Seit dem 10. Mai 2012, 7 Uhr, ist das Kaufland am Lindenauer Markt geöffnet. Für den Discounter aus Neckarsulm ist es der achte Leipziger Standort. Und für die Befürworter des Vollsortimenters der Schlussstein der Modernisierung des Lindenauer Marktes. Über elf Jahre erstreckte sich das Gesamtprojekt, richtig gebaut wurde nur in den letzten elf Monaten.

Für Jürgen Faltenbacher wohnte dem Zauber der nahenden Eröffnung des Kaufland-Marktes am Mittwochabend irgendwie der Zauber des Abschieds inne. Denn Faltenbachers Leipziger Mission ist mit der offiziellen Eröffnung des Marktes am darauf folgenden Donnerstag erfüllt. Wer mag, kann nun sechs Tage in der Woche von 7 bis 22 Uhr auf insgesamt 3.700 Quadratmetern einkaufen. Geboten wird ein Vollsortiment: also Lebensmittel auch aus Frischetheken und ganz viel Non-Food. In das Gebäude sind verschiedene kleinere Läden integriert. Kaufland selbst schafft vor Ort 100 Arbeitsplätze.
Der nun scheidende Kaufland-Projektleiter Faltenbacher verweist darauf, dass das Projekt für Kaufland einen “gewissen Modellcharakter” hat. Angesagt sei die “Renaissance der innerstädtischen Zentren und Standorte”, so Faltenbacher weiter. Diese Entwicklung wolle sein Unternehmen gern mitgehen. Ziel sei es, den Handel wieder näher an den Menschen zu bringen, dort wo er auch hingehöre.

In der Tat hat das Haus an der Nordostecke des Lindenauer Marktes beste Stadt(teil)lage. Der Standort ist für viele Kunden fußläufig, mit dem Rad oder mit Bus und Bahn zu erreichen. Auf dem Dach bietet der Discounter über 230 Parkplätze an.

Wer innerhalb bestehender Stadtstrukturen baut, übernimmt eine besonderen Integrationsaufgabe. Baulich scheint dies sehr ansprechend gelöst. Fassadenteile der ehemaligen Bebauung im Karree wurden erhalten und mit dem neuen Korpus verbunden.
Integration bedeutet mehr noch die Verzahnung mit den Menschen vor Ort, wie es Faltenbacher nennt. Genau diesem Ziel diente die Gründung der Interessen- und Standortgemeinschaft Lindenauer Markt (ISG) vor Jahresfrist.

So dankt denn Faltenbacher auch allen “für die offene Auseinandersetzung mit diesem wahrhaft nicht einfachen Thema und den stetigen Glauben, auf dem richtigen Weg zu sein”. Dass nicht alle Anlieger und Interessengruppen den Weg mit Kaufland für richtig hielten, ist oft berichtet worden.

Auch diese Kontroverse will Kaufland mit der Eröffnung von Kunstraum [10] Lindenau am 24. Mai 2012 noch einmal aufnehmen. Die Künstlerin Diana Wesser wird an den zehn Tafeln an der Kaufland-Fassade ihr Gestaltungskonzept PRO-test umsetzten. Auch, “um nach aller Kritik das Für-etwas herauszustellen”, erkläutert Faltenbacher.
Karsten Gerkens, Leipziger des Leipziger Amt für Stadterneuerung und Wohnungsbauförderung ASW, sieht Kaufland als “Schlüssel” für die Entwicklung des Lindenauer Marktes. Er dankt dem Investor, dass er all die Diskussionsprozesse der letzten Jahre mitgemacht hat. “Ein Ambiente, wie wir es hier haben, ist es wert, zur Güte auch zu kommen”, so Gerkens über die Potenziale des Lindenauer Marktes in seiner Gänze.

Für Roland Beer von der ISG ist die Eröffnung des Maktes zuerst einmal “das Ende von viel Arbeit”. Alle Akteure seien abwartend gespannt, ob jetzt auch alles so klappt, wie geplant. Insbesondere liegt Beer Kunstraum [10] Lindenau am Herzen. Am 9. Juni gibt es dann das erste Marktfest der ISG auf dem Lindex.

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Das Areal von Kaufland Lindenau hat übrigens eine lange Handelstradition. Wie der Lindenauer Stadtteilverein herausgefunden hat, eröffnete der Kaufmann Wilhelm Julius Wiesehügel auf dem Grundstück Lindenauer Markt 2 in seiner bereits bestehenden Kolonialwarenhandlung zum 1. August 1859 eine Landpoststelle.

Das war damals die erste Poststelle im königlichen Sachsen außerhalb der großen Städte, denn Lindenau war ja noch ein selbstständiges Angerdorf vor den Toren Leipzigs. Kolonien hatte Wiesehügel keine. Doch zu jener Zeit war jeder, der außereuropäische Lebens- und Genussmittel anbot, eben ein Kolonialwarenhändler. Und auch Kaufland kann heute Lebensmitteln aus vieler Herren Länder anbieten.

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