Debatten um den Etat des Leipziger Stadtmarketings gab es auch früher schon, auch zu Zeiten, als die entsprechende Einrichtung noch LTS hieß. Danach war mal ein Weilchen Ruhe, das Budget war festgezurrt und die Folgeeinrichtung LTM war gehalten, zusätzliche Gelder bei Privaten einzuwerben. Die Sache funktionierte sogar und seit Jahren verzeichnet Leipzig steigende Besucherzahlen. Trotzdem wurde in der Ratsversammlung am Mittwoch, 15. Oktober, gestritten.

Zu recht. Wer mehr Geld haben möchte, muss es auch begründen können. Dass am Ende der SPD-Antrag mit einem etwas kleineren Budget – 2,3 statt 2,5 Millionen Euro (bisher 1,8 Millionen Euro) beschlossen wurde, hat eher nichts damit zu tun, dass der Stadtrat die Erhöhung nicht gönnen wollte. In der Vorlage hatte das Wirtschaftsdezernat sich einfach in der veranschlagten Summe verrechnet. Das hat der SPD-Antrag korrigiert. Was aber deutlich fehlte, war eine Positionierung des Wirtschaftsdezernats selbst. Denn eindeutig ist ein für den Tourismus wirksames Marketing ein Wirtschaftsfaktor. Und das Hotel- und Gaststättenwesen in Leipzig gehört seit Jahren zu den Leipziger Wachstumsbranchen, profitiert eindeutig vom zunehmenden Tourismus – schafft aber auch für die Stadt so wichtige (Saison-)Arbeitsplätze und Steuereinnahmen.

Eine ärgerte sich dann aber am Freitag, 17. Oktober, dann doch, als die Leipziger Volkszeitung über die Debatte titelte: “Wirtschaftsförderung ist nicht nur Tourismus”.

Das war Heike König, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Stadtrat, aber als Geschäftsstellenleiterin des Grünen Rings Leipzig auch direkt eingebunden in die touristische Entwicklung Leipzigs und der Region. Immerhin hat die LTM seit vergangenem Jahr auch die touristische Vermarktung des Leipziger Neuseenlandes mit übernommen. Aber irgendwie wird dann in Debatten gern vergessen, dass manche wirtschaftlichen Entwicklungen auch politisch so gewollt sind.

“Die Defizite liegen im Rathaus und hier muss man mal klar sagen: sie liegen ganz konkret im Dezernat Wirtschaft und Arbeit”, kommentiert Heike König die etwas unvollkommene Debatte. “Die anderen Fraktionen haben die Debatte auf dem Rücken von LTM geführt und völlig außer Acht gelassen, dass das eigentliche Problem im Rathaus sitzt.”Und sie erinnert an die letzte wichtige Entscheidung zum Thema, die von der Stadtratsmehrheit mitgetragen wurde. Auch die Stadtratsfraktionen wollten eine noch intensivere Vermarktung von Stadt und Region.

Heike König: “Seit wir 2012 den Touristischen Entwicklungsplan – mit einer breiten Mehrheit des Stadtrates und gegen den Willen von Herrn Albrecht und OBM Jung und deren Verwaltungsstandpunkt – auf den Weg gebracht haben, reden wir im Stadtrat endlich über das Thema Tourismus, der als Wirtschaftsfaktor in Leipzig ja nicht zu übersehen ist, der aber auch – und genau das wollen wir – bedeutet, dass die Stadt sich im Klaren sein muss, wo ihre Aufgaben im Hinblick auf die Schaffung touristischer Infrastrukturen, wo Defizite und Handlungsbedarf bei bspw. touristischen Radwegen, Wasserwegen, Campingplätzen, barrierefreien Zugängen zu Gewässern, Caravanstellplätzen sind. Wir haben eine Destinationsstrategie für die Region auf den Weg gebracht – beides, Entwicklungsplan und Destinationsstrategie sind derzeit noch in Arbeit. Und wir wissen aufgrund unserer OBM-Anfrage von Juli, die trotz mehrfachen Drängens erst Ende September beantwortet wurde, bereits heute, dass die Stadt in Albrechts Dezernat diese Arbeit nicht wirklich befördert, sondern verschleppt, dass dem Stadtratsbeschluss nicht genüge getan werden wird.”

Manchmal muss man auch auf Ebene der Stadtverwaltung klären, was eigentlich an wirtschaftlichen Infrastrukturen in der Stadt vorhanden ist und wie es in der Wirtschaftsstrategie der Stadt positioniert ist. Man kann sich nicht nur um neue Industrieansiedlungen bemühen (ein Thema, um das sich die gemeinsame Wirtschaftsförderung der Region Leipzig “Invest-Region Leipzig” kümmert), man muss auch dafür sorgen, dass die existierenden Wirtschaftsstrukturen die nötige Begleitung und Förderung erhalten. Und die Tourismuswirtschaft in und um Leipzig ist zwar kleinteilig – aber deshalb geradezu typisch für Stadt und Region. Welche touristischen Infrastrukturen man da braucht, dass auch die Touristen kommen und überall hinfinden, das ist ein Thema, über das man sich streiten kann. Weglassen kann man es nicht.

Nur von einer Seite, beklagt Heike König, gäbe es eben keine Schützenhilfe.

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“Ins Bild passt, dass weder Herr Albrecht, der wegen Krankheit fehlte, noch überhaupt jemand aus dem Dezernat VII am Mittwoch bei der Debatte anwesend war, dass der debattierte Antrag um die Erhöhung der Zuschüsse an LTM keinerlei Handschrift des Dezernates VII trug, keine Einbettung in städtische Strategien”, kritisiert sie. “LTM kann sich nun bei Herrn Albrecht bedanken, dass die Summe gekürzt wurde. Wer solche nicht untersetzten kontextlosen Finanzvorlagen in den Stadtrat bringt, handelt strategisch fahrlässig und nachlässig, der zeigt, dass ihm das Thema Tourismus nichts wert ist und dass er eine Debatte auf dem Rücken und zu Ungunsten der LTM-Mitarbeiter zu riskieren bereit ist. Und auch, dass er glaubt, der Stadtrat würde das schon durchwinken. Weit gefehlt, Herr Albrecht, wir werden das Thema ganz genau im Auge behalten und an gegebener Stelle weiterdiskutieren.”

Ein Vorschlag wäre zum Beispiel eine bessere Information über die touristischen Radwanderwege, die durch Leipzig verlaufen – und die Schaffung eines zentralen Start-und-Orientierungs-Punktes für alle überregionalen Routen. Zum Beispiel am Hauptbahnhof. Denn diese Informationen fehlen. Manche Routen muss man erst mal mit der Lupe auf dem Stadtplan suchen, um überhaupt drauf zu kommen.

Grüner Ring Leipzig: www.gruenerring-leipzig.de

Zur LTM Leipzig: www.gruenerring-leipzig.de

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