Für gewöhnlich starten die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) ihren Fahrplanwechsel im Dezember. Doch in diesem Jahr wechseln sie früher. Sie wollen ein zukunftsfähiges Pilotprojekt schon während des Leipziger Weihnachtsmarktes testen, der ja schon am 27. November beginnt. Der Fahrplan wechselt dieses Jahr zum 25. November, der erste Test-Tag mit den Wochenendänderungen ist der 1. Dezember.

Dann rollen auf drei Linien die Straßenbahnen der LVB testweise im 10-Minuten-Takt. Seit Einführung des neuen Liniennetzes gilt zwar überall der 10-Minuten-Takt für alle Bahnen – aber nur von Montag bis Freitag. Am Wochenende muss man bis jetzt Taktzeiten von 15, 20 oder gar 30 Minuten in Kauf nehmen. Doch die Welt verändert sich.

2010 wurde mit dem neuen Busliniennetz auch für die Busse werktags ein 10-Minuten-Takt eingeführt. Und seit 2011 ist klar, dass die LVB noch viel weiter gehen müssen in ihren Angeboten, wenn sie ihren Anteil am Leipziger Verkehrsaufkommen künftig auf sagenhafte 25 Prozent steigern wollen. Längst ist klar, dass es dazu nicht nur steigende Spritpreise braucht, die immer mal wieder aus gefrusteten Autofahrern neuen LVB-Kunden machen. Auch die Einführung von Seniorentickets bringt nur begrenzten Zuwachs. Der Hauptnachteil des ÖPNV ist oft das, was der Mensch – und nicht nur der Autofahrer – als Komfort versteht: einfache, bezahlbare Tarife, moderne Bahnen mit gepolsterten Sitzen, ein gut ausgebautes Liniennetz und flotte Verbindungen.

Nun nicht mehr nur an den fünf Tagen, die man noch landläufig Werktage nennt. Aber an den Wochenenden klappt in Leipzig niemand die Bürgersteige hoch. Immer mehr Leute arbeiten auch am Samstag, oft auch am Sonntag. Und selbst die LVB konnten feststellen, dass sich insbesondere an Samstagen ihre Straßenbahnen immer mehr füllten. Das liegt auch am reichen Freizeit- und Kulturangebot der Innenstadt, vom zunehmenden Shopping-Angebot ganz zu schweigen.Die zunehmenden Fahrgastzahlen sind das eine. Ob es sich finanziell aber auch trägt, ist eine andere Frage. Deswegen führen die LVB den 10-Minuten-Takt am Samstag vorerst nur auf drei Linien ein. Testweise, als Pilotprojekt für ein Jahr. “Wir beobachten, wie das angenommen wird. Danach entscheiden wir, wie wir weiter machen”, sagt Holger Flache, LVB-Geschäftsbereichsleiter Verkehrsmanagement. Denn ein zusätzliches Angebot kostet natürlich auch Geld. Bahnen hat man zwar genug. Der Wagenpark ist auf die Hauptlast an den Wochentagen ausgerichtet. Am Wochenende sind wesentlich weniger Bahnen unterwegs, die alten Tatrabahnen bleiben dann in der Regel sowieso im Depot.

“Für das Pilotprojekt kommen wir sogar mit unseren Niederflurbahnen hin”, sagt Flache. Da aber bei zusätzlichen Fahrten auch jemand am Steuer sitzen muss, heißt das natürlich, dass zwei neue Arbeitsplätze im Fahrerkontingent der LVB geschaffen werden. Das werden natürlich keine reinen Samstagsfahrer. Nur die Einsatzpläne werden sich etwas verschieben.

Auch die Zeit, in der die Bahnen im 10-Minuten-Takt fahren, ist am gemessenen Fahrgastaufkommen ausgerichtet von 10 bis 18 Uhr, dann, wenn samstags die meisten Fahrgäste unterwegs sind. Und dass es nun ausgerechnet die Linien 3, 4 und 12 sind, auf denen getestet wird, hängt schlicht damit zusammen, dass diese drei Linien so separat geführt sind, dass sie den Fahrtakt auf anderen Linien nicht beeinflussen. Flache lässt durchaus durchblicken, dass man auch über eine bessere Vertaktung der Linie 10 nachgedacht hätte. “Aber das hätte sofort auch einen 10-Minuten-Takt bei der Linie 11 nach sich gezogen”, sagt er.So wagemutig wollten die LVB nicht sein. Erst recht nicht, das Ganze gleich im ganzen Netz durchzuführen. “Das würden wir, wenn’s schief geht, finanziell nicht so einfach auffangen können”, sagt Ulf Middelberg, Sprecher der LVB-Geschäftsführung. Deswegen teste man lieber, beobachte übers Jahr, wie das Angebot genutzt wird – und will dann entscheiden, ob oder wie man weiter macht.

Testbegleitend wird es im März eine Fahrgastanalyse geben. Derzeit gehe man – so Holger Flache – von einem Zugewinn von 400.000 Fahrgästen aus.

Der erste Test-Tag ist – da der neue Fahrplan am Sonntag, 25. Dezember, in Kraft tritt, der 1. Dezember.

Noch drei andere wesentliche Änderungen bringt der Fahrplanwechsel mit sich:

Ab Sonntag, 25. November, verkehrt die Buslinie 70 von ihrer normalen Endstelle am Connewitzer Kreuz ein Jahr lang alle 30 Minuten bis Markkleeberg. Für diese Zeit fungiert der Bus Nr. 70 quasi als Ersatzverkehr für die S-Bahn, die aufgrund von Bauarbeiten bis Dezember 2013, wenn der Citytunnel endlich eröffnet wird, nicht über den östlichen Gleisring zum Hauptbahnhof verkehrt. Dort wird in dieser Zeit intensiv gebaut. Die S-Bahnen werden von Markkleeberg über Plagwitz westlich zum Hauptbahnhof umgeleitet.

Wer in die Nähe der S-Bahn-Stationen Leipzig-Ost, Anger-Crottendorf, Völkerschlachtdenkmal, Stötteritz und Connewitz gelangen will, kann dann mit seinem Bahnticket in Markkleeberg umsteigen. Das Bahnticket gilt auf der Linie 70 bis Stannebeinplatz auch als Fahrschein im Bus.

Deutliche Änderungen gibt es auf der Buslinie 74 E, die bislang von Stötteritz bis Schleußig fuhr. Da diese Linie auf ihrem östlichen Teil nach Stötteritz kaum frequentiert ist, wird sie dort eingekürzt. Neue östliche Endstelle ist das Technische Rathaus. Dafür endet sie künftig nicht mehr in Schleußig, sondern fährt bis Lindenauer Markt. Was natürlich damit zu tun hat, dass die Nachfrage in Lindenau gestiegen ist.

Und ganz ähnlich ist es in Schönefeld, das derzeit einen spürbaren Aufschwung erlebt. Deswegen endet die Buslinie 77 ab 25. November nicht mehr am Stannebeinplatz, sondern wird bis zum Fliederhof an der Rackwitzer Straße verlängert.

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