„Sächsischer Export 2018 leicht rückläufig“, titelt das Statistische Landesamt des Freistaats Sachsen am Dienstag, 26. Februar. Und da die Mediendebatte gerade voller Frames ist, nehmen wir auch das als Frame. Es ist nämlich einer, der den Außenhandel hübsch zum Abstraktum macht. Die Wahrheit steckt dann in der kleinen Tabelle, die das Landesamt mitliefert: Wichtige Handelspartner stecken in der Krise und können sich nicht mehr so viele Autos aus Sachsen leisten.

Den Ländern geht es, wenn man sie derart als Handelnde in den Mittelpunkt stellt, wie ganz normalen Menschen, die mit ihrem Monatseinkommen haushalten müssen und dann, wenn das Einkommen knapp wird, auf (Neu-)Anschaffungen verzichten. Und es überrascht nicht, dass genau jene Handelspartner mit einem Minus in der Einkaufsbilanz auftauchen, die derzeit alle in veritablen Krisen stecken.

Das Landesamt beschreibt die Handelsergebnisse im Jahr 2018 so: „Sächsische Unternehmen haben im Jahr 2018 Waren im Wert von 40,48 Milliarden Euro ins Ausland exportiert. Damit wurde der Spitzenwert des Jahres 2017 um zwei Prozent verfehlt. Ausschlaggebend dafür war der Rückgang der Lieferungen der wichtigsten Exportprodukte des Freistaates – Personenkraftwagen und Wohnmobile – um 14 Prozent auf 13,26 Milliarden Euro. So ging der Warenwert dieser Erzeugnisse an wichtige Handelspartner wie die Vereinigten Staaten um ein Fünftel, nach Frankreich und Italien um knapp ein Fünftel zurück.“

Die Diesel-Affäre mag ebenfalls eine Rolle spielen – und im Fall der USA auch der veritable Zollkrieg, den US-Präsident Donald Trump ausgelöst hat und der die europäischen Autobauer schon traf, bevor er meinte, deutsche Autos gleich mal zur Gefahr für die Sicherheit der USA erklären zu müssen.

Und augenscheinlich sind es wirklich nur die Autoverkäufe, die für den Export-Rückgang sorgen. Denn: „Sowohl bei den elektrotechnischen Erzeugnissen als auch bei den Erzeugnissen des Maschinenbaus konnten dagegen leichte Exportsteigerungen um jeweils zwei Prozent registriert werden.“

Gerade die USA (-14 Prozent) und Großbritannien (-10 Prozent) stecken in selbst gemachten politischen Krisen. Beide rangieren aber nur auf Rang 2 und 3 der sächsischen Exportbilanz. Viel abhängiger sind Sachsens Exporteure von China: „Die Lieferungen zum Haupthandelspartner China nahmen um zwölf Prozent auf 6,72 Milliarden Euro zu. Besonders bei Geräten zur Elektrizitätserzeugung und -verteilung (69 Prozent) und Erzeugnissen des Maschinenbaus (20 Prozent) stiegen die Exporte in das asiatische Land.“

Aber Export ist immer nur die eine Seite der Bilanz: Was können sich andere aus sächsischer Produktion leisten?

Aber über die Stabilität der sächsischen Wirtschaft sagt eher das Verhältnis von Export und Import etwas aus. Vertreter der klassischen Ökonomie in Deutschland halten ja Exportüberschüsse immer noch für heilig, obwohl ein solches Ungleichgewicht auf Dauer die Märkte der Mitbewerber zerstören muss. Und das liegt nicht daran, dass die anderen zu viel kaufen, sondern Deutschland zu wenig einkauft. Und in Sachsen ist das nicht anders: 40,48 Milliarden Euro an Exporterlösen standen gerade einmal 24,41 Milliarden Euro für Importe gegenüber.

Export-und Importentwicklung, Sachsen 2018. Grafik: Freistaat Sachsen, Landesamt für Statistik
Export-und Importentwicklung, Sachsen 2018. Grafik: Freistaat Sachsen, Landesamt für Statistik

Mit den Worten der Landesstatistiker: „Einen neuen Höchstwert erreichten die sächsischen Importe mit einem Zuwachs um zwei Prozent auf 24,41 Milliarden Euro. Daran hat das Vereinigte Königreich einen entscheidenden Anteil. Die Importe aus dem vor dem EU-Austritt stehenden Inselstaat stiegen im Jahr 2018 um 46 Prozent auf 909 Millionen Euro. Besonders die Einfuhr von Personenkraftwagen und Wohnmobilen aus dem Vereinigten Königreich hat sich mit 331 Millionen Euro mehr als verfünffacht, Importe unspezifischer chemischer Enderzeugnisse erhöhten sich um 51 Prozent.“

Man sollte es wohl eher so formulieren: Das Ungleichgewicht im Handel mit Großbritannien hat sich 2018 wenigstens ein bisschen verringert: Waren im Wert von 2,338 Milliarden Euro, die Sachsen auf die Insel verkaufte, standen immerhin Waren im Wert von 909 Millionen Euro gegenüber, die Sachsens Wirtschaft dort einkaufte. Dieses Verhältnis ist im Handel mit den USA nicht viel besser (3,593 Milliarden zu 1,598 Milliarden), auch nicht gegenüber Frankreich (2,388 Milliarden zu 1,043 Milliarden) und auch nicht gegenüber China (6,719 Milliarden zu 1,422 Milliarden).

Natürlich muss ein Bundesland wie Sachsen nicht mit jedem einzelnen Land ein ausgeglichenes Handelsverhältnis haben. Aus der Tschechischen Republik kaufen Sachsens Unternehmen zum Beispiel mehr ein, als sie dorthin liefern. Aber in der Gesamtbilanz des Freistaats sollten sich Import und Export die Waage halten, was eben nicht nur bedeutet, dass Kaufkraft aus den anderen Ländern abfließt, wenn es nicht so ist. Das ist nur die Oberfläche.

Darunter brodelt etwas ganz anderes, nämlich die Tatsache, dass die Sachsen selbst sich zu wenig leisten können. Wenn auch oft nur stellvertretend über ihre Unternehmen und ihre Kommunen, die als Auftraggeber fungieren.

Verliert Sachsen mit Großbritannien seinen drittwichtigsten Außenhandelspartner?

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