Was wird nicht geschwärmt und geredet von umweltfreundlichem Verkehr in Sachsen. Gehört haben es alle Verkehrspolitiker schon, dass man den Verkehrsmix eigentlich ändern muss, damit er zukunftsfähig ist. Doch wenn es um das Geldausgeben geht für neue Verkehrsinfrastrukturen, tut man ganz amtlich und bleibt im alten Trott. Radverkehr ist auch in der Sächsischen Verkehrspolitik nur ein Randthema.

Zeit umzusteuern, fanden die Grünen. Ihre Fraktion im Landtag formulierte einen Antrag “Radverkehr in Sachsen fördern”. Am Dienstag, 24. April, gab es dazu im Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr im Sächsischen Landtag eine öffentliche Anhörung. Die Grünen fühlen sich durch die Stellungnahmen der Experten bestätigt. Es muss sich was ändern.

Das Fahrrad als Verkehrsmittel im Alltagsverkehr verzeichnete in den vergangenen Jahren auch in Sachsen erhebliche Zuwächse. Der Anteil der mit dem Fahrrad als Hauptverkehrsmittel zurückgelegten Wege stieg vor allem (aber nicht ausschließlich) in den sächsischen Ballungsräumen. Dresden hat mittlerweile einen Radwegeanteil am “Modal Split” von 16 Prozent erreicht, Leipzig von 14,4 Prozent, Coswig/Radebeul sogar 21,5 Prozent und Großenhain 20,9 Prozent.

Als eigene Sachverständige für die Anhörung hatte die Grünen-Fraktion Margit Haase, Referentin beim Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club Sachsen (ADFC), eingeladen. Sie erklärte: “Derzeit liegt der Radanteil in Sachsen bei knapp zehn Prozent. Im Haushalt sind allerdings nur 1,5 Prozent des Geldes im Bereich Verkehr für den Bereich Radverkehr vorgesehen. Um der Bedeutung des Radverkehrs in Sachsen gerecht zu werden, brauchen wir eine deutliche Erhöhung der Förderung.”

Doch das Gegenteil passiere, findet Eva Jähnigen, verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion: “Sachsen hat unter anderem die finanzielle Förderung für den Radwegeausbau im Jahr 2010 von sechs Millionen Euro auf vier Millionen Euro jährlich reduziert. In unserem Antrag setzen wir uns für Investitionen in die Radinfrastruktur von jährlich insgesamt 15 Millionen Euro ab 2013/14 ein.”Derzeit finden sich Radwege an weniger als 10 Prozent der überörtlichen Staatsstraßen in Sachsen. Das hemmt natürlich die Nutzung des Rades gerade im ländlichen Raum nicht unbeträchtlich. Es ist daher zwingend nötig, die Rad-Infrastruktur zu verbessern, erklärt die Abgeordnete.

“Wir fordern die Staatsregierung auf, die Radverkehrskonzeption für den Freistaat Sachsen fortzuschreiben und vor allen Dingen auch umzusetzen. Dabei wollen wir für Sachsen das Ziel festschreiben, den Anteil der mit dem Fahrrad zurückgelegten Wege auf 20 Prozent bis zum Jahr 2020 zu erhöhen”, sagt Jähnigen. Diese Forderung stieß auf breite Zustimmung der Sachverständigen.

In Großstädten wie Leipzig fordern sie eine Erhöhung des Radwege-Anteils am “Modal Split” auf 25 Prozent. Das entspricht auch den formulierten Zielen der Leipziger Verkehrsplanung, die eine Steigerung auf 17 Prozent im Jahre 2015 und auf 20 Prozent im Jahre 2020 vorsieht – langfristig dann auf 25 Prozent.

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Aber auch die aktuelle Bürgerumfrage zeigt: Solche Steigerungen sind nur zu schaffen, wenn das Radwegenetz weiter ausgebaut und für die eher vorsichtigen Verkehrsteilnehmer auch fühlbar sicherer wird.

“Ich sehe den Freistaat in der Pflicht, vor allem die Kommunen stärker zu unterstützen, um die Potentiale in Klein- und Mittelstädten zu heben. Hier lohnt ein Blick in andere Bundesländer, vor allem nach Nordrhein-Westfalen”, erläutert die Grünen-Abgeordnete. “Die Einrichtung einer Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise auf Landesebene wäre ein wichtiger Schritt auf dem Weg hin zu mehr Radverkehr in Sachsen.”

Doch wie das so ist: Derzeit mangele es für die Kommunen in Sachsen an verbindlichen, kompetenten Ansprechpartnern im Bereich Radverkehrsförderung im Verkehrsministerium.

Der Grünen-Antrag “Radverkehr in Sachsen fördern” (Drs. 5/7601): www.mobiles-sachsen.de/5125edd5.l

Vortrag der Sachverständigen Margit Haase, Referentin des ADFC: www.mobiles-sachsen.de/dd236e22.l

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