Radfahren und Zufußgehen in Leipzig fühlen sich größtenteils noch immer so an wie vor 20 Jahren. Man fühlt sich eher im Straßenraum geduldet als erwünscht. Ein Gefühl, das spätestens an der nächsten zu kreuzenden Straße immer stärker wird, wo der motorisierte Verkehr ganz automatisch seine Grünphasen bekommt, Radfahrer/-innen und Fußgänger/-innen aber bitteschön erst einmal ihren Bedarf zum Überqueren der Straße anmelden müssen. In der Regel bekommen sie dann die übernächste Phase zum Queren gegönnt. Da muss sich was ändern, beantragen jetzt die Freibeuter.

Mit einem Antrag schlägt die Fraktion Freibeuter im Leipziger Stadtrat jetzt vor, die Bedarfsampeln in der Stadt Leipzig hinsichtlich der Dauer der Grünphase und der Wartezeit bis zur Grünphase für Fuß- und Radverkehr zu überprüfen.Eigentlich sollen Bedarfsampeln mit Anforderungsschalter dem Fuß- und Radverkehr eine sichere Querung von Straßen gewähren und dabei den Verkehrsfluss nur bei Bedarf unterbrechen. Was natürlich dann Sinn ergibt, wenn eher selten mal Leute auftauchen, die an einer stark befahrenen Straße queren wollen. Aber in Leipzig stehen diese Bedarfsampeln auch an stark befahrenen überregionalen Radwegen, die die Stadt queren.

Ergebnis – gerade an sonnigen Wochenenden: Die Menschen stauen sich mit Rad und Kinderwagen an der Ampel und verstopfen dabei gleich noch die parallelen Fußwege. Der umweltfreundliche Verkehr wird regelrecht ausgebremst und das – wie am Klingerhain – ausgerechnet an einer engen Stelle, an der es auf beiden Seiten zu massiven Konflikten für die querenden Radfahrer und Fußgänger kommt. Komfortabel ist das nicht, übersichtlich schon gar nicht.

„Wer eine Bedarfsampel bedient, begehrt eine zeitnahe Querung der Straße. Unnötige Wartezeiten nötigen zu Fuß Gehende und Radfahrende zu Rotlichtverstößen“, kommentiert das der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Freibeuter im Leipziger Stadtrat Thomas Köhler (Piraten). „Im Sinne der Sicherheit des Fuß- und Radverkehrs gilt es Wartezeiten auf die Grünphase zu verkürzen.“

Köhler macht darüber hinaus deutlich, dass nicht nur Wartezeiten auf die Grünphase problematisch sind. „Auch zu kurze Grünphasen für Fuß- und Radverkehr stellen insbesondere für Kinder und Senioren eine Gefahr dar. Sie schaffen es oft nicht, rechtzeitig die gegenüberliegende Straßenseite zu erreichen“, sagt Köhler, der seine Fraktion im Fachausschuss Stadtentwicklung und Bau vertritt.

Problematische Beispiele sind im Antrag der Freibeuter gleich aufgeführt: „Ein Beispiel ist die Bedarfsampel Ratzelstraße, Höhe LVB-Haltestelle Ratzelbogen. Hier herrscht reger Verkehr von zu Fuß Gehenden, die die Haltestelle aus Richtung Mannheimer Straße erreichen wollen. Die Bedarfsampel schaltet, nach Betätigung des Anforderungsschalters, nach 2 bis 7 Minuten auf Grün für den Fußverkehr. Bei einem 5-Minuten-Takt der Straßenbahnen in den Hauptverkehrszeiten  bedeutet das, dass man zwei Bahnen beim Vorbeifahren zusehen kann. Das animiert zu Fuß Gehende verständlicherweise zu Rotlichtverstößen.“

Weitere kritische Bedarfsampeln sind aus Sicht der Freibeuter die Fußgängerampel an der Zschocherschen Straße, Haltestelle Henriettenstraße, die an der Wundtstraße (zwischen Mahlmannstraße und Karl-Tauchnitz-Straße) mit einer extrem kurzen Grünphase für zu Fuß Gehende und die an der Lützner Straße, kurz nach der Einmündung der Odermann- bzw. Josephstraße.

„Die Aufzählung ließe sich fortsetzen“, sagt Köhler.

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Es gibt 8 Kommentare

>Betteln ist etwas, bei dem man andere Leute um etwas bittet oder sie auch nötigt, einem selbst freiwillig etwas zu geben, wofür man im weitesten Sinne nichts getan hat, außer anwesend zu sein und die Bitte auszusprechen.
Eine korrekte Funktion vorausgesetzt, wird eine Bedarfsampel aber immer reagieren, man kann sich also darauf verlassen Grün zu bekommen.

Wäre “Bitte-Bitte-Ampel” aus Ihrer Sicht legitim?

Um Ihre Vermutungen zu bremsen: die Bezeichnung Bettelampel würde ich auch nicht inflationär für Feldwege benutzen, wo ein “Bedarf” von drei Personen pro Stunde besteht. Ich habe ebenso kein Bedürfnis, mich in eine Opferrolle zu begeben. Manchmal braucht es aber ein Wort, mit dem man prägnant einen Missstand beschreiben kann. Das kann ein kleines bisschen “drüber” sein, ist dann aber Mittel zum Zweck.

An einer zentrumsnahen Hauptstraße wie der Delitzscher Straße von einer “Bedarfs”ampel zu reden, ist eher beschönigend. Wie würden es denn Autofahrer nennen, wenn Sie dort zu 100 Prozent zuerst Rot hätten? “Bittsteller-Ampel”?

>Und zweitens gibt es doch ganz viele Beispiele in Leipzig, wo es ein separates Lichtzeichen für rechts abbiegende und geradeaus fahrende Leute gibt.

Habe ich behauptet, dass es allgemein nicht funktioniert? Nein. Ich habe einfach ein Negativbeispiel für eine neue “Bedarfs”ampel genannt inklusive Grund, wo sich das VTA scheinbar nicht anders zu helfen wusste. Sollte ich zum Ausgleich etwa noch alle Kreuzungen nennen, bei denen es gut läuft?

Das sollte sich einfach in Zukunft nicht wiederholen. Ein Fünkchen Hoffnung, dass es einige lesen, war mit dabei.

> Deswegen wird sowas zurecht „Bettelampel“ genannt.

Betteln ist etwas, bei dem man andere Leute um etwas bittet oder sie auch nötigt, einem selbst freiwillig etwas zu geben, wofür man im weitesten Sinne nichts getan hat, außer anwesend zu sein und die Bitte auszusprechen.
Eine korrekte Funktion vorausgesetzt, wird eine Bedarfsampel aber immer reagieren, man kann sich also darauf verlassen Grün zu bekommen. Ja, an der Funktion hapert es gelegentlich (ein Thema dieses Artikels und der Kommentare), aber es handelt sich keinesfalls um hoffen oder bangen, dass man grün bekommt. Insofern halte ich den Begriff “Bettelampel” für selbst gewählte Opfersprache, ebenso wie “verschimmeln” und ähnliches.

Ich gebe zu, ich war noch nicht in jedem Stadtteil per Rad unterwegs, aber ich kenne keine Stelle, an der man erst einen Knopf drücken muss, um über die Kreuzung zu kommen. Dort, wo ein Radweg ist, gibt es entweder die “Hauptverkehrsampel” oder eine extra Radlerampel, die dann auch für mich gilt. Dort wo kein Radweg ist, gilt die normale Ampel. Von daher verstehe ich nicht ihr Beispiel zur Einfahrt in die Ferdinand-Lassalle-Straße.
Erstens verstehe ich es nicht, weil ich schon oft Geschimpfe von Radfahrern auf Autofahrer an dieser Stelle gehört habe, die glaubten im Recht zu sein. Aber das ist nur meine subjektive Wahrnehmung; Ihre ist eben, dass die Radfahrer absichtlich bei Rot fuhren.
Und zweitens gibt es doch ganz viele Beispiele in Leipzig, wo es ein separates Lichtzeichen für rechts abbiegende und geradeaus fahrende Leute gibt. Am neuen Rathaus zum Beispiel, wenn man rechts Richtung Gericht abbiegt. Oder an der Blechbüchse, wenn es geradeaus zum Zoo und rechts Richtung HBF geht.
Wenn Sie also ein Beispiel nennen, wo es wegen des angeblich “dummen Leipziger Autofahrers” keine separate Lichtzeichenregelung geradeaus/rechts gibt, finde ich das unlogisch. Auch hier liest es sich wie ein Hineinsteigern in eine Sache, die so hasserfüllt nicht sein müsste.

Für die Stellen, an denen man als *Radler zusammen mit Fußg*ängern eine Straße abseits einer Kreuzung überquert, sind annehmbare Reaktionszeiten natürlich absolut wünschenswert.

@Sebastian:
Wenn etwas hinkt, dann Ihr bemühter Vergleich mit der Käthe-Kollwitz(!)-Straße.

Ich bin mir sicher, dass die bei Rot fahrenden Radfahrer erkannt haben, welche Ampel dort für sie gilt, und mit VORSATZ trotzdem weiterfahren. Solches Handeln gibt es an vielen Stellen durch viele Verkehrsteilnehmer aus Gründen, die das absolut nicht rechtfertigen. Das haben Sie hier auch unter einem anderen Artikel öffentlich gegeißelt.

In dem von mir genannten Beispiel ging es darum, dass Autofahrer einfach losgefahren sind, weil das Auto auf der Nachbarspur losgefahren war und/oder er/sie/* nicht die direkt nebeneinander hängenden Autofahrer-Ampeln (geradeaus/rechts) unterscheiden konnte, und es deswegen mehrfach gescheppert hat. Da würde ich (zu deren Vorteil) KEINEN Vorsatz, sondern bloß(!?, auch wenn es nichts an den Folgen ändert) mangelndes Auffassungsvermögen für eine doch relativ triviale Situation unterstellen. Ob man das persönlich schlimmer wertet als Vorsatz oder gleich schlimm, sei jedem selbst überlassen.

Wenn Sie Ihren Vergleich aufrecht erhalten wollen, würde ich vorschlagen, dass für Rechtsabbieger in die F-Lasalle-Straße ab sofort prinzipiell keine Grünphasen mehr vorgesehen werden. Der jeweils erste Autofahrer muss anhalten, aussteigen und einen Knopf an einer Säule am Bordstein betätigen, sofern er nicht vor der Ampel verschimmeln will. Deswegen wird sowas zurecht “Bettelampel” genannt.

Stefan:
Welche andere Lichtzeichenreihenfolge als die jetzige schlagen Sie vor?
Dass die Wartezeit bis zum Grünzeichen für dieses kurze Stück Weg nur mäßig zu ertragen ist, sehe ich auch so.

JB:
Sie gehören auch zu den Leuten, die vor einer Bedarfsampel stehen und nicht sicher sind, ob sie drüber dürfen? Sondern Sie betteln und hoffen? 🙂

Intelligenz-Fakt-Darstellungen anderen Leute gegenüber hinken ziemlich oft. Neben Ihrer zum Beispiel auch diese Satirische hier: “Leipziger Autofahrer sind außergewöhnlich intelligent und haben oft schon forcierte Unfälle von außergewöhnlich dummen Leipziger Radfahrern verhindert, indem sie stadteinwärts an der Kreuzung Karl-Heine-Straße / Ferdinand-Lasalle-Straße trotz Rechtsabbieger-Grünzeichen gebremst haben, da der parallel fahrende Radler trotz seinem Geradeaus-Rot weitergefahren ist.”

Es bleibt leider nicht nur bei der Untätigkeit bei vorhandenen Bettelampeln, es kommen sogar neue hinzu.

Prachtexemplar: Delitzscher/Theresienstraße stadtauswärts

Als Radfahrer hat man nur dann Glück, wenn mit etwas Abstand vor einem ein anderer Radfahrer fährt. Ansonsten muss man sich seine Grünphase auf jeden Fall per Taster erbetteln.

Warum hat das VTA die Kreuzung umprogrammiert? Weil – und das ist an dieser Stelle keine Beleidigung sondern ein amtlich festgestellter Fakt – die Leipziger Autofahrer zu dumm für unterschiedliche Grünphasen für Rechtsabbieger und Geradeausfahrer waren! Es kam wiederholt zu Unfällen.

Noch ein weiterer Vorschlag aus dem Norden der Stadt: Einmündung Franz Mehring Str. / Max Liebermann Str.: Die Schaltzeiten dieser Ampel scheinen den Schichtwechselzeiten der Autofirmen angepasst zu sein.
Die Ampel taugt auch als Negativbeispiel für sämtlichen anderen Ärger: Fahren mit überhöhter Geschwindigkeit, Ignorieren der Farbe “Rot” bzw. falsches Verhalten im Zusammenhang mit einem “grünen Abbiegepfeil”.

Supergeil die Bettelampel am Neuen Rathaus (beim Goerdeler-Bodendenkmal). Die Ampel ist im Normalfall dunkel, man könnte also auch queren, wenn wirklich kein Leipziger Autofahrer nirgends zu sehen ist, die gerne unvermittelt ohne Blinker in die appetitliche Rechtskurve reinfliegen.

Gut. Man kann aber auch auf Nummer sicher gehen, Stichwort: barrierefrei. Nach dem Streicheln reagiert die Bettelampel erstmal mit einem Verbot, wie die Stadtverwaltung eben immer reagiert: Rot für die Fußgänger. Für den Kraftverkehr bleibt die tolle Kurve weichhindernisfrei. Ca 25 Sekunden. Dann erst gibts Gelb für den Kraftverkehr. Dann Kirschgrün, wo ein Leipziger Autofahrer schnell noch drüber muss – im Namen der Weiterentwicklung Leipzigs als Autostadt. Dann endlich gibts Grün für den Rollifahrer. Aber nur ganz krz. Ich habe selbst als Fußgänger noch nicht ohne Rennen geschafft, diese vielleicht sieben Meter zu bewältigen, ohne wieder Rot zu sehen.

Ich habe das VTA deswegen schon mehrfach gernervt.

Ja, liebes VTA, ich bin das! Neulich erst wg Borsdorfer Straße (andere Geschichte).
Und ich gebe auch keine Ruhe, solange wie Sie derart rücksichtslos gegen den Fußverkehr planen.

Finde ich sehr gut. Weiterer Vorschlag wäre die Bedarfsampel Floßplatz, die gar keine Reaktion auf den Bedarfsknopf zeigt. Die taktet fröhlich vor sich hin.

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