Vielleicht wird ja eine gut gelaunte Verwaltung der Freibeuter-Fraktion erläutern, wie das ist mit dem STEP Verkehr und den Maßnahmen, die drinstehen oder eben auch nicht. Denn die wirklichen Umsetzungsmaßnahmen im Leipziger Verkehr stehen woanders: im Radverkehrsplan, im Nahverkehrsplan, im Lärmaktionsplan oder auch im Luftreinhalteplan. 2009 hat Leipzig den letzten Luftreinhalteplan beschlossen. Nur dummerweise hat er nicht richtig funktioniert. Ein Thema für SPD- und CDU-Fraktion.

Auch wenn sie sich nicht auf den Luftreinhalteplan selbst beziehen in ihrem gemeinsamem Antrag „Verkehrsleitsystem – Maßnahmen zur Begrenzung der Schadstoffbelastung“. Aber um den geht es natürlich jetzt wieder, seit die Dieselaffäre die Gemüter erhitzt und Leipzig die EU-Grenzwerte nicht einhält. Trotz des 2009 beschlossenen Lufteinhalteplans, den die Stadt ja bekanntlich kurz vor Beschlussfassung noch einmal kassieren musste, weil die darin aufgelisteten 48 Maßnahmen nicht kurzfristig zu Ergebnissen führen würden. Deswegen kam als Nr. 40 ganz schnell noch die Umweltzone hinein.

Ob die etwas genützt hat oder nicht, werden wir in den nächsten Tagen erfahren, wenn uns Wissenschaftler wieder neue Daten dazu präsentieren. Gewirkt hat sie natürlich. Vor allem die gefährlichen Rußpartikel aus den Motoren wurden deutlich minimiert. Sie sind die wirklich gefährlichen Bestandteile im Feinstaub. Die Feinstaubbelastung ist übrigens auch gesunken – das belegen die beiden Messstellen am Hauptbahnhof und in der Lützner Straße.

Dafür hat die Stadt an anderer Stelle eine gewaltiges Problem

Bei den Stickoxiden, die zum größten Teil alle aus den Motoren von Dieselfahrzeugen stammen. Eine Klage der Deutschen Umwelthilfe konnte Leipzig bislang zwar vermeiden. Aber schon 2015 wies Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal darauf hin, dass nicht eingehaltene Grenzwerte auch in einzelnen Straßen die Anwohner zu Klagen berechtigen. Ein Anwohner der Harkortstraße hat das ja bekanntlich mit Erfolg durchgezogen und ein Durchfahrtverbot für Lkw durch die Harkortstraße erzwungen.

Deswegen wird der Luftreinhalteplan seit 2015 überarbeitet. Noch so ein Plan, der irgendwo im Verfahren steckt. Wer den Anhang liest, sieht, wie viele Hauptstraßen in Leipzig bei Stickoxiden dauerhaft den Grenzwert von 40 μg/m³ bei Stickoxiden überschreiten. Die Harkortstraße tauchte dort mit 55 μg/m³ auf. Die Innere Jahnallee, mit der wir uns in Kürze eingehender beschäftigen werden, wurde mit 56 μg/m³ gemessen.

Eigentlich ist es logisch: Wo sich der motorisierte Verkehr drängt und ballt, entstehen auch erhöhte NOx-Konzentrationen. Ähnliche Werte erreichen zum Beispiel die Hermann-Liebmann-Straße in Volkmarsdorf (59), die Friedrich-Ebert-Straße an der Jahnallee (55), die Jahnallee an der Arena (59), die Wurzner Straße (56) oder die Käthe-Kollwitz-Straße (53).

SPD-und CDU-Fraktion greifen im Grunde auf zwei Maßnahmen aus dem Luftreinhalteplan von 2009 zurück, wenn sie jetzt beantragen:

„Der Oberbürgermeister wird beauftragt, notwendige Vorkehrungen zu treffen, dass die Stadt die im aktuellen Dieselgipfel ausgehandelten Fördermöglichkeiten für die Kommunen nutzen kann. Diese Fördermittel sollen u. a. für folgende Vorhaben genutzt werden:

Weiterentwicklung des digitalen Verkehrsleitsystems, um dadurch eine Verkürzung und Optimierung von Fahrzeiten für MIV, Wirtschaftsverkehr und ÖPNV mit dem Ziel einer Minimierung der Schadstoffbelastung in Leipzig zu erreichen;

Beschleunigung der Umrüstung der Busse der LVB sowie der Dieselfahrzeuge der Stadt Leipzig und ihrer Eigenbetriebe auf höhere Abgasnormen sowie der Anschaffung von elektrisch betriebenen Bussen.“

Den Vorstoß begründen die beiden Fraktionen so: „Eine Vielzahl von Akteuren, besonders des Wirtschaftsverkehrs und der Stadt Leipzig mit ihren Unternehmen, ist noch auf die Nutzung von Dieselfahrzeugen angewiesen. Um diese Nutzung für die Allgemeinheit erträglich zu machen, sollen die angekündigten Fördermittel des aktuellen Dieselgipfels gezielt zum Einsatz kommen. In diesem Zusammenhang ist die schon geplante und beschlossene Optimierung des Verkehrsleitsystems um weitere relevante Steuerungselemente zu erweitern, die einer Verflüssigung und zielgerechteren Steuerung des Verkehrs dienen können.“

Im Luftreinhalteplan lautete der erste Punkt noch „Ergänzung/Erneuerung der Fahrzeugflotte für den ÖPNV bei der LVB durch die Beschaffung von Hybridbussen ab 2011 bis 2015“. Die LVB haben die teuren Hybriden auch gekauft – aber die bringen nicht tatsächlich die erwartete Treibstoffersparnis, rechnen sich also nicht. Deswegen würde man dort gern die geplanten 90 neuen Busse ab 2020 als reine Elektrobusse kaufen. Wenn das möglich und bezahlbar ist.

Und der zweite Vorschlag las sich 2009 noch so: „Anschaffung eines neuen Verkehrsrechners und Implementierung in das bestehende Verkehrsmanagementsystem ab 2008“. Die IHK nennt das Leipziger Verkehrsleitsystem „von der Zeit überholt“. Es gibt längst intelligente Steuersysteme, die tatsächlich in der Lage sind, das Verkehrssystem einer ganzen Stadt so zu steuern, dass die besten Durchflussergebnisse erreicht werden.

Das Aber fällt einem natürlich auch sofort ein

Denn diese Steuerung ist zwingend auf die Mitarbeit der Autofahrer angewiesen, denn dann werden elektronische Sichtanzeigen im Straßennetz auftauchen, die optimale Fahrgeschwindigkeiten angeben und Kraftfahrer auch gezielt auf andere Routen umleiten, wenn diese ein bestimmtes Ziel im Stadtgebiet ansteuern. Dann geht eben nicht mehr jede Fahrt durch das Nadelöhr City-Ring.

Die Frage ist nur: Lassen sich Kraftfahrer das gefallen? Oder nehmen sie das wirklich als Unterstützung an? Elektronisch ist heute vieles möglich. Das Problem ist meist der sehr chaotisch handelnde Mensch.

Grüne beantragen Absetzung der Petition zur Karl-Tauchnitz-Straße in der heutigen Ratsversammlung

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