Am Montag gab es das kleine Duell der beiden sächsischen Spitzenkandidaten zur Sachsenwahl zwischen Stanislaw Tillich (CDU) und Rico Gebhardt (Linke). Dabei ging es auch um das Thema Sicherheit und die Personalausstattung der Polizei. Doch die Forderung nach mehr Polizeibeamten vor Ort hat Stanislaw Tillich bei der Wahldebatte der drei großen sächsischen Regionalzeitungen lapidar mit den Worten abgekanzelt: "Den Polizeistaat hatten wir mal. Ich wünsche ihn mir auch nicht zurück."

Doch eine neuerliche Anfrage der Grünen-Abgeordneten Eva Jähnigen zu Interventionszeiten in sächsischen Polizeirevieren ergab nun, dass die Polizei in Sachsen immer länger braucht, um bei einem Einsatz vor Ort zu sein. Seit 2011 – so rechnete Jähnigen vor – hatte sich die durchschnittliche Interventionszeit von 17 auf nunmehr 20,6 Minuten verlängert.

Rico Gebhardt fordert deshalb eine Entschuldigung von Stanislaw Tillich: “Wie blanker Hohn wirkt es doch, wenn der Ministerpräsident bei Forderung nach mehr Polizei vor Ort vom Polizeistaat redet, wenn tatsächlich die Präsenz vor Ort abnimmt. Für diesen absurden Vergleich muss sich Tillich bei den Menschen im Land wie auch bei den Polizeibeamten entschuldigen.”

So gehe es bei den Interventionszeiten nicht nur um blanke Statistik, sondern um Menschenleben. “Gerade dann, wenn Menschen sich bedroht oder gefährdet fühlen, ist es wichtig, dass die Polizei schnell am Einsatzort sein kann. Das jedoch erreicht man nicht, indem man de facto Personal bei der Polizei abbaut. Die Staatsregierung agiert hier schlicht und ergreifend unverantwortlich.”

Dass es sich dabei nicht mehr nur um ein Problem der kleinen Orte im Freistaat, sondern um ein sachsenweites Problem handle, zeige auch der geschilderte Extremfall aus Leipzig: “Wenn jemand in einer sächsischen Großstadt 93 Minuten auf polizeiliche Hilfe warten muss, dann muss das ein Alarmsignal sein.” Die Ursachen seien so nicht bei den einzelnen Polizeibeamten zu verorten, sondern tatsächlich in strukturellen Fehlentscheidungen.

“Wir bleiben deshalb dabei: Wir wollen die Polizeireform 2020 aussetzen und den Einstellungskorridor bei der Polizei auf 500 Beamte erhöhen, um die Altersabgänge überhaupt ausgleichen zu können. Auch werden wir in jeder Gemeinde über 5.000 Einwohner eine rund um die Uhr besetzte Polizeidienststelle einrichten und die Revierverteilung und -ausstattung so organisieren, dass im Gefahrenfall Interventionszeiten von maximal 12 Minuten sichergestellt sind”, fordert Gebhardt .

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