Die Existenz des Heimsieges ist bewiesen. Bereits seit Saisonbeginn spürte man in Leipzig diesem sagenumwobenen Phänomen nach. Am Sonntag nun wurde es endlich entdeckt. Lok-Kapitän Anne Heller legte kurz vor Ultimo alle Wut über den gerade kassierten Ausgleich in ihren Schuss, der wie ein Blitz im Jenaer Kasten einschlug und Leipzig den ersten Heimsieg bescherte.

Abstiegsplätze sind eine schlechte Tauschware. Der 1.FC Lok hätte einen abzugeben, Jena will ihn nicht haben. Dennoch musste Lok unbedingt gewinnen, um die Hoffnung auf den Klassenerhalt auch in den letzten Spielen hochhalten zu können.
Die erste Halbzeit gestaltete sich vor 456 Zuschauern im Bruno-Plache-Stadion eher ereignislos. Brenzlige Torraumszenen waren rar gesät. Nach 13 Minuten jedoch rutschte den Lok-Fans das Herz gehörig in die Hose, als plötzlich ein Jenaer Schuss im Tor landete. Sollte die Partie den leider schon gewohnten, aber jedesmal wieder schmerzenden Verlauf nehmen? Nein. Der Treffer zählte nicht, die Schiedsrichter hatten auf Abseits entschieden. Durchatmen bei Leipzig – und eine überraschende Antwort. Denn nach genau einer halben Stunde nutzte die Neuseeländerin Anna Green das Durcheinander nach einem Lok-Eckball, um aus gut 22 Metern einfach mal draufzuhalten. Drin! – und 1:0 für Lok Leipzig.

Kurz vor dem Pausentee setzten sich die thüringer Gäste noch zweimal gefährlich in Szene. Zunächst stand Amber Hearn auf einmal völlig frei vor Lok-Keeperin Carolin-Sophie Härling. Diese reagierte jedoch gedankenschnell und war einen Tic eher an der Kugel als die Jenaerin (42.). Und auch Carolin Schiewe versuchte ihr Glück, doch ihr Schuss von der rechten Seite strich am Leipziger Gehäuse knapp vorbei. Halbzeit. Durchatmen.
Nach der Pause kamen Erinnerungen an das Hinspiel in Jena auf. Auch dort war Lok zu einem ähnlichen Zeitpunkt in Führung gegangen und sah sich in Hälfte zwei einer puren Abwehrschlacht ausgesetzt. Den 1:0-Sieg ließ sich Leipzig damals nicht mehr nehmen, doch konnte das auch diesmal klappen? Schon recht bald nach Wiederanpfiff konnte sich Hüterin Härling nicht über Langeweile beklagen. Nach einem auf den langen Pfosten servierten Freistoß, musste sie gegen Amber Hearn einschreiten und zur Ecke klären (54.). Nur zwei Minuten später machten sich weit aufgerissene Augen in den Reihen der Blau-Gelben breit. Der Ball hatte Härling überwunden, lag hinter ihr in den Maschen. Doch erneut erklärte das Schiedsrichtergespann den Treffer für ungültig. Jetzt hatte Jena die aufgerissenen Augen (56.).
Unentwegt rannten die Thüringer an, und in der 57. Minute schien es endgültig geschehen: Dem USV bot sich eine unfassbare Dreifach-Chance, zuerst klärte Härling, dann sprang der Ball von der Lattenunterkante ins Spielfeld zurück und zuletzt zischte die Kugel ins Toraus. Der Ausgleich war offenbar nur noch eine Frage der Zeit. Die ganz in rot spielenden Gäste setzten nach. Lok musste sich im eigenen Stadion jetzt mit Kontern zufrieden geben. Es dauerte immerhin bis zur 72. Minute, bis mit Erika Szuh sich mal wieder eine Leipzigerin energisch durchsetzte und einen gefährlichen Torschuss zustande brachte. Der allerdings wurde Beute der USV-Keeperin Rinkes. Ihr Gegenüber Härling, die bereits im Hinspiel für ihr Team zur Heldin des Tages avancierte, war allerdings deutlich häufiger in Bewegung. Immer wieder musste sie vor allem Amber Hearn am Torschießen hindern, wobei sie sich in der 78. Minute sogar verletzte und behandelt werden musste. Doch bei ihr ging es genauso weiter wie bei Jena mit seinen Dauerangriffen.

Nur noch vier Minuten verblieben auf der Scheibe, als “Team Rot” doch noch die Arme zum Jubel hoch reißen konnte. Ein Abwehrquerschläger nach einem Jenaer Eckball brachte Härling aus dem Konzept und Hearn in Position. 1:1-Ausgleich, keine Abseitsfahne diesmal. Und als sich die Leipziger Fans einmal mehr dem Schmerz der Sieglosigkeit hingeben wollten, schickte sie Anne Heller auf eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Im Gegenzug nämlich legte die Lok-Kapitänin alles was sie hatte in ihren Schuss, der auf direktem Wege ins Tor flog (87.). 2:1 – Der Sieg!
“Da war viel Wut im Schuss”, bekannte die Torschützin anschließend im L-IZ-Interview. Den Sieg hatte sich ihr Team fest vorgenommen: “Wir wollten unbedingt. Wir wollten zeigen, dass wir auch zu Hause gewinnen können. Das waren wir dem Publikum mal schuldig”. Die Anweisungen des Interimtrainers Frank Tresp waren in den Spielerköpfen angekommen. “Ihr könnt hier rausgehen und verlieren, aber die Zuschauer wollen sehen, dass ihr kämpft!”, hatte er seine Truppe im Vorfeld eingeschworen. Es wurde ein Sieg, wenn auch ein glücklicher, wie sowohl Heller als auch Tresp gern zugaben.
1. FC Lok Leipzig: Carolin-Sophie Härling, Kathleen Kelly (56. Yvonne Wutzler), Jenista Clark, Anna Green, Karoline Aulrich, Katharina Freitag, Anne Heller, Marie-Luise Herrmann, Lysann Schneider, Lisa Reichenbach (66. Erika Szuh), Christina Nauesse (48. Marlene Ebermann). Trainer: Frank Tresp.
FF USV Jena: Tessa Rinkes, Laura Brosius, Mirte Roelvink, Kathleen Radtke, Sara Löser (46. Lisa Seiler), Vivien Beil (75. Karoline Heinze), Carolin Schiewe, Susann Utes (66. Sabrina Schmutzler), Julia Arnold, Amber Hearn, Iva Landeka.

Torfolge: 1:0 Green (30.), 1:1 Hearn (86.), 2:1 Heller (87.), Zuschauer: 456 im Bruno-Plache Stadion, Leipzig, Schiedsrichter: Martina Storch-Schäfer (Petersberg), Gelbe Karte: Herrmann (Lok).
1. FFC Frankfurt – SC Freiburg 7:0 (5:0)
Bayer 04 Leverkusen – VfL Wolfsburg 1:2 (0:1)
Turbine Potsdam – FC Bayern München 3:0 (1:0)
FCR 2001 Duisburg – SC 07 Bad Neuenahr 2:0 (1:0)
1. FC Lok Leipzig – FF USV Jena 2:1 (1:0)
Hamburger SV – Essen-Schönebeck 1:1 (1:1)(…)
8.) SC 07 Bad Neuenahr 18 Spiele/ 19 Punkte/ -3 Tore
9.) Hamburger SV 19/ 19/ -11
10.) FF USV Jena 19/ 15/ -31
11.) 1.FC Lok Leipzig 19/ 12/ -50
12.) Bayer 04 Leverkusen 19/ 11/ -30

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