Als die deutsche Nationalmannschaft im WM-Viertelfinale Frankreich besiegt, ist Martin Matthäus mit dabei. Für die 80 Kilometer nach Rio de Janeiro hat er mit dem Bus drei Stunden gebraucht, die U-Bahn ist überfüllt, aber am Ende die Laune gut. Im Urwald lässt es sich prima vom Finale träumen.

Nach dem Viertelfinaleinzug geht es am Mittwoch Richtung Rio de Janeiro. Das Flugzeug startet bereits 6:25 Uhr ab Porto Alegre. Nach zwei Stunden Flug kommen wir in Rio an. Dort teilt sich die Gruppe. Ein Teil bleibt direkt in Rio und der andere bezieht eine Pousada circa 80 Kilometer entfernt im Ort Itagaui. Die mittelgroße Stadt schlängelt sich entlang einer Bergkette am Meer. Die Unterkunft befindet sich direkt am Berghang am Stadtrand im Ortsteil Coroa grande.

Gleich nach der Ankunft erkunden wir die Gegend. Es ist gerade Ebbe und man sieht am Strand wieder viel Müll und sogar eine tote, ungefähr 50 Zentimeter lange Schildkröte. Ein trauriges Bild, aber vielleicht haben die Einheimischen in dieser armen Region auch einfach andere Probleme als Umweltschutz. Auf der Post erfahre ich, dass zurzeit Stadtfest ist. Das lasse ich mir mit drei Mitfahrern nicht nehmen und ich bin überrascht.
Ich hatte mit einem normalen Stadtfest entsprechender Größe gerechnet. Doch das Gelände ist riesig. Auf einer Fläche von mindestens 15 Fußballfeldern stehen mehrere Bühnen, Fahrgeschäfte, Fressbuden und Verkaufsstände. Um auf das Gelände zu gelangen, wird man wie am Flughafen kontrolliert und stärker abgetastet als vor den WM-Spielen. Wir probieren alles aus, auch die Musik von bekannten brasilianischen Künstlern ist gut.

Donnerstag machen wir dafür frei. Die letzte Nacht und die ganze Reise haben ihre Spuren hinterlassen. Freitag steht zudem endlich das Spiel gegen die Franzosen an. Bereits um acht Uhr morgens geht es nach Rio, um irgendwelchen Staus aus dem weg zu gehen. Für die 80 Kilometer bis zum Spielort brauchen wir trotzdem fast drei Stunden. Wir müssen zudem noch mit der Metro fahren. Diese ist komplett überfüllt. So etwas habe ich das letzte Mal beim Champions-League-Finale 2010 in Madrid erlebt.

Überall sieht man deutsche, französische und brasilianische Fans. Scharfe Kontrollen und massive Polizei ebnen den Weg zum Stadion. Als ich das Maracana von außen sehen, halte ich kurz inne. Ich bin vor dem berühmtesten Fußballtempel der Welt. Leider merke ich im Inneren des Tempels, dass der Charme des Mythos, den ich aus vielen Reportagen und Büchern kenne, verblasst ist, da es nun wie fast jedes neue Stadion aussieht.
Die Enttäuschung weicht schnell wieder der Konzentration auf das Spiel. Es wird das erwartete Kampfspiel, doch unsere Jungs meistern es erfolgreich. Nach dem Spiel feiern wir noch im Stadion, gehen dann zur Copacabana und schauen das Spiel der Brasilianer. Leider können wir nur außerhalb des Fifa-Fanfestes schauen, da auch das total überfüllt ist. Ich freue mich über den Sieg der Gastgeber. Besteht nun doch die Möglichkeit, Revanche für das WM-Finale 2002 zu nehmen. Gegen Mitternacht fahren wir wieder mit dem Bus vor die Tore der Stadt.

Sonntag wird es noch einmal spannend. Hinter der Pousada beginnt der Urwald. Hier soll irgendwo ein kleiner Wasserfall sein. Doch so richtig kommen wir nicht ran. Uns fehlt die passende Ausrüstung. Den Fluss erreichen wir allerdings und machen es uns dort gemütlich. Der Traum vom Finale lebt weiter. Aber erstmal warten die Gastgeber…

Info zur Serie: Etwa fünf Wochen lang wird Fußballfan Martin Matthäus im WM-Land Brasilien unterwegs sein und dabei alle Spiele der deutschen Nationalmannschaft besuchen. Über seine Erlebnisse berichtet der Leipziger regelmäßig auf L-IZ.de in der Serie “WM mittendrin”.

Bereits erschienene Folgen der Serie “WM mittendrin”:
Teil 1: “Brasilien, wir kommen!”
Teil 2: Von Plastemüll und Sicherheitszäunen
Teil 3: Zwischen Abgasen und Banana Joe
Teil 4: Party in einer Strandbar, Spanien gegen Holland vor Ort und ein Unfall
Teil 5: Verdienter Auftaktsieg und vertrackte Verdauung
Teil 6: Kein Fest für alle? Enttäuschungen in und um Fortaleza
Teil 7: Langsames Internet und langsam eintretende Resignation in Recife
Teil 8: Bei Jogi im Hotel

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