An den schweren Krawallen am 11. Januar in Leipzig-Connewitz waren nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden mutmaßliche Mitglieder der "Freien Kameradschaft Dresden" (FKD) beteiligt. Dies geht aus den Antworten von Innenminister Markus Ulbig (CDU) auf eine Kleine Anfrage der Linken-Abgeordneten Kerstin Köditz hervor. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden ermittelt gegen 17 mutmaßliche Mitglieder der Neonazi-Gruppe wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung. Nun führt die Spur auch nach Leipzig.

Seit Juli 2015 ermitteln Generalstaatsanwaltschaft, Integrierte Ermittlungseinheit Sachsen (INES) und Operatives Abwehrzentrum der Polizei gegen die Neonazi-Vereinigung. Der Gruppe werden 14 Anschläge zur Last gelegt. Zu den Delikten zählen die Beteiligung an der Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion, Körperverletzungen und Sachbeschädigungen. Am 4. November 2015 sollen sich Mitglieder der Kameradschaft an den schweren Krawallen rund um eine Flüchtlingsunterkunft in Heidenau beteiligt haben. Weiterhin sollen sich die Neonazis an Straftaten in Freital, Heidenau und Dresden beteiligt haben, die sich gegen Flüchtlingsunterkünfte richteten. Bei den Beschuldigten handele es sich um 15 Männer sowie zwei Frauen im Alter zwischen 16 und 30 Jahren.

Wie erst am Donnerstag bekannt wurde, sollen sich Mitglieder der “Freien Kameradschaft Dresden” auch an dem schweren Landfriedensbruch in Leipzig-Connewitz beteiligt haben. Am 11. Januar, dem Jahrestag der Legida-Proteste in der Innenstadt, überfielen über 200 Neonazis in einer konspirativ geplanten Aktion den linksalternativen Szenekiez. In der Wolfgang-Heinze-Straße demolierten die Angreifer zahlreiche Glasfassaden von Kneipen und Geschäften. Einige Täter drangen in einen Döner-Imbiss ein und richteten erheblichen Sachschaden an.

215 Personen wurden am 11. Januar 2016 noch am Tatort in Gewahrsam genommen. Foto: L-IZ.de
Während Legida am 11. Januar in der Innenstadt demonstrierte, richteten über 200 Neonazis in der Wolfgang-Heinze-Straße erhebliche Sachschäden an. Foto: L-IZ.de

Aus den Angaben des Innenministers geht außerdem hervor, dass sich Mitglieder der Kameradschaft regelmäßig an den rechtsextremen Pegida-Aufmärschen in Dresden beteiligen. Die asyl- und ausländerfeindliche Bewegung wird von Ulbig trotz ihrer dichten Verstrickungen in die rechte Szene nach wie vor nicht als rechtsextrem eingestuft. Erst am Freitag war bekannt geworden, dass ein früherer Pegida-Redner Ende September einen Bombenanschlag auf eine Moschee verübt hatte. Beobachter zählten den 29-Jährigen zwischenzeitlich zum harten Kern der Rechtsaußen-Bewegung.

Köditz zeigt sich angesichts der neuen Erkenntnisse alarmiert. “Mir ist bekannt, dass mehrere Anhänger der Gruppe bereits weit eher unter den Teilnehmern zu sehen waren. In einem zurückliegenden Gerichtsverfahren räumten Mitglieder sogar ein, erst am Rande solcher Märsche zur Gruppe gestoßen zu sein”, berichtet die Landtagsabgeordnete. Zu denken gebe auch die Beteiligung der Neonazis an Protesten gegen eine Asylunterkunft in Dresden-Laubegast Ende 2015. “Zur Wahrheit gehört, dass diese Aktionen zwar nicht ordentlich angemeldet, aber als ‘Ansammlungen’ durch Stadt und Polizei toleriert und dadurch erst ermöglicht wurden. Das war offensichtlich ein schwerer Fehler”, findet die Linken-Politikerin.

Kerstin Köditz (Linke). Foto: DiG/trialon
Die Linken-Abgeordnete Kerstin Köditz kritisiert nicht zum ersten Mal das Landesamt für Verfassungsschutz. Foto: DiG/trialon

Nach eigenen Erkenntnissen von Köditz waren Mitglieder der “Freien Kameradschaft” darüber hinaus mit Aktivisten der rechtsterroristischen “Gruppe Freital” vernetzt. Anhänger beider Gruppierungen hätten bei dem Angriff auf das Dresdner Hausprojekt “Mangelwirtschaft” im Oktober 2015 kooperiert.

Die Politikerin kritisiert darüber hinaus mangelhafte Hintergrundrecherchen des Landesamtes für Verfassungsschutz. So sei dem Nachrichtendienst offenbar ein Profil der Gruppe in dem sozialen Netzwerk “VK” entgangen. “Wer einzelne Profile durchklickt, wird übrigens schnell erkennen, dass sich die FKD zu einem nicht unwesentlichen Teil auch aus der örtlichen gewaltbereiten Fußballfanszene rekrutierte. Zu diesen Bezügen sagt Ulbig gar nichts.”

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„Freie Kameradschaft Dresden“ war auch an den Ausschreitungen im Leipziger Stadtteil Connewitz beteiligt

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