Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im sächsischen Landtag bringt am Donnerstag, 17. Oktober, einen Gesetzesentwurf zur Aufhebung der Stellplatzpflicht in den Landtag ein. "Wir wollen die generelle Pflicht der Bauherren zur Schaffung von Stellplätzen für Autos abschaffen. Dieser noch aus der 'Reichsgaragenordnung' von 1939 stammende Zwang wird der Situation in den sächsischen Städten und Gemeinden nicht mehr gerecht", begründet Eva Jähnigen, verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion, den Gesetzentwurf zur Änderung der sächsischen Bauordnung.

Die Grünen-Fraktion verfolgt mit dem Gesetzentwurf zwei Ziele: “Bauherren soll autofreies Wohnen ohne Nachweis von Stellplätzen ermöglicht werden. Dadurch sollen Kosten besonders beim Wohnungsbau deutlich gesenkt werden. Der aktuelle Zwang zum Tiefgaragenbau bzw. zur Zahlung der Ablösegebühr treibt die Baukosten und Mieten in die Höhe.”

Jähnigen weiter: “Besonders in innerstädtischen Quartieren treibt die derzeitige Regelung die Baukosten in die Höhe. Ein Tiefgaragenstellplatz kostet je nach Bodenbeschaffenheit und Zufahrtsmöglichkeiten ca. 15.000 bis 30.000 Euro. Die Ablösegebühr für einen nichtgeschaffenen Stellplatz kostet zu 10.000 Euro – auch wenn die Erschließung durch öffentlichen Verkehr oder Carsharing gesichert ist.”

Laut Sächsischer Bauordnung müssen Stellplätze auf dem eigenen Grundstück oder auf einem privaten Grundstück in der näheren Umgebung geschaffen werden. Was im ländlichen Raum aufgrund der günstigeren Platzverhältnisse in der Regel problemlos realisierbar ist, kann in Städten zu einem Problem werden. Zum Teil können die Stellplätze gar nicht oder nur mit hohem Aufwand auf dem Grundstück geschaffen werden, weil der Platz nicht ausreicht. Oft ist die Herstellung wirtschaftlich nicht zumutbar oder das Grundstück könnte durch die Parkplätze nicht mehr sinnvoll genutzt werden. Für diese Fälle wurde die Möglichkeit der so genannten Stellplatzablöse geschaffen. Danach wird für jeden Stellplatz, der nicht eingerichtet werden kann, ein Geldbetrag (Ablösebetrag) an die Gemeinde gezahlt. Die Höhe der Ablösebeträge richtet sich nach Art der Nutzung und Lage des Gebäudes und darf maximal 10.000 Euro betragen.

“Die Ablösegebühr kann sich mit bis zu 100 Euro pro Monat auf die Mietkosten auswirken”, so Jähnigen. “Dabei suchen viele Menschen gerade in den Ballungsräumen bezahlbaren Wohnraum unabhängig von vorhandenen Parkplätzen. Es ist ökonomisch und ökologisch unsinnig, Menschen zum Nachweis einzelner Autostellplätze zwingen zu wollen, wenn sie Fahrrad, öffentlichen Verkehr oder Carsharing nutzen wollen.”Der Gesetzentwurf räumt Städten und Gemeinden die Möglichkeit ein, differenzierte Vorschriften zu Stellplatzpflichten für Autos und Fahrräder in ihrem Gebiet oder Gebietsteilen selbst als Satzung zu erlassen.

“Wo Bedarf an Stellplätzen für Autos und Räder oder Ablösemaßnahmen besteht, sollen dies Stadträte und Gemeinderäte nach der jeweiligen Situation regeln. Das stärkt die gemeindliche Selbstverwaltung und macht die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger in Stadt- und Verkehrsplanung attraktiv”, erläutert Jähnigen.

“Wenn sich der Verkehrsanteil in Sachsen zugunsten des ÖPNV und des Radverkehrs, also ein Stück weg vom Auto, verschoben hat, kann sich das auch in weniger Flächen für PKW-Stellplätze niederschlagen. Dies verbessert die Aufenthaltsqualität in unseren Städten auf Straßen, Plätzen und Höfen, weil weniger Flächen versiegelt werden.”

Der Gesetzentwurf der Grünen zur Aufhebung der Stellplatzpflicht (Drs 5/12881): www.mobiles-sachsen.de/e3b724a2.l

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