Eigentlich wissen Leipzigs Grüne schon ziemlich genau, wo sie hinwollen und dass am Ende eigentlich alle anderen nachkommen werden. Doch sie wissen auch, dass sie es mit den hartnäckigsten Gegnern zu tun haben: Bequemlichkeit, Gleichgültigkeit und natürlich den klammen Geldbeuteln der meisten Leipziger. Denn dass die moderne Weltnahrungsproduktion ökologischer Wahnsinn ist, wissen eigentlich alle. Nur: Wie ändert man das?

Natürlich nicht damit, dass man Nahrungsmittel immer billiger produziert auf riesigen, industriell bewirtschafteten Flächen, oft in Regionen, wo die Arbeitskräfte besonders billig sind und die Wasservorräte besonders knapp. Dazu kommt der Anbau unter zumeist künstlichen Bedingungen mit einer Menge Chemie.

Die simple Logik sagt im Grunde: Am umweltverträglichsten sind die Produkte, die in der eigenen Region angebaut werden. Da weiß man nicht nur, wo sie herkommen, sondern auch, wer sie hergestellt hat und unter welchen Bedingungen. Was ja ein wesentlicher Grund dafür ist, dass Bio- und Frische-Märkte in ganz Deutschland boomen. Und die Städte haben es durchaus in der Hand, diese Entwicklung zu verstärken, findet Leipzigs Grünen-Fraktion und beantragt jetzt die Mitarbeit Leipzigs im Netzwerk Deutsche Bio-Städte.

Das Netzwerk Deutsche Bio-Städte hat sich im Februar 2016 gegründet. Aktiv sind dort bisher die Städte: Augsburg, Bremen, Darmstadt, Freiburg, Heidelberg, Karlsruhe, Lauf/Pegnitz, München sowie Nürnberg.

„Wir sehen Leipzig gut aufgestellt, um an der Seite dieser Städte im Netzwerk mitzuarbeiten und daraus wiederum auch wesentliche Impulse für die Förderung biologischer Produkte und regionalen Handels hier vor Ort mitzunehmen“, betont der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Norman Volger. „Kommunen sind wichtige Impulsgeber für Entwicklungen, zum Beispiel auch deswegen, weil sie als Arbeitgeberinnen viele Menschen erreichen. In Kantinen, Krankenhäusern, Schulen und Kitas: Öffentliche Akteure beziehen große Mengen an verarbeiteten und unverarbeiteten Lebensmitteln.“

Diese Lebensmittel werden bisher vor allem überregional eingekauft. Ein großer Teil der saisonal verfügbaren Lebensmittel werden jedoch schon heute in der Region – das heißt bis 150 km im Umkreis um Leipzig – in Bio-Qualität produziert.

Regionale Produkte sind schon von Natur aus auch Fair-Trade-Produkte, da sie eben nicht unter Dumping-Bedingungen irgendwo in südlichen Ländern erzeugt werden.  Leipzig steht – so die Grünen – als Fair-Trade-Kommune auch in der Verantwortung für die Förderung und die Verwertung der hiesigen Lebensmittel und anderen Produkten. Bei der Unterstützung und Werbung für die Stärkung der Produzenten und Vermarktung ihrer Produkte vor Ort soll die Stadt Leipzig eine Vorbildrolle einnehmen und „Zugpferd“ werden. Dabei komme dem Angebot auf Frischmärkten eine zentrale Rolle zu. Insbesondere nach Bio-Standards hergestelltes Getreide (und deren Produkte) Gemüse, Streuobst, Eier, Milch und  Fleisch würden regional in großer Vielfalt sorgfältig hergestellt. Die Erzeuger*innen und die Verbraucher*innen würden von einer gezielten Unterstützung der Kommune durch das Marktamt auch direkt profitieren.

„Von BIO profitieren alle“, betont Norman Volger. „Bio ist keine Nische mehr, sondern hat sich zur umwelt- und wirtschaftsrelevanten Größe entwickelt. Die Nachfrage nach Bio-Produkten steigt weiter an. Viele Menschen erkennen den Zusammenhang zwischen dem sorgsamen Umgang mit den natürlichen Ressourcen auf die wir angewiesen sind und zugleich dem Erhalt der eigenen Gesundheit durch Lebensmittel aus nachhaltiger Produktion. – Auch der Wert der regionalen Wirtschaftskreisläufe unter saisonalen Bedingungen ist heute vielen bewusst. In den vergangenen Jahren haben Verbraucher und Verbraucherinnen mit ihrem Konsumverhalten gezeigt, wie deutlich sie mitbestimmen können was am Markt passiert. Denn es ist etwas passiert. Biologischer Anbau, regionale Vermarktung und fairer Handel (Fairtrade) sind die Zukunft, selbst wenn das Land Sachsen bisher hinter anderen Bundesländern dabei zurückgeblieben ist. Wir haben eigene kommunale Gestaltungsmöglichkeiten die teilweise ungenutzt sind, weswegen die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen einen Antrag ‚Regionale Bioprodukte kommunal fördern‘ als Anstoß entwickelt hat.“

Aber Leipzig hat mit so einer Politik auch Einfluss auf die Landwirtschaft im eigenen Einflussgebiet. Denn natürlich hilft es auch Bauern, die derzeit von vielen Preisschlachten im Nahrungsmittelmarkt schwer gebeutelt sind, wenn sich für regionale und umweltverträglich hergestellte Produkte ein stabiler Absatzmarkt entwickelt.

Leipzig besitzt etwa 2.000 Hektar landwirtschaftliche Eigentumsflächen. Der Anteil an ökologischer Bewirtschaftung liegt bis jetzt nur bei 10 % – dieser Wert hat sich seit 2001 nicht verändert. Der Anteil bleibt gering, obwohl die Stadt Leipzig den Bio-Landbau und den Umbau weiterer Flächen auf ihren Flächen bei Neuverpachtung per Stadtratsbeschluss seit Jahren fördert.

„Hier braucht es auch noch weitere deutliche Zeichen der Kommune als Flächeneigentümerin“, betont Volger. „Ein wichtiger Baustein kann dabei die Unterstützung bei der Vermarktung sein. So wollen wir auch für die zukünftige Markthalle festschreiben, dass regional vor billig stehen soll.“

Der Grünen-Antrag zur Bio-Stadt.

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