Es sind nicht unbedingt nur die Leipziger Parteien und Fraktionen, die ab und zu die Dinge durcheinander hauen. Oft genug ist es auch die Leipziger Verwaltung. Und dann in der Regel nicht ganz zufällig. Oft wohl in der stillen Hoffnung, dass es keiner merkt. So auch geschehen bei einer Vorlage des Dezernats Stadtentwicklung und Bau, die in der Ratsversammlung am Mittwoch, 11. Dezember, abschließend behandelt werden soll.

Sie heißt ganz unverfänglich “Übertragung der Aufgabenträgerschaft grenzüberschreitender Buslinien, Zusatzfestlegung zum Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrag” und betrifft im Wesentlichen den Übergang von 70 Prozent der Verkehrsdienstleistungen, die bislang die LVB-Tochter Leobus im Landkreis Leipzig abgedeckte, an die dem Landkreis gehörende Personenverkehrsgesellschaft Muldental (PVM) zum Fahrplanwechsel am 15. Dezember 2013. Ein Vorgang, der – nach intensiven Verhandlungen – wohl recht reibungslos funktionieren soll, wie LVB-Geschäftsführer Ulf Middelberg erklärte. Auch der Übergang von Bussen und Fahrpersonal von Leobus zur PVM sei gegen einen gerechten Finanzausgleich geregelt.

Geändert werden muss eigentlich nur noch der Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrag zwischen den Leipziger Verkehrsbetrieben (LVB) und der Stadtholding Leipziger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft (LVV). Dazu hat das Planungsdezernat fünf Paragraphen formuliert, die sich alle mit den “grenzüberschreitenden Verkehren” beschäftigen. Die gibt es nach wie vor. Jene LVB-Linien, die aus dem Leipziger Stadtgebiet in den Landkreis führen, werden weiter von Leobus betrieben.

Aber unten drunter steht noch ein sechster Paragraph, der es in sich hat und deutlich weiter geht. Im Volltext:

“Die Ratsversammlung stimmt der Zusatzfestlegung zum Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrag zu. In Abstimmung mit der LVV und der LVB soll der Maximalbetrag von 45 Mio. ? für die Jahre 2013 und 2014 entsprechend § 2 Abs. 4a fortgeschrieben werden. Unabhängig davon wird für die Laufzeit der Zweckvereinbarung zur Übertragung der Aufgabenträgerschaft für grenzüberschreitende Buslinien der Gesamtfinanzierungsbetrag gemäß § 2 Abs. 4b erhöht. Als Zuschussbetrag wurden mit dem Landkreis Leipzig 1.346.773,28 ? und mit dem Landkreis Nordsachsen 258.865,83 ? vereinbart. Sofern die Finanzausstattung der Stadt Leipzig gemäß § 5 Abs. 2 der Zweckvereinbarung angepasst wird, wird auch dieser Betrag angepasst. Die nächste Evaluation des Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrags wird einschließlich der Fortschreibung der Finanzierungsbeträge für die Jahre ab 2015 im Zusammenhang mit der Fortschreibung und etwaigen Anpassung des Nahverkehrsplans erfolgen.”Man will also mit dem Beschluss zu den veränderten Bus-Beauftragungen auch gleich mal die 45-Milionen-Euro-Unterstützung für die LVB festschreiben bis 2014 und das einfach so durchwinken, obwohl seit dem Sommer und der deftigen Fahrpreiserhöhung im August die Diskussion um die Finanzausstattung der LVB nicht abreißt. Die Grünen haben für den Haushalt 2014 sogar 5 Millionen Euro extra beantragt, damit die LVB überhaupt ein paar neue Straßenbahnen kaufen kann – ein Antrag, den OBM Burkhard Jung gleich mal wegen Unbezahlbarkeit abgelehnt hat.

Umso seltsamer ist jetzt diese Vorlage, die zwar schon im Juli in der Dienstberatung vorlag, in den Ausschüssen des Stadtrates aber erst seit Oktober behandelt wird. Seit September hängt auch noch eine “Eilbedürftigkeit” dran. Da heißt es: “Die hier zu beschließende Neuordnung der kreisgrenzenüberschreitenden Buslinien sowie des Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrages soll zum 01.01.2014 wirksam werden. Ohne diesen Beschluss werden vom Landesamt für Straßenbau und Verkehr des Freistaates Sachsen keine Genehmigungen für diese Buslinien erteilt. Um einen ordnungsgemäßen Betriebsstart zu ermöglichen, ist ein kurzfristiger Beschluss erforderlich. – Die Eilbedürftigkeit ist erforderlich, da erst mit Schreiben vom 05. September 2013 Einigkeit
mit dem Landkreis Leipzig zur Zuschusshöhe für die grenzüberschreitenden Busleistungen erreicht werden konnte. Des Weiteren ist die Unbedenklichkeitsbetätigung des Finanzamtes bezüglich der Erweiterung des Verkehrsleistungsfinanzierungsvertrages (VLFV) im Zusammenhang mit der Übertragung der Aufgabenträgerschaft für gebietsüberschreitende Verkehrsleistungen ab dem 01.01.2014 erst am 12.09.2013 eingegangen. Diese Bestätigung war jedoch für das vorgeschlagene Verfahren dringend erforderlich.”

Dass die Verwaltungsspitze mit dieser Umorganisation aber auch gleich noch den Förderbetrag für die LVB festnageln will, findet zumindest die SPD-Fraktion seltsam. Am 5. Dezember gab sie deshalb einen Änderungsantrag für diesen ganz speziellen Punkt 6 ins Verfahren. Sie stellt zwar die 45 Millionen Euro nicht in Frage, obwohl der Betrag sichtlich nicht ausreicht, um innerhalb der LVB die wichtigen Investitionen zu realisieren.

Aber sie formuliert einen weiteren Beschlusspunkt: “Der Oberbürgermeister wird beauftragt, bis Ende zweites Quartal 2014 ein Konzept zur Finanzierung des ÖPNV in der Stadt Leipzig zu erstellen. Dabei sind der gültige Nahverkehrsplan der Stadt Leipzig und der Investitionsbedarf entsprechend der Planung der LVB besonders zu berücksichtigen.”

Denn man kann die auf Mindestmaß geschrumpfte Förderung (2010 waren es noch 50 Millionen Euro) nicht einfach festschreiben, ohne zu klären, wo das fehlende Geld herkommen soll. Denn genug Stadtratsbeschlüsse, was die LVB alles zu leisten hat, gibt es ja. Nur die Finanzierung fehlt. Das Ergebnis ist dann jedes Jahr im Dezember die Nachricht, die Ticketpreise würden im Folgejahr steigen. So ja auch in diesem Dezember. Der Fahrgast soll zahlen, wo Politik Schmalkost kocht.

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