Politik ist manchmal einfach die Sturheit einzelner Minister, die ihre politischen Ansichten wie ein Mantra vor sich hertragen und denen die Probleme der Bevölkerung und der Kommunen völlig egal sind. So wie es seit geraumer Zeit beim Thema der angespannten Wohnungsmärkte in den sächsischen Großstädten der Fall ist. Gering- und Normalverdiener finden kaum noch eine bezahlbare Wohnung, doch die nötige Verordnung, damit Mieterschutzregelungen greifen können, verweigert der zuständige Regionalminister bei jeder neuen Anfrage.

„Die Landesregierung hat die von der Stadt Leipzig beantragte Rechtsverordnung zum verlängerten Kündigungsschutz abgelehnt“, formuliert die Linksfraktion im Leipziger Stadtrat das Problem. Aber es ist eben nicht die Staatsregierung in Gänze, sondern ganz allein der zuständige Regionalminister Thomas Schmidt (CDU), der von einer angespannten Wohnungsmarktlage nichts wissen will.

Mit einer solchen Rechtsverordnung könnte mit angespanntem Wohnungsmarkt der Kündigungsschutz nach der Umwandlung einer Miet- in eine Eigentumswohnung von drei auf zehn Jahre verlängert werden. So werden Entmietungen durch Eigenbedarfs- und Verwertungskündigungen erschwert und spekulative Umwandlungsaktivitäten eingedämmt.

Denn wo Wohnraum begehrt ist wie in Leipzig, machen viele Eigentümer ihr Geschäft damit, dass sie Mietwohnungen systematisch als Eigentumswohnungen an den Markt bringen.

Schlicht nicht nachvollziehbar

Der Stadtrat hatte die Verwaltung auf Antrag der Linksfraktion im Juni 2023 dazu aufgefordert, den Erlass der Rechtsverordnung zu beantragen.

Auf Anfrage teilte die Verwaltung im Dezember 2023 mit, dass dies vom Regionalministerium abgelehnt wurde.

Dass man auch im Amt für Wohnungsbau und Stadterneuerung nicht nachvollziehen kann, was der Regionalminister sich da eigentlich gedacht hat, wird in der Antwort an die Linksfraktion sehr deutlich: „Laut SMR ist für beide Rechtsverordnungen die zwingende Voraussetzung nicht erfüllt. Eine Änderung der Situation und damit auch der Datenlage sei seit dem Schreiben im Juli 2023 nicht erkennbar. Dies wird in diesem Schreiben nicht weiter begründet.

Dies ist für die Verwaltung nicht nachvollziehbar, da der Nachweis eines angespannten Wohnungsmarktes für die Stadt Leipzig landesseitig bereits zur Mietpreisbegrenzungsverordnung (nach § 556d Absatz 2 BGB) und zur Kappungsgrenze (nach § 558 Absatz 3 Satz 2 und 3 BGB) festgestellt wurde.

Auch über das detaillierte Gutachten der Stadt Leipzig zum Umwandlungsgeschehen wurde erneut im Zuge des Ersuchens einer Umwandlungsverordnung nachgewiesen, dass die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in Leipzig besonders gefährdet ist.
Beide Instrumente – der erweiterte Kündigungsschutz und die Umwandlungsverordnung – zielen auf den Erhalt des Bestandswohnraums.

Daher ist folgende Begründung des SMR ebenfalls nicht nachvollziehbar,

‚dass weitere Hemmnisse in Form von Einschränkungen für Vermieter nicht zum Bau von Wohnungen beitragen‘. Eine Umwandlungsverordnung ist jedoch nicht wirksam für den Neubau.“

Interessengeleitete Regierungspolitik

Bereits im Frühjahr 2023 hatte die Landesregierung das Begehr der Städte Dresden und Leipzig auf Umwandlungsverordnungen abgelehnt. Die Begründung war, dass kein „angespannter Wohnungsmarkt“ vorläge.

„Die Landesregierung sabotiert mit ihrem CDU-Regionalminister den dringend nötigen Schutz für Mieterinnen und Mietern in Dresden und Leipzig. Die Ablehnung des verlängerten Kündigungsschutzes ist ein Schlag für die Menschen, die infolge des Verkaufs ihrer Mietwohnungen auf die Straße gesetzt werden.

Die Regelung hätte zu mehr Sicherheit geführt, damit Menschen in ihrem gewohnten Umfeld bleiben können. Sowohl Umwandlungserschwernis als auch verlängerter Kündigungsschutz sind Instrumente für Gemeinden mit angespanntem Wohnungsmarkt“, kommentierte die Stadträtin und Landtagsabgeordnete Juliane Nagel diesen Vorgang.

„Laut Mieterverein ist Eigenbedarf einer der häufigsten Kündigungsgründe. Das Geschäft mit Wohnungen ist insbesondere in Leipzig in vollem Gang. Dass die Landesregierung erneut behauptet, es gäbe in Leipzig keinen angespannten Wohnungsmarkt, zeigt an, wie sachfremd und interessengeleitet diese Regierung agiert. Sowohl in Leipzig als auch in Dresden ist dies Realität eine andere. Keine ‚gefühlte‘, sondern eine durch Indikatoren belegte Realität. So gelten für beide Städte die Kappungsgrenze, die Mietpreisbremse und die Gebietskulisse für die soziale Wohnraumförderung.“

Sie forderte die Staatsregierung dabei auf, „die Patronage der Immobilienlobby zu unterlassen, die Entscheidungen zur Umwandlungsverordnung und zum verlängerten Kündigungsschutz zu revidieren.“

Schutz für Mieter nicht gewollt

Aber das Thema ist damit ja nicht vom Tisch. Wer sich die teuren Wohnungen, die es am Leipziger Markt ja tatsächlich gibt, nicht leisten kann, hat zunehmend massive Probleme, noch bezahlbaren Wohnraum in der Stadt zu finden. Die Verdrängung aus beliebten Stadtteilen (Stichwort: Gentrifizierung) ist längst im Gang.

Juliane Nagel und Mathias Weber, Sprecherin und Sprecher für Wohnen der Fraktion Die Linke im Leipziger Stadtrat, haben ihr Unverständnis für das Agieren des Regionalministers deshalb noch einmal deutlich in Worte gefasst: „Die Landesregierung sabotiert mit ihrem CDU-Regionalminister den dringend benötigten Schutz für Mieterinnen und Mietern in Leipzig. Die Ablehnung des verlängerten Kündigungsschutzes ist ein Schlag für die Menschen, die infolge des Verkaufs ihrer Mietwohnungen auf die Straße gesetzt werden.

Die Regelung hätte zu mehr Sicherheit geführt, damit Menschen in ihrem gewohnten Umfeld bleiben können. Bereits im Frühjahr 2023 hatte die Landesregierung das Begehr der Städte Dresden und Leipzig auf Umwandlungsverordnungen abgelehnt, mit welchen die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen unter einen Genehmigungsvorbehalt hätte gestellt werden können. Die Begründung für beide Ablehnungen lautet, dass kein ‚angespannter Wohnungsmarkt‘ vorläge.“

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Es gibt 2 Kommentare

Auch in einer Eigentumswohnung, sei sie nun selbstgenutzt oder vermietet, wohnt am Ende jemand, der keine Wohnung mehr am Immobilienmarkt nachfragt. Eine Umwandlung ist für den Wohnungsmarkt ein Nullsummenspiel, mehr nicht. Und sonst: urbane Räume verändern sich, mal zum Besseren, mal zum Schlechteren, je nach Blickwinkel. Das kann man mit Restriktionen bremsen, aber nicht verhindern.
Zur Gentrifizierung: Die ersten Invasoren sind fast immer die Coolen, Alternativen, Innovativen, die ein „bezahlbares“ Quartier in Beschlag nehmen und die nachher am lautesten jammern, wenn es ihnen zu teuer wird. Das große Geld hängt aber ihnen an den Hacken, ob sie es wollen oder nicht, nicht den Alteingesessenen.

Wenn jemand eine Wohnung deswegen nicht verkaufen kann, weil sie vermietet ist, wird so ein Gesetz wie eine zehnjährige Kündigungsfrist aber auch negative Effekte mit sich bringen. Der Wert einer solchen Wohnung wird sinken, und als Vermieter wird man die Bewirtschaftung der Wohnung und die Invests wahrscheinlich auf ein Minimum reduzieren. Entweder um schlicht keine Verluste einzufahren, oder um den Mieter rauszuekeln. Ich bin mir nicht sicher, ob solche Effekte bei den eingebrachten Vorschlägen bedacht werden.

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