Nicht nur Leipzig steckt – was das Bauen von Wohnungen betrifft – noch in den alten Denkweisen des 20. Jahrhunderts. Dasselbe ist auch in der Nachbarstadt Markkleeberg der Fall, wo nun seit Monaten über den Flächennutzungsplan diskutiert wird, der weitere große Eigenheimsiedlungen auf wertvollen Grünflächen vorsieht. Bürgerinitiativen und namhafte Umweltverbände wie Greenpeace Leipzig und Fridays for Future machen gegen die Markkleeberger Bauwut mobil.

Die Hauptkritik richtet sich gegen den Vorentwurf des neuen Flächennutzungsplans, der konkret eine Abkehr von den reizvollen, noch vorhanden dörflichen Strukturen in Markkleeberg hin zu einer weiteren Verstädterung propagiert (im Flächennutzungsplan auf Seite 74).

Der Vorentwurf des Flächennutzungsplans als PDF.

Schlechte Karten für die Landwirtschaft

Hier geht es vor allem um das Gebiet Krobitzschstraße/Bornaische Straße/Mühlstraße/Kirchstraße nördlich des Markkleeberger Sees. Im Flächennnutzungsplan liest man dazu: „Bei der Fläche handelt es sich um einen historischen Dorfkern, der aktuell durch eine Nutzungsmischung aus Landwirtschaft, Gewerbe, Gastronomie und Wohnen geprägt ist. Im wirksamen Flächennutzungsplan von 2003 ist das Gebiet als Mischgebiet (MI) ausgewiesen. (…)

Die landwirtschaftliche Nutzung wird aller Voraussicht nach in den nächsten Jahren weiter abnehmen. Die Wohnnutzung und touristische Nutzungen werden dagegen wachsen. Potenzialflächen für zusätzliche landwirtschaftliche Nutzungen sind im Gebiet nicht vorhanden. Somit würde eine Ausweisung als Dorfgebiet der bisherigen und der zu erwartenden Entwicklung nicht gerecht werden. Deshalb erfolgt nunmehr eine allgemeinere Ausweisung als gemischte Baufläche (M). Mit dieser Ausweisung verschiebt sich der Schwerpunkt von der landwirtschaftlichen Nutzung zu einer allgemeinen Mischnutzung, die einen größeren Entwicklungsspielraum eröffnet.“

Dass in Zeiten des längst spürbaren Klimawandels und der Biodiversitätskrise solche wertvollen Agrarflächen eigentlich erhalten werden müssten, ist in Markkleeberg sichtlich noch kein Thema. Man setzt weiter auf neue Wohnbebauung, vor allem für Eigenheime.

Im letzten Jahr seien mehrere Bauprojekte vorangetrieben worden, die einen enormen Verlust an landwirtschaftlichen Flächen, klimatisch wichtigen Kaltluftschneisen und sogar baumbestandenen Grünflächen zur Folge haben werden, kritisieren die Unterzeichner des Offenen Briefes.

Der offene Brief richtet sich an die Markkleeberger Stadträte, die Kreistagsabgeordneten, aber auch die Bundesumweltministerin Steffi Lemke, den sächsischen Umweltminister Wolfram Günther und die Arbeitsgruppe Umwelt der SPD-Fraktion im Bundestag.

Klimaschutz predigen und betonieren: Was im Offenen Brief steht

Im Begleitschreiben an die beiden Minister heißt es u.a.: „Prekär ist, dass unsere Bürgerinitiative zusammen mit dem Verein Ökolöwe e.V. vor Jahren einen Antrag auf Unterschutzstellung als Landschaftsschutzgebiet für eines der sensiblen Gebiete, der sogenannten Weinteichsenke, beim Landratsamt Leipzig-Land eingereicht hatte, der nach einer Absprache außerhalb des Dienstweges mit der Stadt Markkleeberg dann über Jahre einfach unbearbeitet liegengelassen wurde und schlussendlich unter bewusstem Ausschluss der Öffentlichkeit in einer Stadtratssitzung abgelehnt wurde.

Daraufhin reichten wir Beschwerde bei der Kommunalaufsicht ein, die der Stadt Markkleeberg eine Rüge erteilte. Doch das alles hindert die Akteure nicht, die Bauwut aufzugeben, wie der Vorentwurf des neuen Flächennutzungsplanes zeigt, auf den der offene Brief Bezug nimmt.

Alle Akteure sind und waren zuletzt Vertreter von Regierungsparteien – konkret SPD und CDU –, die in Berlin Klimaschutz predigen, aber vor Ort fleißig betonieren. Ein wichtiger Punkt ist ferner der Verfahrensablauf bei Anträgen zur Unterschutzstellung. Nach gegenwärtiger Rechtslage steht es einem Landratsamt frei, einen Antrag zu bearbeiten und zu beantworten.

Wäre es nicht ein Schritt in Richtung Basisdemokratie, wenn die Landratsämter künftig verpflichtet werden, Anträge, die bestimmenden formalen Kriterien entsprechen, in einer Frist zu bearbeiten, wobei zudem die Möglichkeit des Widerspruchs des Antragstellers geschaffen wird?“

Traum vom Eigenheim: Leipzig ist schon am Limit

Markkleeberg gehört zu jenen Kommunen im Leipziger Umfeld, in die vor allem junge Familien mit dem Plan, ein Eigenheim zu erwerben oder zu bauen, ausweichen, weil die potenziellen Eigenheimstandorte in Leipzig in ihrer Kapazität erschöpft und die Baulandpreise in Leipzig drastisch gestiegen sind. Was diese Art des Wohnens noch längst nicht klimagerecht macht und weiter dafür sorgt, dass es mit den ökologischen Flächenverlusten in der Region unvermindert weiter geht.

Mit zusätzlichen negativen Folgen in der Mobilität, denn in der Regel haben die Umzügler ihren Haupterwerb in der Stadt Leipzig, müssen also täglich zur Arbeit pendeln – die wenigsten davon mit umweltverträglichen Verkehrsmitteln.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Es gibt 3 Kommentare

Immer schön die Bälle flach halten….
Ist halt blöd wenn die gut betuchten Steuerzahler ins Umland abwandern und sich dort ihren Traum vom Wohnen erfüllen. Aber egal, unser OB ist doch ein glühendes Vorbild. Oder lebt er nicht mehr am Hainer See? Also nichts für ungut.

Genau dasselbe gilt für Großpösna. Das Projekt Campingplatz des SEB Leipzig + überregionales Strandbad + Wassersportzentrum der Uni Leipzig auf insgesamt ca 40 ha wird Natur verdrängen, die sich dort in den Jahren seit dem Tagebau-Ende entwickelt hat. Schilfgürtel und Busch-Wald-Magerwiesen können “ausgeglichen” werden und der B-Plan weist sogar Aufwertung aus. Ein fataler Irrtum in unserem Baurecht, dem Räte und Bürgermeister auf den Leim gehen. Natur ist nur Natur, wenn der Mensch sie in Ruhe läßt !

Schreiben Sie einen Kommentar