In den Beschlussvorlagen zur Verteilerebene und der Übernahme des Leipziger Teils 2006 im Leipziger Stadtrat waren Rolltreppen in der Mitte der neunstufigen Treppe auf der Verteilerebene zu sehen und auch textlich erwähnt. Gebaut wurden sie aber nicht. Wann flogen sie also aus den Plänen?

2006 beschloss der Stadtrat eindeutig, dass auf dem Leipziger Teil der Verteilerebene auch ein “Zugangsbauwerk zum Hauptbahnhofsgebäude (Umbau des bestehenden Bauwerkes) mit Anbindung durch zwei feste Treppen und zwei Fahrtreppen; verschließbar mit Schiebetor” gebaut werden sollte. Die Fahrtreppen sind auch im beigefügten Lageplan zum Beschluss zu sehen. Wann also wurden sie gestrichen? Und warum? 2006 waren sie noch dabei.

Das bestätigt auch Edeltraut Höfer, Leiterin des Verkehrs- und Tiefbauamtes der Stadt: “Der Beschluss des Stadtrates beinhaltet zum ersten die Übernahme der Verteilerebene und den Abschluss eines entsprechenden Vertrages und zum zweiten den Abschluss eines Vertrages zur Finanzierung der Anlagen. In den weiteren Erläuterungen zum Beschluss sind als Bestandteile auch die Fahrtreppen zwischen Verteilerebene und Anschlussbauwerk benannt.”

Sie betont aber auch: “Die in den Plänen verzeichneten Fahrtreppen sind keine behindertengerechten Anlagen, da sie weder mit Rollatoren und Rollstühlen benutzbar sind. Es ist also keine behindertengerechte Anlage entfallen.”

Aus Sicht der Stadt Leipzig gilt: “Alle Bereiche der S-Bahn-Station Hauptbahnhof, des Hauptbahnhofs selbst sowie des Einkaufszentrums im Hauptbahnhof sind barrierefrei erreichbar, entweder ebenerdig oder über Aufzüge.”

Die geplanten Fahrtreppen wurden gestrichen, als die Stadt selbst mit einigen nicht geplanten Kosten auch in ihrem Anteil an den Baumaßnahmen zum City-Tunnel konfrontiert wurde.Edeltraut Höfer: “Mit erstmaligem Bekanntwerden der Kostensteigerungen im Projekt City-Tunnel Leipzig im Sommer 2006 wurde es auch für die Stadt Leipzig erforderlich, über Einsparpotenziale nachzudenken, da im städtischen Haushalt keine Mittel für etwaige Kostensteigerungen eingeplant waren. Zwar gab es keine Hinweise darauf, dass die damals benannten Kostensteigerungen die Stadt Leipzig betreffen könnten, jedoch stand fest, dass zum Beispiel die in Rede stehenden Fahrtreppen zu 100 Prozent von der Stadt zu finanzieren sind. Zu diesem Zeitpunkt waren die Entwurfs- und Genehmigungsplanung bereits abgeschlossen und wesentliche Teile des Rohbaus waren bereits hergestellt. Gleichzeitig wurde Anfang 2007 erkannt, dass einige Planungsergänzungen vorzunehmen sind, welche durch die Stadt Leipzig zu tragen sind. Dafür stehen im städtischen Haushalt jedoch keine Finanzmittel zur Verfügung. Diese Planungsergänzungen umfassen das Blindenleitsystem im Personentunnel, die Installation eines Wegeleitsystems inklusive der Informationen zum Betrieb von Straßenbahn und Bus an der Oberfläche und einige Details, die Verbesserungen bei Betrieb und Unterhaltung des Personentunnels zur Folge haben. Zur Minderung des Kostenrisikos an der Verteilerebene insgesamt und zur Finanzierung der Planungsergänzungen wurden die Fahrtreppen aus der Planung herausgelöst und lediglich die rohbauseitigen Vorkehrungen getroffen, da Fahrtreppen lediglich ein Komfortmerkmal sind und nicht der Barrierefreiheit dienen. Die zu überwindende Höhe beträgt zwischen Fußgängertunnel und Anschlussbauwerk 1,52 Meter.”

Auch die Summe ist bezifferbar, die mit diesem Federstrich frei wurde. Edeltraut Höfer: “Durch den Verzicht auf das Komfortmerkmal Fahrtreppen konnten 416.000 Euro geplante Kosten eingespart werden.”

Natürlich drehte sich die Diskussion nach Eröffnung der Verteilerebene Anfang August nicht um mehr oder weniger Komfort, sondern um den direkten barrierefreien Übergang von der Verteilerebene (die problemlos mit Fahrstühlen erreicht werden kann) zum tiefer gelegenen Übergang in den Hauptbahnhof bzw. die Promenaden Hauptbahnhof. Diesen Übergang behindert die neunstufige Treppe unübersehbar.

Wie gedenkt die Stadt jetzt mit dem Thema umzugehen? – Edeltraut Höfer: “Die Stadt Leipzig als zukünftige Eigentümerin des Personentunnels und des Anschlussbauwerkes ist für die Finanzierung verantwortlich. Aktuell werden Gespräche mit der Betreiberin der Promenaden Hauptbahnhof Leipzig (ECE) und mit dem Behindertenverband Leipzig geführt. Weitere Gespräche mit dem Bahnhofsmanagement des Leipziger Hauptbahnhofs werden noch angestrebt. Ziel ist die Abstimmung und gegenseitige Information über das weitere Vorgehen und die Einwerbung von finanziellen Mitteln für eine noch zu findende technische Verbesserung. Dafür wurden bereits grundsätzliche Lösungsmöglichkeiten benannt, die es nun gilt, näher zu untersuchen. Mit Vorliegen der Untersuchungsergebnisse und mit Vorliegen der finanziellen Mittel dafür kann ein Beschluss zur Realisierung herbeigeführt werden.”

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