Im September hat das Oberverwaltungsgericht Bautzen zum zweiten Mal die Klage der Grünen Liga gegen die Überflugroute über das Naturschutzgebiet Leipziger Auenwald abgewiesen. Die Begründung hat es erst im November nachgereicht. Und die macht die ganze Machtlosigkeit von Bürgern und Naturschutzverbänden in Sachsen sichtbar. Nicht einmal auf Planfeststellungsbeschlüsse können sie sich vor Gericht berufen.

Denn im Planfeststellungsbeschluss zur neu gebauten Startbahn Süd des Flughafens Leipzig/Halle gibt es ja eine Regelung zur sogenannten kurzen Südabkurvung. Die war stets nur als Notfall vorgesehen und beschränkt auf Flugzeuge bis maximal 30 Tonnen Gewicht und 44 Überflüge im Jahr. Für Kleinflugzeuge also.

Wer die Unterlagen zum Planfeststellungsbeschluss einsah, musste davon ausgehen können, dass diese Regelung auch Gesetz wird und sich am Flughafen Leipzig/Halle alle dran halten müssen. Doch die dem Luftfahrtbundesamt unterstellte Deutsche Flugsicherung hebelte die Vorgabe einfach aus. Südabkurvungen mit schweren Frachtfliegern wurden zur Regel. Und damit geriet nicht nur das Naturschutzgebiet „Leipziger Auenwald“ unter Dauerbeschallung, sondern auch die Leipziger Stadtteile im Westen.

2012 lehnte das Oberverwaltungsgericht in Bautzen die erste Klage der Grünen Liga zu dieser eigenwilligen Auslegung und dem Ignorieren der Beteiligung von Naturschutzverbänden ab. Die Grüne Liga zog vors Bundesverwaltungsgericht – und bekam Recht: Sie darf klagen. Das OVG hätte den Fall behandeln müssen. Der Fall wurde vor das OVG zurückverwiesen.

Und das machte jetzt kurzen Prozess: Es lehnte die Klage wieder ab und ließ auch noch gleichzeitig eine Revision des Urteils nicht zu.

Im September konnten die klagenden Verbände noch hoffen, dass wenigstens eine nachvollziehbare Begründung geliefert würde, die eindeutig klären würde, ob die klagenden Naturschützer nun einen Fehler gemacht und nur den falschen Weg gewählt hatten.

Aber die Begründung liest sich, als wollten die Richter den Betroffenen einfach mal zeigen, dass die vorgebrachten Beschwerden einfach egal sind. Sie können berechtigt sein – und trotzdem wird die Klage abgewiesen.

Für Matthias Zimmermann, Pressesprecher der Bürgerinitiative „Gegen die neue Flugroute“, die die Klage unterstützt hat, ein deprimierender Vorgang. Denn selbst das OVG hat bestätigt, dass die Klage eigentlich berechtigt war, dass die sogenannte „Kurze Südabkurvung“ im Planfeststellungsbeschluss als „prognostische Flugroutenplanung nach Art und Ausmaß“ (BVerwG) mit Kleinflugzeugen bis 30 Tonnen und ca. 44 Überflügen in 6 Monaten planfestgestellt ist und dass auch keine Umweltverträglichkeitsprüfung für das „Leipziger Auensystem“ stattgefunden hat.

„Trotzdem weist es die Klage ab“, zeigt sich Zimmermann entsetzt.

Vor allem von der gerichtlichen Begründung:  „…da das Flugverfahren in seiner aktuellen Ausprägung jedenfalls mit dem im Planfeststellungsverfahren betrachteten Flugverfahren in seinen Auswirkungen vergleichbar ist, wie es die Beklagte ausführt.“ (OVG- Urteil Abs. 54).

Beklagte war das Luftfahrt-Bundesamt, das augenscheinlich jede Menge Geld hat, das es in solchen Prozessen für Rechtsanwälte ausgeben kann

Laut jetziger Verordnung des Luftfahrt-Bundesamtes (LBA) kann die „Kurze Südabkurvung“ mit Großflugzeugen bis 136 Tonnen – wie zum Beispiel der Boeing 752 der DHL –  und mit bis zu 30 Überflügen pro Stunde genutzt werden.

„Nun könnte man den Richtern in Bautzen vielleicht zugutehalten, dass sie zwischen einer Cessna und einem DHL-Frachtflugzeug Boeing 752 nicht unterscheiden können (genug Zeit der Wissensaneignung hatten sie allerdings)“, meint Zimmermann. „Dass aber das LBA behauptet, eine Cessna wäre mit einer Boeing vergleichbar und es sei egal, ob pro Stunde 30 Überflüge statt aller 4 Tage ein Überflug erfolgen, macht ob der an den Tag gelegten Chuzpe einigermaßen sprachlos. Freilich, bei einer Entscheidung zugunsten der Klägerin hätten künftig deutschlandweit gegebenenfalls die Verbände und möglicherweise auch die betroffenen Anwohner im Verfahren zur Festlegung von Flugrouten beteiligt werden müssen, sofern durch Flugrouten negative Auswirkungen auf FFH-Gebiete und Europäische Vogelschutzgebiete möglich erscheinen. Dies darf aber offensichtlich nicht sein. Also scheut man nicht mal vor derart hanebüchenen Begründungen zurück.“

Den Klägern jedenfalls ist jetzt – trotz aller Spendenbereitschaft – das Geld ausgegangen. Ihnen bliebe noch der Beschwerdeweg zu diesem Urteil, aber den können sie sich – anders als die finanziell gut bestückten staatlichen Behörden – nicht leisten. Deswegen würden sie an dieser Stelle aufgeben, schreibt Zimmermann.

Er weist aber auch darauf hin, dass man nun, da man – trotz bestätigter Argumente – trotzdem verloren hat, noch eine Restsumme braucht, um alle Rechtskosten zu begleichen – in diesem Fall auch noch die der Gegenseite: Zur Begleichung der noch ausstehenden Gerichtskostenrechnung des Luftfahrt-Bundesamtes (ca. 3.000 Euro) an die Grüne Liga/Ökolöwe fehlen noch rund 2.500 Euro.

Der Hase bittet also noch einmal um Spenden. Aber jetzt kann er nicht mehr.

Die komplette Mitteilung von Matthias Zimmermann.

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