Wenn Polizeipräsidenten ein Spielzeug zur Verfügung haben, mit dem sie so richtig Show veranstalten können, dann setzen sie es augenscheinlich auch mit Begeisterung ein. Zumindest in Leipzig, wo in den vergangenen Jahren die Hubschraubereinsätze bei Versammlungen und Fußballspielen immer öfter eingesetzt wurden. Ohne sichtbares Ergebnis. Als wären sie eigentlich nur in der Luft, um Lärm zu veranstalten und die Menschen unten auf der Straße einzuschüchtern.

Auch am 3. Juni war der Hubschrauber stundenlang in der Luft, hat aber nicht das Geringste geholfen dabei, die tatsächlichen Steineschmeißer dingfest zu machen oder auch nur eine belastbare Zahl der eingekesselten Demonstranten zu ermitteln.

Hubschrauber der Polizei Sachsen werden inzwischen im Gebiet der Polizeidirektion Leipzig verstärkt wegen Versammlungen eingesetzt, zieht auch die Leipziger Landtagsabgeordnete Juliane Nagel ihre Bilanz. Ein Drittel der Gesamteinsätze geht darauf zurück. Das zeigen aktuelle Antworten des Innenministeriums auf ihre Kleinen Anfragen (Drucksache 7/13814). Teilweise werden Hubschrauber schon bei Demonstrationsgrößen von weniger als 100 Personen eingesetzt (Drucksache 7/13815).

Konkret flogen Polizeihubschrauber über Leipzig im 1. Halbjahr 2023 insgesamt 38 Einsätze, zumeist wegen Versammlungen (14), Fahndungen (12) und Veranstaltungen (10) – somit beruhten 36,8 Prozent aller Hubschraubereinsätze auf Versammlungslagen.

„Auch der Einsatz von Drohnen durch die Polizei Sachsen hat in den vergangenen Jahren rasant an Bedeutung und Umfang gewonnen. Insbesondere 2022 rüstete die sächsische Polizei massiv auf: 21 einsatzfähige Drohnen gegenüber acht polizeieigenen Drohnen in 2021 stellen einen starken Zuwachs dar, die Zahl der Einsatzstunden auf dem Gebiet der PD Leipzig stieg von einer Stunde 2021 auf über 23 Stunden im vergangenen Jahr (Drucksache 7/11968)“, rechnet Juliane Nagel vor. „Seit 2022 hat die Polizei Sachsen zudem erstmals nach zehn Jahren wieder Drohnen bei Fußballspielen eingesetzt, so etwa trotz breiter zivilgesellschaftlicher Kritik bei Heimspielen der BSG Chemie Leipzig.“

Geht es eher ums „Gesichtersammeln“?

Leipzigs Polizei weitet also ihre Überwachung aus der Luft immer weiter aus. Und das meist ohne Anlass. Man hat die Geräte ja einfach und setzt sie dann eben auch ein, egal, wie viel das den Steuerzahler am Ende kostet. Immer wieder fragt Juliane Nagel nach, welche Gefahrenprognose eigentlich zugrunde liegen muss, damit ein Hubschrauber aufsteigt.

Aber wieder verweist Sachsens Innenminister Armin Schuster auf eine windelweiche Antwort, die sein Ministerium schon 2021 gegeben hat: „Gefahrenprognosen beziehen sich nicht auf Art und Anzahl polizeilicher Einsatzmittel oder Einsatzkräfte im Einzelnen. Sie sind Bestandteil der Beurteilung der Lage. Dabei erfolgt eine Auswahl, Verknüpfung, Analyse und Bewertung von einsatzrelevanten Faktoren.

Dem jeweiligen Einsatz eines Hubschraubers bei dem in der Antwort auf die Frage 1 genannten Versammlungsgeschehen lagen unter anderem Betrachtungen hinsichtlich der Notwendigkeit einer Bildübertragung zur Lenkung von Personen- und Verkehrsströmen, dem schnellen Erkennen von möglichen Gefahrenlagen‚ welche ein sofortiges Eingreifen durch Einsatzkräfte erfordern, zugrunde.“

Es muss also gar keine Gefahrenlage vorliegen, um den Hubschrauber aufsteigen zu lassen. Er kreist dann eben rein präventiv über der Versammlung.

Ein gravierendes Datenschutzproblem

„Alles deutet darauf hin, dass der Einsatz von Polizeidrohnen zur präventiven Überwachung großer Menschengruppen in Fußballstadien sowie bei Veranstaltungen und Versammlungen weiter zunimmt. Die Nutzung von Polizeidrohnen zu diesen Zwecken stellt jedoch nicht nur einen enormen Eingriff in die Freiheitsrechte der Abgefilmten, sondern auch ein großes Datenschutzproblem dar und darf nicht zur Normalität werden!“, stellt Juliane Nagel fest.

„Ebenso nachdrücklich ist die kontinuierliche polizeiliche Überwachung selbst kleinster Versammlungen in Leipzig durch Hubschrauber der Polizei zurückzuweisen. Unabhängig von jedweder Gefahrenprognose scheint die Leipziger Polizei die Hubschrauberüberwachung inzwischen als alltägliches Einsatzmittel bei Versammlungen einzusetzen und schüchtert damit Menschen bei der Wahrnehmung ihres Demonstrationsrechtes massiv ein.

Hinzu kommen die mit den Hubschraubereinsätzen verbundenen Lärm- und Umweltbelastungen sowie immense Kosten. Die Polizei sollte dringend ihre Strategie auf den Prüfstand stellen und die ständige Überwachung insbesondere friedlicher Versammlungen umgehend beenden!“

Dass man ihre Nachfrage einfach lästig findet und zum Einsatz der Hubschrauber eigentlich gar nichts sagen will, wird deutlich, wenn auf Juliane Nagels Frage, inwieweit die Hubschraubereinsätze auch mit der Stadt Leipzig nachbereitet werden, auch wieder nur die Antwort Roland Wöllers von 2021 in die Antwort kopiert wird: „Einsätze werden grundsätzlich nachbereitet. Gewonnene Erkenntnisse fließen in die folgenden Einsatzplanungen ein. Dies trifft auch auf den Einsatz von Hubschraubern zu, um diesen auf das erforderliche Maß zu beschränken und Beeinträchtigungen durch Fluglärm zu vermeiden.“

Eine Aussage, die eigentlich auch nur bedeutet: Was fragen Sie denn? Wir werden sowieso nichts sagen.

Transparente Polizeiarbeit sieht anders aus. Aber die ist in Sachsen sichtlich nicht gewollt.

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Keine Kommentare bisher

Aus Kostengründen nur Drohnen verwenden, ist doch ganz einfach. Das fliegende Auge…Ach und den KLIMA,bzw.Nachhaltigkeitsfanatigern ist auch noch der Wind aus den Segeln genommen wurden. Daran sollte es nicht scheitern.

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