Seit 2009 bremst die sächsische Landesregierung, hat sie die Bedingungen zum Bau oder Ausbau von Windenergieanlagen in Sachsen so verschärft, dass der Zubau praktisch zum Erliegen gekommen ist. Statt die Energiewende wirklich aktiv zu gestalten, setzt die Staatsregierung auf Stillstand. Die Grünen fassen sich bei so einer Art Nicht-Gestaltung nur an den Kopf und beantragen ein echtes Windenergie-Programm.

Die Grünen-Fraktion im Sächsischen Landtag will in Sachsen eine Servicestelle „Windenergie“ nach Thüringer Vorbild etablieren, um endlich den Ausbau der Windenergie im Freistaat voranzubringen. Ein entsprechender Antrag steht am Mittwoch, 7. November, auf der Tagesordnung des Sächsischen Landtags (TOP 11).

Die Servicestelle soll unter dem Dach der Sächsischen Energieagentur (SAENA) angesiedelt sein. Ziel ist die Förderung der gesellschaftlichen Akzeptanz, die die vielleicht wichtigste Ressource für das Gelingen der Energiewende darstellt. Damit greift die Fraktion eine Idee auf, die in Thüringen schon zu Erfolgen führte.

„Unser Antrag gewinnt zusätzliche Aktualität durch den Beschluss der CDU/SPD-Koalition auf Bundesebene, die seit Monaten versprochenen Sonderausschreibungen für Wind- und Solarenergie endlich zu realisieren. Auch wenn auf Bundesebene noch immer große Hindernisse wie etwa der 52-Gigawatt-Ausbaudeckel für die Photovoltaik bestehen, geben die Zusatzausschreibungen der nächste Jahre Impulse in die richtige Richtung“, erklärt Dr. Gerd Lippold, energiepolitischer Sprecher der Fraktion.

Natürlich ist Lippold bewusst, das es bei Windenergieanlagen immer um die Befürwortung durch die Bürger vor Ort geht. Dass Sachsen seit neun Jahren so bremst, hat ja mit der damaligen durchaus populistischen Politik zu tun, die dutzende Bürgerinitiativen „Gegen die Verspargelung der Landschaft“ als Argument nutze, den Ausbau der Windkraftanlagen zu stoppen und ein Gesetz zu schaffen, das einen weiteren Zubau fast unmöglich macht.

„Mit Servicestelle Windenergie bei der Thüringer Energie- und GreenTech-Agentur GmbH (ThEGA) hat sich unser Nachbarland ganz bewusst ein Werkzeug geschaffen, dass bei Akzeptanzproblemen vor Ort vermittelt. In Sachsens hingegen sammelt Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) seit seinem Amtsantritt Ende 2014 Studien und lässt nun − ein Jahr vor der Wahl − neue Ziele auf geduldiges Papier drucken. Neue Zielstellungen bringen aber nur dann etwas, wenn man auch bereit ist, konkrete Schritte zu gehen“, sagt Gerd Lippold etwas, was man eigentlich so als Bürger von der Politik erwartet.

Politik bedeutet nun einmal immer: gestalten. Dinge tun. Die Grundlagen für kommende Entwicklungen zu legen. Tatsache ist, dass Bürger Stillstand (und sei es auch nur ein gefühlter) nicht aushalten. Stillstand schafft Ängste. Und Sachsen steht seit Jahren still. Als wäre die Politik vor dem Unmut einiger kampfstarker Bürgerinitiativen regelrecht erstarrt.

„Es geht um Milliardeninvestitionen in saubere Energien, die jedoch an Sachsen weitestgehend vorbeizulaufen drohen. Denn in Sachsen ist es noch immer ganz besonders schwierig, konkrete Projekte etwa im Windbereich wenigstens so weit zu entwickeln, dass erfolgreiche Beteiligung an bundesweiten Ausschreibungen möglich wird“, sagt Gerd Lippold.

„Nur 16 neue Windkraftanlagen wurden im letzten Jahr in Sachsen errichtet. Das ist weniger als ein Prozent der knapp 1.800 Neuanlagen in der Bundesrepublik. Grün-(mit)regierte Bundesländer wie Thüringen, Hessen und Baden-Württemberg zeigen auf, wie nach entschlossenem Abbau von planerischen Barrieren mit landespolitischer Initiative die Windkraft-Verhinderungspolitik von Vorgängerregierungen überwunden werden kann.“

Windenergie ist ein wichtiger Teil der Energiewende. Je mehr sie zuverlässig zum Energiemix beiträgt, umso stabiler werden die Grundlagen einer Energiewirtschaft, die es bis spätestens 2040 schafft, die Kohlemeiler komplett zu ersetzen. Und Länder wie Thüringen haben sich längst einen Zeitplan erarbeitet, bis wann sie welche Teilziele des Energieumbaus erreicht haben wollen.

In Sachsen gibt es so etwas nicht. Die Regierung tut immer noch so, als könnte sie die Kohlewirtschaft noch auf Jahrzehnte behalten und das Land vor den Veränderungen einfach durch Aussitzen bewahren. Das geht aber zwangsläufig schief.

„Neben wirksamen Instrumenten gibt es in den genannten Bundesländern klare politische Zielvorgaben. Windenergie soll deshalb auch bei uns in Sachsen wie in Hessen auf zwei Prozent der Landesfläche Vorrang genießen. Nur so kann Sachsen Energieland bleiben, wenn die Stromerzeugung aus Braunkohle in den nächsten Jahren abgebaut wird. Dieser Zusammenhang darf in einem neuen sächsischen Energieprogramm nicht länger unberücksichtigt bleiben“, fordert Lippold genau das, worüber sich die sächsische Landesregierung beharrlich weigert überhaupt zu sprechen.

„Bislang hat sich Sachsen von der Energiewende in Deutschland immer weiter abgekoppelt. Und Besserung ist nicht in Sicht, denn es gibt kaum Flächenausweisung für Windenergieanlagen, teils unsinnige Höhenbeschränkungen und keine Rückendeckung durch politisch Verantwortliche. Daran ändert auch das derzeit debattierte neue Energieprogramm absehbar nichts, denn es hat keine Auswirkungen auf die laufenden regionalen Planungsprozesse. Umso wichtiger sind konkrete Schritte und Instrumente, die wenigstens im Rahmen der existierenden Vorgaben Fortschritte bewirken. Ein solches, erwiesenermaßen funktionierendes Instrument schlagen wir mit unserem Antrag vor.“

Schon heute ist es so, dass die Anlagenbetreiber in anderen Bundesländern massiv von der Öko-Abgabe auf Strom profitieren – Bayern zum Beispiel bei Solaranlagen, Brandenburg bei Windkraftanlagen. Sachsen zahlt hingegen drauf. Es kommt bei der Teilhabe an den modernen Energieanlagen immer mehr ins Hintertreffen.

„Auch neue Ausbauziele für die Erneuerbaren Energien in Sachsen sind notwendig. Der Stillstand im Freistaat rächt sich jetzt in besonderem Maße, da auf Bundesebene Bremsen gelöst werden“, sagt Lippold.

„Die Bundesländer, die gestern schon in der Energiewende dynamischer als Sachsen waren, gewinnen jetzt noch zusätzlich an Fahrt. Der Abstand des Freistaates zu den Vorreitern droht noch größer zu werden. Man kommt nicht dadurch an ein Ziel, dass man es auf den Wegweiser schreibt, sondern erst dadurch, dass man dorthin losläuft. Diese banale Erkenntnis scheint der CDU/SPD-Koalition in Sachsen bislang entgangen zu sein. Wir erinnern sie daran und zeigen, wohin erste Schritte gehen sollten.“

Kein Kohleausstieg in Sicht und Windkraft kommt in den Wald

Kein Kohleausstieg in Sicht und Windkraft kommt in den Wald

 

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar