Zur Zeugenvernehmung des ehemaligen Mitarbeiters des Landesamtes für Verfassungsschutz Michael Heide am Mittwoch, 26. Juni, im Untersuchungsausschuss zur sächsischen Aktenaffäre findet der Obmann der Fraktion Die Linke im Sächsischen Landtag im 2. Untersuchungsausschuss ("Sachsensumpf") Enrico Stange jetzt erhebliche Verdachtsmomente dafür, dass so einiges lieber nicht weiter beobachtet werden sollte im Freistaat.

“Der 2. Untersuchungsausschuss hat in einer knapp achtstündigen Zeugenvernehmung den seit vier Jahren mit einer höchst fragwürdigen Verfolgungskampagne aus Straf- und Disziplinarverfahren überzogenen ehemaligen Verfassungsschutzmitarbeiter Michael Heide eingehend vernommen”, stellt Stange fest. “Der Zeuge wies mit Nachdruck die von der Staatsregierung behauptete Substanzlosigkeit der Beobachtungsergebnisse des damaligen Referats ‘Organisierte Kriminalität’ des Landesamtes für Verfassungsschutz zurück. Er stellte dem entgegen, dass die Hals über Kopf erfolgte Auflösung des OK-Referats geradezu eine weitere Aufklärung der Existenz korruptiver Netzwerke in Sachsen auch unter Beteiligung herausgehobener Persönlichkeiten aus Sicherheitsbehörden, Justiz, Politik und Wirtschaft verhinderte.”

Es war der Sächsische Landtag, der seinerzeit dem Verfassungsschutz die weitere Beobachtung der “Organisierten Kriminalität” untersagt. Im Ergebnis wies dann der sächsische Datenschutzbeauftragte an, die entsprechenden Akten zu vernichten. Doch mit bekanntwerden dieser Aktenberge mit ihren fünf Fallkomplexen, von denen einer sich auch mit der OK in Leipzig beschäftigt, sorgte erst einmal dafür, dass das Thema überhaupt öffentlich wurde und teilweise schon vergessen geglaubte Vorfälle wieder diskutiert wurden.

Der Verdacht, hier sollte ein Beobachtungsgegenstand schnell mal weggeschreddert werden, konnte seitdem nicht wieder entkräftet werden. Im Gegenteil: Manches deutet darauf hin, dass die beobachteten Fälle durchaus von einer kriminellen Energie erzählen. Nur an endgültiger Aufklärung hapert es.

“Stattdessen hat offensichtlich mit der von der Staatsregierung bestellten Abmoderation des ‘Sachsensumpfes’ seit Juli 2007 in einem rechtsstaatlich höchst fragwürdigen Zusammenwirken von Verfassungsschutzführung und Justiz eine beispiellose Verfolgungs- und Einschüchterungswelle gegen Mitarbeiter und Quellen des abgewickelten Referats eingesetzt”, stellt nun Stange fest. “Allein das vom Zeugen geschilderte Vorgehen gegen ihn und sein näheres persönliches Umfeld führt den Ausschuss nach unserer Überzeugung zur dringenden Notwendigkeit, bald durch die Zeugeneinvernahme zuständiger Staatsanwälte und Richter die im Raum stehende dubiose Rolle der Justiz in diesem Krisenszenario zu beleuchten. Der Ausschuss hat deshalb den im Jahr 2011 in den einstweiligen Ruhestand versetzten, heute 43-jährigen Zeugen nach der Vernehmung nicht entlassen, sondern wird diese dann zu gegebener Zeit fortsetzen werden.”

Und die Spitze des Verfassungsschutzes sieht er auch in Mitverantwortung. Stange: “Im übrigen stellt sich im Lichte spätestens der Zeugenvernehmung die in anderem Zusammenhang erfolgte Entlassung der bisherigen Spitze des Landesamtes, des Präsidenten Reinhard Boss und seines Vize Dr. Olaf Vahrenhold, als längst überfällig dar.”

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Redaktion über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar