Der digitale Wandel ist auch in der Buchbranche in vollem Gange. Aber wie wirkt er sich auf das Verhältnis von Autoren und Verlagen aus? Welche Chancen und Risiken erwachsen aus der Digitalisierung für die Marktteilnehmer? - Vor diesem Hintergrund führten die Leipziger Buchmesse und das Deutsche Literaturinstitut der Universität Leipzig (DLL) im Januar und Februar 2012 eine Befragung unter 80 Autoren und rund 30 Verlagen durch.

Das ist zwar nicht repräsentativ. Aber lässt ahnen, dass die Autoren vom digitalen Buch-Ersatz eher wenig halten.

“Ein gedrucktes Buch in Zusammenarbeit mit einem Verlag zu publizieren, ist das Ziel aller Autoren. E-Books sind eine wünschenswerte Ergänzung zum Verlagsprogramm, ersetzen Gedrucktes jedoch nicht. Self-Publishing (Anm. der Red.: Veröffentlichung im Selbstverlag) ist keine Alternative zur Verlagsbindung. Der Eigenbeitrag der Autoren zur Vermarktung ist wünschenswert und ausbaufähig”, so lautet das Fazit von Oliver Zille, Direktor der Leipziger Buchmesse, zur Befragung.

Denn das Schreiben eines Buches macht ja schon genug Arbeit. Da will man bei der Verbreitung doch möglichst kompetente Hilfe.

Bei der Wahl des Verlagshauses sind für mehr als 80 Prozent der Autoren die persönliche Betreuung, die professionelle inhaltliche Arbeit und für 76 Prozent der damit verbundene Ruf des Verlages die herausragenden Kriterien. Der Wunsch, schnell zu veröffentlichen sowie die Honorarbedingungen sind unter den vorgegebenen Kriterien nachgeordnete Faktoren.

Gerade einmal drei Prozent der befragten Autoren haben oder planen im Selbstverlag eine Print-Publikation und vier Prozent ein E-Book. Für 74 Prozent der Befragten ist “Self-Publishing” generell keine Alternative zum gedruckten Buch. Mehr als die Hälfte der Autoren schätzen die Erfolgschancen eines Buches, das nur im Self-Publishing veröffentlicht wird, als schlecht oder sehr schlecht ein.

“Self-Publishing spielt für die von uns befragten Autoren keine nennenswerte Rolle, sie setzen auf den Ruf eines Verlages, um zu publizieren oder publiziert zu werden”, erklärt Claudius Nießen, Geschäftsführer des Deutschen Literaturinstituts der Universität Leipzig.

Und so stellt sich denn auch der viel beschworene Hype ums E-Book bisher eher als heißes Lüftchen von ein paar Technik-Verrückten heraus.

“Egal ob im Self-Publishing oder auch bei den Verlagen, eigenständige digitale Publikationen bleiben bislang eher die Ausnahme”, so Nießen weiter. Neuerscheinungen bringen die Verlage inzwischen zwar meist gleich auch als E-Book-Fassung heraus. Schritt für Schritt wird in den meisten Verlagshäusern zudem die Backlist digitalisiert. Aber: “Digitale Publikation werden dabei bislang in der Regel als Ergänzung zum Print-Produkt verstanden, nicht als Ersatz. Wobei die Verlage sich je nach Genre oder Format intensive Gedanken machen, was ein eigenständiger digitaler Titel haben muss, damit er auch erfolgreich auf dem Markt platziert werden kann”, so der Geschäftsführer des DLL.Autoren und Verlage äußerten mehrheitlich, dass die Digitalisierung ein zusätzliches Angebot sei. Fast jeder zweite Autor wünscht sich dabei die Digitalisierung seiner bereits publizierten Bücher. Die überwiegende Zahl der Verlage bringt zwei Drittel bis drei Viertel ihrer aktuellen Programme auch digital heraus. Knapp die Hälfte stellt die E-Books selbst her und mehr als 90 Prozent vertreiben die digitalen Ausgaben über externe Dienstleister.

Doch als Dämpfer für alle Propheten des elektronischen Lesens: Der Prozess der Digitalisierung wird die Branche weiterhin begleiten, einen radikalen Umbruch in den kommenden Jahren erwartet keiner der Befragten. Die Verlage möchten ihr digitales Angebot jedoch noch weiter ausbauen und profilieren.

Und so am Rande taucht auch das Thema Datenschutz wieder auf. Spätestens da, wo heute jeder Depp glaubt, das man sein Marketing dort betreiben müsse: in den “Social Medias”.

Nur jeder dritte Schriftsteller gab an, überhaupt auf Social Media-Plattformen präsent zu sein, wobei Facebook als einzig relevante Plattform genannt wurde. “Dass das Social Media-Engagement der Schriftsteller generell eher zurückhaltend ist, kann man dennoch nicht sagen”, so Nießen. “Vielmehr hängt es sehr stark vom Autor und seiner Zielgruppe ab, ob und wie er Social Media für sich nutzt. Die, die das tun, machen das meist sehr professionell und effektiv.”

Als Gründe für ihre Zurückhaltung nannten die betreffenden Autoren mangelnde Zeit und den schwierigen Umgang mit dem Datenschutz. 96 Prozent der Verlage würden sich über Social Media-Aktivitäten ihrer Autoren freuen.

“Trotz der medialen Präsenz des Themas ?Digitaler Wandel? sind die klassischen Marketinginstrumente in den meisten Genres nach wie vor entscheidend für die Verlage”, konstatiert Nießen. So sind die drei wichtigsten genannten Marketingmaßnahmen Messeauftritte, Verlagsvorschauen und Pressemitteilungen.

Und siehe da: Anzeigen in Printprodukten, Newsletter oder Social Media spielen eine untergeordnete Rolle im Marketingmix der Verlage.

“Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass besonders im Zusammenhang mit der Digitalisierung, die enge Zusammenarbeit von Autoren und Verlagen sowie der Eigenbeitrag der Schriftsteller zur Vermarktung einen entscheidenden Einfluss auf den Bucherfolg haben”, meint Oliver Zille.

Mit der Digitalisierung übertreibt er – wie man sieht – ein bisschen. Aber die Befragung ist ja auch passiert im Zusammenhang mit dem neuen Messe-Programmpunkt autoren@leipzig. “In dem Fortbildungs- und Netzwerkangebot können sich Schriftsteller austauschen und über Vermarktungsmöglichkeiten und -strategien informieren”, meint die Buchmesse.

www.leipziger-buchmesse.de

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