Rot-Grün hatten sich 2002 noch was gedacht, als sie den Wettbewerb im deutschen Schienennetz eröffneten. Da, wo der bisherige Monopolist, die Deutsche Bahn, keine Anreize mehr sah, eine attraktive Strecke im Betrieb zu halten, sollten Privatanbieter zum Zuge kommen. Doch so recht verdaut hat die deutsche Politik das Thema nicht. Sonst hätte Schwarz-Gelb nicht 2012 noch einen Billigkonkurrenten daneben gesetzt: die Fernbusse.

Die machen nun seit anderthalb Jahren nicht nur der Bahn zu schaffen und machen ihr Fahrgäste abspenstig. Sie haben auch die Preise auf den Städteverbindungen kannibalisiert – und zwar zum großen Teil in einem nicht kostendeckenden Segment. Dutzende Unternehmer sind erst einmal mit “Kampfpreisen” ins Geschäft eingestiegen. Wer das gegenseitige Unterbieten nicht mehr aushielt, hat seinen Betrieb inzwischen auch wieder eingestellt.

Aber der Wettstreit der Billiganbieter hat auch das Geschäftsmodell der Privatbahnen angegriffen. Das Unternehmen Veolia, das mit dem InterConnex quasi das Vorzeigeprojekt einer bezahlbaren Fernverkehrsverbindung betrieb, hat jetzt zum Jahresende die Einstellung des InterConnex auf der Strecke Rostock – Berlin – Leipzig angekündigt.

“Das Ende des InterConnex ist eine tiefgreifende Zäsur, denn faktisch ist dies das vorläufige Ende des Wettbewerbs im Schienenfernverkehr in Deutschland. Auch der private Anbieter HKX hat sein Angebot zwischen Köln und Hamburg auf nur zwei Zugpaare zusammengestrichen und setzt stärker auf Kooperation mit der DB”, erklärt dazu Stephan Kühn, sächsischer Bundestagsabgeordneter und Sprecher für Verkehrspolitik der Grünen Bundestagsfraktion. “Verkehrspolitisch stellt sich die Frage, warum der Wettbewerb im Fernverkehr auf der Schiene nicht in Schwung kommt. Gerade als preisgünstige Alternative zu den DB-Zügen und Treiber für einen besseren Service wünschen sich Fahrgäste andere Anbieter im Fernverkehr.”

Aber an dieser Stelle hat auch 12 Jahre nach der Liberalisierung die Bahn den Daumen drauf.

Kühn: “An erster Stelle stehen die hohen Trassenpreise – also faktisch eine Schienenmaut, die alle privaten Bahnen zu entrichten haben. Für die Fahrt von Leipzig an die Ostsee werden beim InterConnex pro Richtung 1.700 Euro fällig.”

Eine vergleichbar hohe “Maut” müssen die Fernbusse nicht zahlen.

“Wir brauchen dringend eine wirksame Regulierung von Trassenpreisen und Stationsgebühren. Es kann nicht sein, dass die DB nach Gutdünken die Preise für die Nutzung der bundeseigenen Schieneninfrastruktur festlegen kann”, stellt Kühn fest. “Das Drehen an der Preisschraube folgt im DB-Konzern dem Prinzip ‘linke Tasche, rechte Tasche’ – was bei DB Fernverkehr an höheren Ausgaben fällig wird, führt bei DB Netz zu höheren Einnahmen. Die Wettbewerber müssen Preissteigerungen bei der Infrastruktur dagegen auf ihre Kunden abwälzen: Höhere Fahrpreise sind die Folge.”

Und nicht nur das bringt das ganze System in Schieflage. “Auch zwischen den Verkehrsträgern muss endlich fairer Wettbewerb einziehen”, fordert Kühn. “Wir dürfen unsere Fernstraßen den privaten Fernbusbetreibern nicht länger zum Nulltarif zur Verfügung stellen: Die Busmaut ist überfällig.”

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