Während der Senat von Berlin, genauer dessen Verkehrsverwaltung, mit den Countdown-Ampeln Fußgängerinnen und Fußgänger zum beschleunigten Überqueren der Fahrbahn an Fußgängerampeln nötigen will, soll Leipzig einen anderen Weg gehen. Nachdem der Stadtrat im September 2021 bereits beschlossen hatte, die Benutzerfreundlichkeit von Bedarfsampeln zu verbessern, setzt nun die Fraktion „Die Linke“ mit dem Antrag „Fußgängerfreundliche Ampeln“ in Antragspunkt 3 den Fokus auf die sogenannte Räumzeit, das heißt auf die Zeit, in der die Fußgängerampel schon Rot zeigt, der Kfz-Verkehr aber noch nicht fahren darf.

Im Einzelnen betrachtet, stellen die vier Antragspunkte eine Verbesserung für zu Fuß gehende Menschen, besonders für ältere oder mobilitätseingeschränkte Menschen, dar.

Der Linke-Antrag „Fußgängerfreundliche Ampeln“.

Franziska Riekewald, verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion „Die Linke“ äußerte sich wie folgt zum Antrag: „Wir alle gehen zu Fuß, ob nun die gesamte Strecke bis zum Ziel oder eben ‚nur‘ zum Auto, Straßenbahn oder Fahrrad. Von sicheren und einladenden Fußwegen profitieren daher alle. Wir möchten als Linke dafür sorgen, dass der Fußverkehr an Attraktivität gewinnt. Wir wollen mit unserem Antrag erreichen, dass es zum Standard wird, dass man Straßen in einem Zug überqueren kann. Das muss auch für Straßen mit einer Unterteilung gelten.

Wir möchten auch, dass es für alle Leipzigerinnen und Leipziger möglich ist, komfortabel eine Straße an einer Ampel zu überqueren. Auch ältere Menschen oder Menschen mit Geheinschränkungen sollten ohne Schweißperlen die Möglichkeit haben, die Straße zu überqueren.“

Schauen wir uns den Antrag im Detail an.

Kreuzungen mit Mittelinsel

Hier muss man, mit Einschränkungen, die Beschlusspunkte 1 und 2 gemeinsam betrachten. Punkt 1 ist klar, es sollen bei Neubau oder Erneuerung von Lichtsignalanlagen (LSA) nur noch solche gebaut werden, bei denen die Straße, auch bei vorhandener Mittelinsel, in einem Zuge überquert werden kann.

Ein Negativbeispiel, wie die Überquerung des Martin-Luther-Rings von der Propsteikirche kommend Richtung Neues Rathaus, wo es unmöglich ist, nicht auf der kleinen Insel am Straßenbahngleis warten zu müssen, sollte dann Geschichte sein.

Die begründeten Einzelfälle aus Punkt 2 erschließen sich nur für solche Übergänge. Für einen Übergang ohne Mittelinsel sind sie obsolet. Hier ist eventuell noch etwas Textarbeit am Antrag erforderlich.

Verlängerung der Räumzeit

Die Neuberechnung der Räumzeit, also der Zeit, in der die Fußgängerampel schon Rot zeigt, der Kfz-Verkehr aber noch nicht fahren darf, mit dem Faktor 1 m/s, statt dem Standard von 1,2 m/s, macht die Überquerung an der Fußgängerampel gerade für ältere oder mobilitätseingeschränkte Menschen sicherer. Es ist zwar auch dann noch möglich, dass sich Menschen auf der Fahrbahn befinden, wenn der Kfz-Verkehr Grün hat, es wird aber seltener geschehen.

Angebotsqualität der LSA

Hier soll ein Relikt der autozentrierten Politik vergangener Jahre aufgehoben werden. Wird bisher die Angebotsqualität der LSA hauptsächlich für den Kfz-Verkehr berechnet und ausgewiesen, so soll dies künftig für alle Verkehrsarten gemacht werden.

Kreuzungen mit Diagonalquerung

Während Berlin die sechswöchige Testphase der Kreuzung Friedrichstraße/Kochstraße nach 23 Jahren, unter Protest des Fußgängerverband Fuss e. V., beenden will, wünscht die Fraktion „Die Linke“ ein Pilotprojekt für eine solche Kreuzung.

Die Kreuzung mit Diagonalquerung, auch „Rundum Grün Ampel“, „Alle Gehen Kreuzung“ oder nach der bekanntesten ihrer Art „Shibuya Ampel“ genannt, ist korrekt implementiert eine besonders fußgängerfreundliche Verkehrsleiteinrichtung.

Alle Fußgängerampeln schalten gleichzeitig auf Grün, es gibt zusätzliche Ampeln in der Diagonale der Kreuzung, somit können Fußgänger ohne Zwischenhalt an einer roten Ampel jede Straßenseite erreichen, auch diagonal über die Kreuzung.

In dieser Zeit haben alle Kraftfahrzeuge Rot, wenn wiederum die Kraftfahrzeuge fahren, haben alle Fußgängerampeln rot. Diese Art von Verkehrsleiteinrichtungen hat Vor- und Nachteile, nicht jede Kreuzung ist geeignet, aber es sollte den Versuch lohnen.

Fazit: Ampel fußgängerfreundlicher zu gestalten, ist auch in Leipzig dringend erforderlich. Wir werden beobachten, was bei diesem Antrag herauskommt.

Der Beitrag entstand im Rahmen der Workshopreihe „Bürgerjournalismus als Sächsische Beteiligungsoption“ – gefördert durch die FRL Bürgerbeteiligung des Freistaates Sachsen.

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Es gibt 2 Kommentare

@Mimi, es geht bei der Berechnung um die “Räumzeit”, d.h. die Zeit, in der die Fußgängerampel schon Rot zeigt, der Kfz-Verkehr aber noch nicht fahren darf, mit dem Faktor 1 m/s, statt dem Standard von 1,2 m/s. So steht es auch im Artikel, es geht nicht um die Dauer der Grünphase.
Dass die von Ihnen genannten Kriterien bei einer evt. Einrichtung einer “Rundum -Grün-Ampel” beachtet werden, halte ich für selbstverständlich.

Imporieren wir nur weitere Probleme aus der Hauptstadt. Haben ja sonst keine eigenen.
Ein Rechenbeispiel zur Fußgängerinsel:
Angenommen Seniorinnen sind 17 % langsamer (1 m/s zu 1.2 m/s), und weiter angenommen eine Grünphase reiche, bei Geschwindigkeiten von 1,2m/s, exakt zum Überqueren der gesammten Fahrbahn, dann sollte jeder der mit nur 1 m/s unterwegs ist, in der selben Zeit (also einer Grünpahse) 83% der Überquerung bewältigt haben. Bei einer durchschnittlichen zwei-Spurigen Straße fehlte ergo noch knapp ein Metter bis zum rettenden Bordstein (vorrausgesetzt Sie hätten wirklich nur ca. 7 Sekunden für die Passage). Wer soll da bitte auf der neu geschaffenen Verkehsinsel ausharren? In der StVO steht nichts davon, dass bei Ende der Fußgänger-Phase sofort alle auf der Fahrbahn verbliebenen Rentner umzunieten sind. Ein Zwischestopp auf der Fahrbahnmitte lohnt sich unter den o.g. Annahmen erst ab 0,6m/s (ca. 2.2 km/h) oder weniger.
Und die “Rundum Grün Ampel” lohnt sich für Fußgänger auch nur, wenn wirklich die Möglichkeit zur diagonalen Querung besteht. Viel Spaß dabei den Rollator durch das Gleisbett der Starßenbahn zu schieben.
M.E. nach ein teurer Spaß um ein Problem zu lösen das wir vielleicht nie hatten.

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