"Wir sind nicht die Melkkuh der Nation", betonte Jens-Ulrich Kießling, Vorstand der BID und Präsident des IVD anlässlich des 12. Mitteldeutschen Immobilienkongresses (MIK). Als Vertreter der Spitzenverbände der mitteldeutschen Immobilienwirtschaft fürchtet er das Schlimmste - die Immobilienwirtschaft wird vom Konjunkturmotor zur Konjunkturbremse. Denn die steigenden energetischen Auflagen des Bundes bei Neubau und Sanierungen sowie die anstehende Mietpreisbremse könnten dazu führen, dass sich Neubau nicht mehr lohnt.

Würden die aktuellen Vereinbarungen im Koalitionsvertrag Gesetz, würden sie zu Investitionsrückgang und Verteuerung von Mieten sowie Wohneigentum führen. Auf dem 12. Mitteldeutschen Immobilienkongress (MIK) am Mittwoch, 29. Januar, warnten die Immobilienverbände deshalb eindringlich vor den sich abzeichnenden Problemen.

So geht Dr. Axel Viehweger, Vorstand des Verbandes Sächsischer Wohnungsgenossenschaften e.V. (VSWG) davon aus, dass die Mietpreisbremse reiner Populismus sei, welcher die realen Probleme verschleiern würde. “Warum fangen wir nicht bei den Ursachen an, die das Wohnen so verteuert haben?”, erklärt er mit Blick auf die Klima- und Gesundheitsschutzauflagen für Immobilienunternehmen. Rückendeckung bekommt er von Dr. Franz Georg Ripp, Vorstand des Deutschen Mieterbundes. “Die Immobilienwirtschaft muss altersgerecht umbauen, die Energiewende herbeiführen und den Stadtumbau realisieren. All das sind Aufgaben des Staates, die eigentlich über Steuern finanziert werden müssten”.

Die deutsche Immobilienwirtschaft ist ein wesentlicher Anker der Volkswirtschaft. Ihre Bruttowertschöpfung summiert sich auf über 434 Milliarden Euro. Das entspricht einem Anteil von 19 Prozent der Gesamtwirtschaft. Damit ist die Immobilienwirtschaft größer als die Branchen Fahrzeugbau, Gesundheitswirtschaft oder der gesamte Handel. Dies gilt analog für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Die mitteldeutsche Immobilienbranche fordert deshalb die Bundesregierung auf, Maß zu halten und die Formulierungen aus dem Koalitionsvertrag in Abstimmung mit der Branche praktikabel umzusetzen. An die Landesregierungen in Dresden, Erfurt und Magdeburg ergeht der Appell, korrigierend einzugreifen und die eigenen Spielräume in der Landespolitik – hinsichtlich der Städtebauförderung und zur Mietpreisbremse – zu nutzen.

Die geplanten Vorhaben des neuen Bundeskabinetts zur Energiewende und Klimaschutz sind realitätsfern. Das Verhältnis der Ansprüche an die Energieeffizienz von Wohngebäuden und der dafür vorgesehenen Förderung sind nicht miteinander vereinbar. Gibt es keine Korrekturen, zahlen Mieter und Wohnungseigentümer die Zeche.

Dr. Axel Viehweger, Vorstand des Verbandes Sächsischer Wohnungsgenossenschaften e. V. (VSWG) und Margita Faßl, Vorstand des vdw Sachsen Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft e.V., betonen: “Die gesetzlichen Regelungen, die verpflichtend umgesetzt werden müssen, führen auf vielen Gebieten zu Preissteigerungen, die sich ein Bürger mit mittlerem Einkommen in Mitteldeutschland nicht mehr leisten kann”. Hans-Joachim Ruhland, Vorstand des vtw unterstreicht: “Preistreiber bei den Mieten sind vor allem die ständig steigenden Energiekosten sowie rasant anwachsende Baukosten für Neubauten. Die durchschnittlichen Nettokaltmieten sind in Mitteldeutschland i.d.R. in den letzten 10 Jahren geringer als die Inflationsrate gestiegen. Die Kosten für Heizung und Warmwasser explodierten im gleichen Zeitraum förmlich um 117 Prozent. Baukosten und steigende Bauanforderungen durch die EnEV 2014 führen zu Neubaupreisen und Mieten, die sich kein Normalverdiener mehr leisten kann.”

Bei einem durchschnittlichen Haushaltsnettoeinkommen von monatlich 2.255 Euro und privatem Konsum von 1.842 Euro (Sachsen 2008) bzw. 2.364 Euro und 1.951 Euro (Thüringen 2008) werden aktuell 568 Euro (Sachsen) und 611 Euro (Thüringen) monatlich für Wohnkosten aufgewendet. Die durchschnittlichen Investitionskosten pro m² Wohnfläche liegen bei umfassender Sanierung zwischen 800 und 1.200 Euro/m² Wohnfläche. Der Anteil für die reine energetische Ertüchtigung und Erfüllung der Bauteilanforderungen des Gebäudes liegt bei 200 Euro bis 800 Euro/m². Selbst bei der Umsetzung der Mindestanforderungen der EnEV2009 (nachträgliche Restinvestition und Anhebung auf den geltenden Standard der EnEV 2009) wäre eine Mieterhöhung von 2,35 Euro/m² zur Refinanzierung der Investitionen erforderlich. Damit würden die Mietkosten für eine Durchschnittswohnung auf durchschnittlich 800 Euro steigen.

Das kann sich das Gros der Mieter in Sachsen und Thüringen nicht leisten. “Von der Politik wird zwar die Mietpreisbremse gefordert, jedoch wird im Gegenzug nicht über eine Preisbremse bei den Baupreisen oder Versorgerpreisen nachgedacht. Diese würde die Kosten für das Wohnen wesentlich sozial verträglicher gestalten und ebenfalls begrenzen”, appellieren die Mitteldeutschen Immobilienverbände unisono.

Um die Klimaziele der Bundesregierung zu erreichen, wird es nicht ausreichen, lediglich das KfW-Programm zur energetischen Gebäudesanierung aufzustocken, zu verstetigen und zu vereinfachen. Dringend notwendig wäre eine Ausstattung des CO2-Gebäudesanierungsprogramms mit jährlich mindestens zwei Mrd. Euro und zusätzlich eine steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung. Nur so kann die Wohnungswirtschaft, die ohnehin bereits einen Modernisierungsstand aufweist, der anderen Marktteilnehmern um Jahre voraus ist, die hochgesteckten Energieziele erreichen.

Auch Frank Müller, Vorstand des BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen Landesverband Mitteldeutschland e.V. bestätigt: “Mitteldeutschland steht vor großen Herausforderungen. Wachsende Städte auf der einen, schrumpfende und alternde ländliche Räume auf der anderen Seite. In beiden Fällen besteht ein Bedarf für Neubau. Quantitativ in den Wachstumszentren, qualitativ – meist bedarfs- und altengerecht – in ländlichen aber auch städtischen Räumen. Diese Bedarfe sind ohne Handeln auf politischer Ebene nicht mehr finanzierbar. Völlig kontraproduktiv wirken Forderungen einiger Städte nach Mietpreisbremsen. Diese machen Investitionen in Neubau unattraktiv und verhindern so den nötigen Neubau von Wohnungen. Nur eine Angebotserweiterung kann Verknappung und Preissteigerung verhindern, nicht dagegen ein künstliches Niedrighalten von Mieten.”

Für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen wird bis 2025 eine Gesamt-Neubaunachfrage von ca. 52.254 Wohneinheiten (WE) (28.128 Sachsen, 15.205 Thüringen, 8.921 Sachsen-Anhalt) erwartet.

Karl-Heinz Weiß, Vorsitzender des IVD Mitte-Ost Immobilienverband Deutschland e.V., fordert deshalb die Landesregierungen zu einer Zweckbindung der Städtebaufördermittel des Bundes auf, die 2014 gesetzlich ausläuft. 2013 flossen 56 Mio. Euro nach Sachsen, 33,5 Mio. Euro nach Sachsen-Anhalt und 29,5 Mio. Euro nach Thüringen. In den anstehenden Verwaltungsvereinbarungen zwischen Bund und Ländern müssen diese Mittel zur Unterstützung der Energiewende und sinnvoller Stadt- und Regionalentwicklung verwendet werden, anstatt sie für eine Haushaltkonsolidierung zweckentfremdet einzusetzen.

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