tut es aber nicht. Das Hauptübel sieht die Bürgerinitiative in den 2004 und 2008 mit DHL abgeschlossenen Verträgen, die dem Logistikkonzern besonders günstige Konditionen einräumten, wenn er seine Fliegerei von Brüssel nach Leipzig verlegen würde.
Dazu kommen noch besonders niedrige Start- und Landegebühren, von denen auch die anderen Frachtkonzerne profitieren, die den Leipziger Flughafen nutzen. Die Gebühren sind so niedrig, dass der Flughafen damit keine positiven Betriebsergebnisse erzielen kann.
Niedrige Gebühren auf Kosten des Steuerzahlers
„Der Flughafen Leipzig-Halle ist kein Passagierflughafen, sondern ein Fracht- und Militärhub“, kommentiert die Bürgerinitiative die immer neuen vollmundigen Verlautbarungen der MFAG zum erfolgreichen Geschäft mit diesem Flughafen. „87 % der Verkehrseinheiten stammen aus Fracht, nur 13 % aus Passagieren. Trotzdem soll der Eindruck entstehen, als sei der schwache Passagierverkehr die Wurzel des Übels.
Doch die Wahrheit ist eine andere – und sie steht nicht im Märchenbuch, sondern in den Verträgen von 2004“, schreibt die Bürgerinitiative im neuesten „Fluglärmreport“, den sie herausgibt. „Die für den DHL-Start in 2008 abgeschlossenen DHL-Verträge sind der Kern der wirtschaftlichen Misere. Seit dem Start des DHL-Drehkreuzes hat der Flughafen rund 500 Mio. € Verlust im EBIT angehäuft. Die Ursachen:
• extrem niedrige Start- und Landeentgelte
• geringe oder inexistente Lärmentgelte
• bis heute keine Emissionsentgelte – als einziger großer Flughafen Deutschlands
• langfristige Bindungen, die dem Flughafen die Hände fesseln
Im Handlungsrahmen eines Märchens wäre DHL die Königin, die goldene Kugeln besitzt – und der Flughafen das brave Dienstmädchen, das sie hinterhertragen muss.“
Und aus dieser Falle kommt der Flughafen wohl auch nicht mehr heraus, selbst dann nicht, wenn die Prognosen der MFAG eintreten sollten, dass das Frachtaufkommen in den nächsten Jahren doch noch steigen sollte. Und die Bürgerinitiative bezweifelt natürlich, dass sich die damit begründete Flughafenerweiterung überhaupt noch rechnen könnte.
„Die wirtschaftliche Realität widerspricht damit fundamental der öffentlichen Darstellung. Der Flughafen lebt in hohem Maße von Passagiereinnahmen, die jedoch seit Jahren rückläufig sind bzw. stagnieren. Die Flughafenerweiterung wurde einst für 4,5 Mio. Passagiere gebaut, unter der Bedingung, dass das Terminal entsprechend erweitert wird, sogar für 7 Mio. Erreicht wurden zuletzt nur 2,1 Mio. Neue Investitionen werden deutlich teurer sein als früher, weil Zinsen und Baukosten massiv gestiegen sind.“
Mit den viel zu niedrigen Start- und Landeentgelten und den fehlenden Emissions- und Lärmentgelten kommt der Flugbetrieb selbst dann nicht aus den roten Zahlen, wenn die Frachtraten trotzdem weiter steigen sollten. Und Sachsens Regierung steckt in einer selbstgebauten Klemme: Sie kann die MFAG nur auf Erhöhung der Gebühren drängen, wenn sie damit riskiert, dass die Frachtfluggesellschaften dann einfach weiterziehen auf einen Flughafen, der noch billiger ist.
Die Fehler des Beginns rächen sich jetzt. Und zahlen muss dafür der Steuerzahler, der die immer neuen Gesellschafterdarlehen für die MFAG berappen muss.
Empfohlen auf LZ
So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:
















Keine Kommentare bisher