Das wäre eine schöne knackige Überschrift gewesen: "Westen endlich angeschlossen!" - Aber Teile von Großzschocher, Plagwitz und Grünau werden ja schon seit Jahren von den Leipziger Stadtwerken mit Fernwärme versorgt. Dennoch war der Freitag, 5. Juli, ein kleiner Meilenstein: Die Bauarbeiten für den Anschluss von Lindenau und Leutzsch haben begonnen.

Das Vorspiel gab es schon 2012: Da legten die Leipziger Stadtwerke (SWL) eine Versorgungsleitung unterm Elsterbecken durch, die den Anschluss des innerstädtischen Fernwärmenetzes aufs westliche Ufer herstellte. Damals gab’s einen Premiumkunden, dessen neues Trainingszentrum diese Unterquerung sinnvoll machte: den Fußballverein Rasenball Leipzig. Aber eine Anmeldung aus dem Leipziger Westen lag auch schon vor: die Stadtbau AG, die das Brunnenviertel saniert und vermarktet, will die über 560 Wohnungen dort künftig mit Fernwärme versorgen.

Also endete die Fernwärmeleitung nicht am Rasenball-Trainingsgelände, sondern an der Erich-Köhn-Straße. Mit grüner Farbe ist dort auf den Asphalt die Zahl gesprüht, die Anfang und Ende bedeutet: 106.99. Hier beginnt die ARGE Fernwärmeerschließung Lindenau/Leutzsch mit dem Bau der nächsten 5 Kilometer Fernwärmeleitung. Gebaut wird in drei Abschnitten. Der dritte direkt am Brunnenviertel ist schon begonnen. Der erste folgt jetzt. Aber da das Mittelstück auch in der nächsten Woche schon begonnen wird, ist im Grunde auf der ganzen Strecke Dauerbaustelle – und das für die nächsten zwei Monate auch deutlich spürbar für alle Anwohner.”Und im Fernwärmeleitungsbau ist es nun einmal so, dass man über längere Zeiten mit offenen Gräben über mehrere hundert Meter arbeiten muss”, erklärt Sven Fischer, Geschäftsführer der Josef Pfaffinger Leipzig Baugesellschaft. Mit der Firma Pfeiffer zusammen hat Pfaffinger die ARGE gebildet, die die Ausschreibung der Stadtwerke über den Mehrere-Millionen-Euro-Auftrag gewonnen hat. “Was uns natürlich besonders freut”, sagt Fischer, “denn damit kamen Unternehmen von hier zum Zug.”

Die William-Zipperer-Straße, wo ein wesentliches Teilstück der neuen Fernwärmeleitung verlegt wird, kennt Pfaffinger schon aus den 1990er Jahren. “Damals haben wir hier das neue Gasnetz der Stadtwerke mitverlegt”, erinnert sich Fischer. Wo die William-Zipperer-Straße auf die Erich-Köhn-Straße stößt, macht die neue Fernwärmeleitung einen Knick nach Osten, um dann 100 Meter weiter in die Nathanaelstraße einzubiegen. Dort verläuft sie dann bis zur Rossmarktstraße und in der Rossmarktstraße dann bis zur Angerstraße, wo die Leitung dann wieder nach Norden abknickt, um wieder auf die Erich-Köhn-Straße zu stoßen. Dort verläuft sie dann bis zu jenem Punkt, an dem Stadtwerke und ARGE am Freitag einluden zum Baubeginn.Als erstes fertig werden soll der Anschluss des Brunnenviertels. Das wird dann schon ab Oktober mit einer Leutzscher Insellösung mit Fernwärme versorgt. Im November soll auch der erste Bauabschnitt fertig sein. Und dann haben die Stadtwerke vorsichtshalber wieder einen richtigen Winter eingeplant. Das verbindende Zwischenstück durch die William-Zipperer-Straße soll im Frühjahr 2014 funktionsfähig sein.

Schon heute versorgen die Stadtwerke Leipzig 120.000 Endverbraucher im Leipziger Stadtgebiet mit Fernwärme. Darunter große Genossenschaften, den Zoo Leipzig mit seinem Elefantenhaus (seit 1925), das Leibniz-Gymnasium seit 1914 und das Stadtbad seit 1916. Erster Kunde war 1913 das Leihhaus. Seit 2006 haben die Stadtwerke 500 Objekte neu ans Fernwärmenetz angeschlossen. Das Ganze ist auch Teil der umweltfreundlichen Energieversorgung Leipzigs, denn gewonnen wird die Fernwärme, wie sie im Frühjahr 2014 auch nach Leutzsch geht, in Gaskraftwerk in der Eutritzscher Straße – die Wärme ist dabei das Abprodukt der Turbine, die in erster Linie Strom für Leipzig produziert. Dadurch, dass die Abwärme nicht in die Luft geblasen wird, sondern als Fernwärme 120.000 Haushalte beheizt, erhöht sich rechnerisch der Wirkungsgrad der Gas-und-Dampf-Anlage auf 87 Prozent.

Jüngere Kunden der SWL-Fernwärme sind die “Höfe am Brühl”, die Hotels Steigenberger und InterCityHotel und die Baugenossenschaft Leipzig.

Und weitere Fernwärmeerschließungen sind in Gohlis-Mitte, Plagwitz und Anger-Crottendorf geplant. Auch das neue Wohngebiet am Lindenauer Hafen soll mit Fernwärme versorgt werden.

35 bis 40 Jahre lang sollen die jetzt verlegten Leitungen halten, sagt Stadtwerke-Geschäftsführer Raimund Otto. Eine lange Zeit, in der auch mal ein Leck entstehen kann. Wirklich ruhig liegen ja Leitungen unter Leipzigs viel befahrenem Pflaster nie. Deswegen verlaufen im Mantel der Leitungen in der Isolierschicht zwei Drähte, die zur Sensor-Überwachung der Stadtwerke gehören und undichte Stellen in der Schaltzentrale sichtbar machen.

Und nicht nur die Wohnungen im Brunnenviertel können über die neuen Leitungen versorgt werden, betont Otto. “Wenn die Leitung erst mal liegt, können problemlos auch alle anderen Anlieger angebunden werden.”

www.swl.de

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