Als "Energiewendeverhinderer" kritisiert der SPD-Landtagsabgeordnete Thomas Jurk Sachsens Regierung. Gleichwohl fordert der Energieexperte von Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) Gespräche mit der schwedischen Regierung über den angekündigten Teilrückzug von Vattenfall aus der ostdeutschen Braunkohleverstromung. Aus schwedischer Sicht mache die Ankündigung "durchaus Sinn", räumt Jurk im L-IZ-Interview ein.

Der Freistaat Sachsen will zumindest mittelfristig Kohleland bleiben. Wie passen die Ankündigungen von Vattenfall, einen Block des Kraftwerks Lippendorf verkaufen und Arbeitsplätze in Deutschland abbauen zu wollen, zu dieser Strategie?

Am Dienstag hat die sächsische Staatsregierung ihr Energie- und Klimaprogramm verabschiedet. Darin nimmt die Verstromung von Braunkohle immer noch den wichtigsten Stellenwert ein. Wer allerdings – wie die Staatsregierung – eine Energiewendeverhinderungspolitik betreibt, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt.

In Zukunft wird Energie aus immer mehr Quellen sprudeln und dezentral erzeugt werden. Damit steht die Braunkohleindustrie in den nächsten Jahren vor einem grundsätzlichen Wandel. Die stoffliche Nutzung wird immer mehr in den Vordergrund treten. Diesen Strukturwandel müssen wir fördern.

Vattenfall will durch den Verkauf des Kraftwerksblocks Kohlendioxidemissionen vermindern. Was ist daran klimapolitisch falsch?

Der schrittweise Umstieg auf Erneuerbare Energien ist der einzige Weg, sowohl die Klimaschutzziele zu erreichen, als auch Strom mittelfristig bezahlbar zu halten. Aus Sicht des Eigentümers von Vattenfall, dem schwedischen Staat, macht eine solche Herangehensweise also durchaus Sinn.Vattenfall ist in Teilen Ostdeutschlands das strukturbestimmende Wirtschafts- und Versorgungsunternehmen. Was bedeutet vor diesem Hintergrund die Ankündigung des Unternehmens?

Genau das ist die Frage, die Ministerpräsident Tillich den politisch Verantwortlichen in Schweden stellen muss.

Sehen Sie in der Ankündigung von Vattenfall eher eine unternehmenspolitische Entscheidung oder das branchenpolitische Signal, dass Braunkohleverstromung in Ostdeutschland wirtschaftlich und klimapolitisch keinen Sinn mehr macht?

Vattenfall ist eine hundertprozentige Tochter des schwedischen Staates. Daher hat die Entscheidung des Unternehmens vor allem eine politische Dimension. Die Entscheidung von Vattenfall muss also immer vor dem Hintergrund der Energie- und Klimapolitik der schwedischen Regierung gesehen werden.

Erst wenn wir wissen, welche politischen Ziele Schweden verfolgt, können wir auch über unternehmens- und branchenspezifische Implikationen sprechen.

Sie erwarten von Sachsens Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich (CDU) Gespräche mit dem schwedischen Staat als Besitzer von Vattenfall über die Konzernpläne. Was genau soll das Ziel dieser Gespräche sein?

Der Ministerpräsident muss herausfinden, welche klima- und energiepolitischen Ziele die schwedische Regierung verfolgt und welche Auswirkungen dies für Sachsen haben wird. Wir brauchen zum Beispiel Antworten auf die Frage, ob nicht noch weitere Verkäufe von Kraftwerken in Sachsen geplant sind.

Nicht nur die Beschäftigten in der Lausitz erwarten klare Antworten, welche Konsequenzen dies für ihren Arbeitsplatz hat. Es ist nicht auszuschließen, dass sich auch Bundeskanzlerin Merkel einschalten muss. Denn die Entscheidungen, die in Schweden getroffen werden, haben unmittelbare Konsequenzen für ganz Ostdeutschland.

Vielen Dank für das Gespräch.

www.spd-fraktion-sachsen.de/sites/default/files/news/downloads/Drs%205_11441.pdf

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