Die Lage des 1. FC Lok ist schlecht, aber ist sie auch aussichtslos? 325.000 Euro braucht der Verein laut Präsidium bis zum Saisonende, um dann eine schwarze Null vorweisen zu können. 200.000 Euro davon allein bis Ende April. Doch die Fans geben die Hoffnung nicht auf, auch wenn diese an Bedingungen geknüpft ist. Eine: Das jetzige Präsidium muss verschwinden. Seit Freitag gibt es auch eine erste personelle Alternative - und Hilfsangebote von Gläubigern.

Am 11. Mai 2011 hat er ihn das letzte Mal gesehen und zum letzten Mal mit ihm Kontakt gehabt. Seitdem hat Lok-Logo-Inhaber Manfred Jansen nichts von Lok-Präsident Michael Notzon gehört. “Ich habe es immer wieder probiert, um Gespräche gebeten, aber keiner hat sich gemeldet”, so der Geschäftsmann. Seit seiner Gründung zahlt Lok eine Lizenzgebühr an den Karlsruher. Seit September wartet er allerdings auf die nächste Rate. 1.300 Euro müsste Lok monatlich zahlen. “Jeder kann mal in eine schlechte Lage kommen, aber dann muss man doch auch mit seinem Gläubiger reden”, so Jansen enttäuscht. Der Geschäftsmann hatte bereits im Sommer Gesprächsbereitschaft signalisiert, auf ihn zugekommen ist trotz entsprechender Versprechen auf der letzten Mitgliederversammlung im Juni 2012 niemand vom FCL. Auf 9.100 Euro belaufen sich mittlerweile die Verbindlichkeiten bei Jansen.

Mike Sadlo wartet ebenfalls noch auf ausstehende Gehälter. “Im Mai ist der nächste Gerichtstermin”, so der Ex-Trainer. “Dann wird die Kündigung zum 28. Februar verhandelt.” Lok hat also noch einmal probiert, den Vertrag vorzeitig zu beenden. Durch den Aufstieg hatte sich Sadlos Kontrakt um ein Jahr verlängert, was Lok nun selbstredend bezahlen muss. Allerdings hatte der 41-Jährige unlängst Hilfsbereitschaft signalisiert. Allerdings auch nicht unter den derzeitigen Führungskräften. Der Zug sei abgefahren.

Lok hat derzeit viele Baustellen, unlösbar scheint keine. Auch nicht die der offenen 325.000 Euro, die laut Vorstand bis Ende der Saison für eine schwarze Null nötig sind. Käme man mit Jansen, Sadlo, auch mit Geländevermieter Striewe und ein, zwei weiteren Gläubigern ins Gespräch, würde sich Loks Schuldenlast verringern.

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Nur: Die vielen Baustellen müssen angegangen werden. Mittlerweile haben die Fans gute 120.000 Euro gesammelt. “Da ist das Geld, das die Ultras für die Retter-T-Shirts eingenommen haben noch nicht mal dabei”, so René Gruschka. Der ehrenamtliche Koordinator der Rettungsaktionen hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben. “200 Leute müssen noch ihren Platz auf dem neuen Trikot bezahlen.” Trainer Marco Rose hat sich ebenso für die Aktion angemeldet wie Präsident Michael Notzon und Vizepräsident Bernd Wickfelder, deren Zahlungseingänge aber seit Februar ausstehen. Wenn alle bezahlen, kämen nochmal 30.000 Euro auf das Spendenkonto. “Also 160.000 Euro über die Fans wären durchaus möglich.” Ein sensationeller Wert, der noch durch den bereits begonnenen Vorverkauf der neuen Trikots erhöht werden könnte. Bis zum 31. März können Fans das neue Trikot mit den 777 Namen zum Vorzugspreis von 49,95 Euro im Fanshop bestellen, ab Mai soll es geliefert werden. Den Verkauf vorzuziehen war eine Idee des Präsidiums, um schnell weiteres Geld zu akquirieren.

Von den Spenden, die direkt an den Verein gegangen sind, wurden zuletzt anteilig die dringendsten Rechnungen bezahlt. “Berufsgenossenschaft, Finanzamt, Gehälter”, so Gruschka, der treuhänderisch über das Konto für die Trikotaktion wacht. Ca. 80.000 Euro seien da noch drauf. “Dort kann der Verein auch nicht ohne Weiteres ran.” Zudem hat der gebürtige Leipziger die nächste Rettungsaktion angeregt. “Man könnte versuchen 100 Firmen zu finden, die jeweils 2.000 Euro in den Verein stecken. Unter den Teilnehmern könnte man beispielsweise eine Bandenwerbung oder sogar den Platz als Trikotsponsor verlosen”, rechnet der 46-Jährige vor, der über die aktuelle Arbeit des Präsidiums nur den Kopf schüttelt. “Es gibt genügend Ideen, aber die meisten lassen sich mit dem Präsidium nicht umsetzen.”

Für eine Wachablösung steht er selbst bereit. “Ich fordere den Rücktritt des jetzigen Präsidiums im Interesse unseres Vereines Lok Leipzig. Nicht aus persönlichen Befindlichkeiten, sondern weil deutlich erkennbar ist, dass es im jetzigen Stil im totalen Chaos endet”, erklärte er am Freitag. “Ich habe kein Geld, das ich investieren kann, aber ich werde versuchen, alles Erdenkliche zu tun um Geld von Sponsoren zu beschaffen.” Gruschka, der bei der Stadt angestellt ist, kümmert sich seit Jahren um das Internetradio des Vereins und hat durch die Koordinierung der Hilfsaktionen noch einmal seine Beziehungen innerhalb der Fanszene gestärkt. “Ich würde für ein Arbeitspräsidium bis zu einer Mitgliederversammlung zur Verfügung stehen.” Dieses Schatten-Arbeitspräsidium wird sich in den kommenden Tagen präsentieren, um die Patt-Situation zwischen Präsidium und Fans zu verändern. Derzeit geht weder etwas vor noch zurück.
Am vergangenen Dienstagabend hatten es die Mitglieder auf der Infoveranstaltung des Vorstands versäumt, energisch auf einen Führungswechsel ihres Verein zu drängen. Möglicherweise waren die über 100 Anwesenden in Anbetracht der dargelegten Situation einfach nur geschockt. Die nächste demokratische Möglichkeit im Rahmen der Vereinssatzung wurde dagegen umgehend genutzt. Wie L-IZ.de erfuhr, sind dem Ausschuss für Vereinsstreitigkeiten binnen zwei Tagen zwei Anträge auf Amtsenthebung des Präsidiums zugegangen. Ein Grund: vereinsschädigendes Verhalten. Kommt der Antrag beim mit Anhängern besetzten Gremium durch, wäre der Weg frei.

In diesem Fall müssten die Mitglieder wahrscheinlich auch nicht über die Ligenzugehörigkeit in der kommenden Saison abstimmen. Diese Idee hatte Präsident Michael Notzon unlängst via BILD-Zeitung ins Gespräch gebracht. Ein freiwilliger Rückzug in die Landesliga würde laut Präsidenten Kosten sparen. Die Fixkosten, die beispielsweise am Gelände und am Geschäftsstellenpersonal hängen, würde es nicht reduzieren, dafür aber die Einnahmen. Und letztlich dürften sich die Anfahrtswege in Oberliga und Landesliga nicht unterscheiden. Görlitz und Neugersdorf eher die weiteren Wege sein als Markranstädt und Halle. In der Landesliga würde Lok unattraktiver für Sponsoren und Fans und wer mag schon garantieren, dass der Verein schnell wieder nach oben kommt? Von der Landesliga bis in die Regionalliga hat Lok schon einmal fünf Jahre gebraucht.

“Wenn die Fans abstimmen, ist das Präsidium fein aus der Verantwortung raus. Das ist der Grund”, so Gruschka. Für ihn ist klar: Lok muss Regionalligist bleiben. “Ich selbst will mit ganzer Kraft für den Regionalligaerhalt kämpfen. Man sieht an den Leutzscher vereinen, wie unbedeutend die Landesliga für das Umfeld ist.” Einsparpotential sieht er an anderer Stelle: “Eher sollten wir über andere unspektakuläre Maßnahmen nachdenken, beispielsweise über eine Abmeldung der Frauenmannschaft wie es selbst der Hamburger SV vor zwei Jahren aus Kostengründen gemacht hat.” Während des Spiels gegen den FSV Zwickau wurde auf der Tribüne bereits geflüstert, die Lok-Frauenabteilung würde zum LFC abwandern.

Hoffnungsvoll stimmt René Gruschka die Unterstützung durch ehemalige Spieler. “Jürgen Rische hat für uns Retter-Shirts signiert, René Adler will uns unterstützen. Wir leben noch, aber wir müssen uns beeilen.” Im Internetforum des Vereins werden zurzeit die nächsten kreativen Ideen diskutiert, die Gruschka wohl auch wieder bündeln wird. Eins steht fest: Personelle Alternativen und ein schneller Wechsel sind die ersten Schritte auf dem Weg Richtung Rettung. Leute, die anpacken, könnten einiges verändern.

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