Am heutigen 22. Mรคrz ist UNO-Weltwassertag. Da gibt es auch wieder die รผblichen Vergleiche. Wie von Lottmann PR, das dieser Tage die aktuellen Vergleichstabellen herumgeschickt hat - samt einer Karte, die man gleich mal "Wasserverbrauchs-Atlas" genannt hat. In dem Sachsen natรผrlich auffรคllt: "Nordrhein-Westfalen ist Spitzenreiter - 135 Liter sickern hier pro Person tรคglich durch die Abflรผsse. Sachsen hingegen zeigt sich mit nur 84 Litern pro Tag besonders sparsam."
Ist es das wirklich? Gar aus einem besonders ausgeprรคgten Umweltbewusstsein heraus?
Und was hat es mit dem deutlichen Ost-West-Gefรคlle auf sich, das beim Pro-Kopf-Wasserverbrauch sichtbar wird? โ โSo verbrauchen die westdeutschen Flรคchenlรคnder mit 126 Litern pro Tag und Einwohner wesentlich mehr als die Ostdeutschen (93 Liter; ohne Berlin). Absolute Spitzenreiter im Verbrauch sind Nordrhein-Westfalen (135 Liter), Hamburg (134 Liter) und Schleswig-Holstein (134 Liter). Am vorbildlichsten sind dagegen Sachsen-Anhalt (91 Liter), Thรผringen (89 Liter) und das besonders ressourcenschonende Sachsen (84 Liter).โ
Dรผsseldorf wird gleich mal zu โDeutschlands Hauptstadt im Wasserverbrauchโ erklรคrt: โUnter den Landeshauptstรคdten ist Dรผsseldorf mit 176 Litern pro Tag klarer Spitzenreiter im Wasserverbrauch, dicht gefolgt von Mรผnchen (153 Liter) und Mainz (143 Liter). Schwerin verbraucht mit 93 Litern am wenigsten. Ebenfalls vorbildlich: Dresden (98 Liter) und Magdeburg (109 Liter). Unter den verbrauchsรคrmsten Groรstรคdten fรผhrt Leipzig mit 88 verbrauchten Litern das Ranking klar an.โ
Schon wieder Leipzig? โ Die Zahlen stammen allesamt aus dem Bundesamt fรผr Statistik, sind also belastbar.
Aber steckt wirklich so eine Art ausgeprรคgtes Umweltbewusstsein dahinter und ein kluges Verhalten im Bad? โTatort: Heimisches Badezimmerโ nennt es die PR-Agentur, die die Zahlen fรผr eine Werbung fรผr Naturkosmetik zusammengetragen hat, die auch noch biologisch abbaubar ist. Ein nicht ganz unwichtiger Fakt in einer Zeit, da auch viele Kosmetika chemische Inhaltsstoffe haben, die am Ende im Trinkwasser landen.
Das meiste Trinkwasser wird tatsรคchlich im Bad verbraucht
โTatsรคchlich werden tรคglich nur fรผnf Liter Wasser fรผr Essen und Trinken verwendet. Der eigentliche รbeltรคter ist das heimische Badezimmer: Durchschnittlich 33 Liter verschlingt die tรคgliche Toilettenspรผlung und ganze 43 Liter gehen an einem Tag fรผr die Kรถrperpflege drauf. Gerade beim Duschen und Baden gibt es laut Experten erhebliches Sparpotenzial.โ
Was auch auf die Energierechnung schlรคgt. Denn warmes Wasser zum Waschen, Duschen und Baden muss oft genug mit recht teurer Energie erzeugt werden: โWasser frisst mehr Energie als Licht. โ Was oft unterschรคtzt wird: Fรผr Warmwasser wird im Schnitt zwรถlf Mal mehr Energie eingesetzt als fรผr Beleuchtung. Insgesamt zwรถlf Prozent des Energieverbrauchs eines Durchschnittshaushalts wird fรผr die Bereitung von Warmwasser verwendet. Insofern lohnt sich das Wassersparen in mehrfacher Hinsicht: Nicht nur die Wasserkosten lassen sich reduzieren โ auch der Energieverbrauch und die CO2-Emissionen sinken.โ
Und so gibt denn der von Lottmann PR zitierte Wasserexperte Prof. Dr. Gรถssling fรผnf Tipps zum Wassersparen:
1. Hรคndewaschen, Haare waschen, Duschen: Beim Einseifen immer das Wasser abstellen.
2. Auch beim Zรคhneputzen oder Rasieren das Wasser nicht laufen lassen.
3. Duschen statt Baden. Die tรคgliche Dusche verbraucht nur einen Bruchteil des Wassers.
4. Betรคtigen Sie bei der Toilettenspรผlung unbedingt die Spar- und Stopptaste.
5. Wenn Sie in der Kรผche per Hand spรผlen: Nicht unter flieรendem Wasser, sondern im Waschbecken. Noch besser: Nutzen Sie einen Geschirrspรผler (aber erst wenn er komplett gefรผllt ist).
Sind die Mรผnchner tatsรคchlich verschwenderischer als die Leipziger?
Das ist wahrscheinlich in allen deutschen Groรstรคdten ganz รคhnlich. Und der Vergleich der Zahlen zeigt nicht wirklich, was die Leute in Berlin (113 Liter), Mรผnchen (153 Liter) oder eben Leipzig (88 Liter) eigentlich anders machen.
Natรผrlich gibt es drei Posten, die dabei einen nicht unwichtigen Einfluss haben: 11 Prozent des Trinkwasserverbrauchs, der den Haushalten zugerechnet wird, gehรถrt eigentlich in den Bereich Kleingewerbe โ also zu jenen Kleinunternehmen, die ihre Bรผros und Arbeitsstellen direkt in Wohngebรคuden haben. Was dann auch bedeutet: Je mehr es davon gibt, umso hรถher ist der Pro-Kopf-Trinkwasserverbrauch.
Eine weitere Grรถรe ist der Posten Reinigung, Autopflege, Garten: Wenn die Bewohner der Stรคdte ihre Autos nicht mehr selber waschen und auch keine groรe Gartenberegnung unterhalten (sondern dafรผr lieber Regenwasser sammeln), dann sinkt auch dieser Anteil.
Die groรen Unterschiede zwischen den Groรstรคdten kรถnnten also durchaus auch von unterschiedlicher wirtschaftlicher Prosperitรคt erzรคhlen. Ganz zu schweigen davon, dass die Sachsen mit ihren niedrigen Einkommen auch auf die Nebenkosten gucken mรผssen.
Und Haushalte, die es sich leisten kรถnnen, jeden Tag 7 Liter fรผrs Geschirr waschen und 14 Liter fรผrs Wรคsche waschen zu verbrauchen, dรผrften in Leipzig die Minderheit sein. Das wรคre dann durchaus eine Studie wert, um herauszufinden, wieviel die technische Ausstattung von Haushalten mit modernen Haushaltsgerรคten dazu beitrรคgt, hohe Wasserverbrauchszahlen zu erzeugen.
Ein kleiner Vergleich ist รผber den Ausstattungsgrad etwa mit Geschirrspรผlern mรถglich: Im Osten haben knapp 61 Prozent der Haushalte einen, im Westen sind es 69 Prozent (Zahlen von 2013), bei Wรคschetrocknern (die ja hรคufiges Wรคsche waschen erleichtern), ist das Verhรคltnis 23 zu 44.
Ansonsten konnten die Sachsen bislang ganz froh sein รผber eine gute Trinkwasserversorgung.
Aber das รคndert sich gerade.
Trinkwasserprobleme in der Lausitz
Der Kohlebergbau in der Lausitz hat mittlerweile nicht nur die Oberflรคchengewรคsser in Mitleidenschaft gezogen. Das vergessen viele Akteure gern, wie sehr ein solcher Groรbergbau massiv in die unterirdischen Wasseradern, aus denen wir unser Trinkwasser beziehen, eingreift.
โDie รถffentliche Trinkwasserversorgung in Sachsen muss flรคchendeckend, wirtschaftlich, nachhaltig und sicher sein. Das ist nicht รผberall selbstverstรคndlich, wie sich derzeit in den Landkreisen Gรถrlitz und Bautzen zeigtโ, stellt nun aus aktuellem Anlass Dr. Jana Pinka, Sprecherin der Fraktion Die Linke im Landtag fรผr Umwelt- und Ressourcenpolitik, fest. โDort wird das von der Vattenfall Europe Mining AG betriebene Wasserwerk โSchwarze Pumpeโ spรคtestens 2018 kein Trinkwasser mehr bereitstellen. Es sprang seinerzeit ersatzweise fรผr die Wasserwerke Weiรwasser, Schleife und Weiรkeiรel ein, die wegen bergbaubedingter Stoffeintrรคge auรer Betrieb gingen. Diese Stoffbelastungen sind aufgrund der Flutung der Rest-Seen wieder gestiegen, bald wird auch das Wasserwerk Boxberg nicht mehr nutzbar sein. Das Wasserwerk Spremberg ist durch den Braunkohletagebau Nochten ebenfalls gefรคhrdet. In ganzen Landstrichen ist deshalb die Versorgung der Bevรถlkerung mit sauberem Trinkwasser gefรคhrdet. Weite Teile Westsachsens mรผssen bereits seit geraumer Zeit durch Fernwasser versorgt werden.โ
Die Lausitz hรคngt also beim Trinkwasser regelrecht am Tropf. Das macht die Sache auch teurer.
โDie Sicherung der Trinkwasserversorgung ist Aufgabe der Kommunen, das Staatsministerium fรผr Gesundheit und Verbraucherschutz als oberste Landesgesundheitsbehรถrde kann nach dem Sรคchsischen Wassergesetz Grundsรคtze festlegen. Deshalb fordern wir von der Staatsregierung per Antrag ein Bรผndel von Maรnahmenโ, sagt Pinka. โSie soll zunรคchst umfassend die Situation der รถffentlichen Trinkwasserversorgung analysieren. In Abstimmung mit der Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV) und Vattenfall sowie den Gemeinden und Zweckverbรคnden ist eine dauerhaft kostengรผnstige Lรถsung zur Trinkwasserversorgung zu erreichen. Die Bergbautreibenden, die letztlich die Probleme bei der Wasserversorgung verursachen, mรผssen an eventuellen Mehrkosten beteiligt werden, wenn bergbauunabhรคngige Maรnahmen erforderlich sein sollten.โ
รbrigens eines dieser vielen kleinen Kapitel, die man durchaus unter den Kohle-Subventionen verbuchen kann. Denn alle diese Bergbaufolgen bezahlt am Ende der Steuerzahler.
So kรถnnen Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstรผtzen:
Keine Kommentare bisher