Mehr als zwei Jahre nach dem Verbot der als rechtsextrem geltenden „Hammerskins“ in Deutschland beschäftigt sich das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig seit Mittwoch mit einer Reihe von Klagen gegen die Verfügung. Diese wurden durch mehrere sogenannte Chapter sowie einige Einzelpersonen angestrengt. Eine Entscheidung der Bundesrichter wird bereits für Freitag erwartet.

Das Verbot der „Hammerskins Deutschland“ durch die damalige Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) im September 2023 schloss auch seine regionalen Chapter und die Teilorganisation „Crew 38“ mit ein. Die Maßnahme stützte sich auf das Vereinsgesetz.

Zur Begründung wurde seitens des Ministeriums argumentiert, dass sich der Verein gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung richtet: „Mit diesem Verbot beenden wir das menschenverachtende Treiben einer international agierenden Neonazi-Vereinigung. Damit setzen wir ein klares Signal gegen Rassismus und Antisemitismus“, so Nancy Faeser, die nach der Bundestagswahl 2025 inzwischen durch Alexander Dobrindt (CSU) abgelöst wurde.

Kläger bestreiten Existenz bundeseinheitlicher Dachorganisation

Mehrere Einzelpersonen und sogenannte Chapter der „Hammerskins“ aus ganz Deutschland haben Klage erhoben. Wie das BVerwG mitteilt, machen sie geltend, dass es eine bundesweite Dachorganisation der „Hammerskins“, auf die das Verbot von 2023 abzielt, gar nicht existent sei.

Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Foto: Lucas Böhme
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Foto: Lucas Böhme

Es gäbe in der Bundesrepublik lediglich regionale Ableger, die zwar vernetzt seien und sich koordinierten, aber keinerlei nationale Statuten oder Zentralgewalt mit landesweiter Direktionsbefugnis. Bei ihren Aktivitäten, Finanzen und der personellen Besetzung seien die Chapter unabhängig.

Grundlegend anders sei es nur auf europäischer Ebene: Dort existiere ein Grundkonsens in Form eines Regelwerks. Der regele vornehmlich die Voraussetzungen für die Verleihung der Zugehörigkeit zur weltweiten „Hammerskin Nation.“ Die Kläger führen auch ins Feld, dass ein Chapter französisch und ohne Anbindung an deutsche Strukturen sei. Moniert wird zudem, dass man kein rechtliches Gehör gefunden habe und eine gemeinschaftliche Verfolgung von Zielen, wie vom Bundesinnenministerium ausgeführt, nicht vorliege.

„Hammerskins“ gelten als Triebkraft rechtsextremer Radikalisierung

Wie der Verfassungsschutz angibt, umfassen die „Hammerskins“ in Deutschland etwa 130 Mitglieder. Entstanden sei die Gruppierung, welche ein entscheidender Treiber der rechtsextremen Ideologisierung sei, als Ableger der 1988 in den USA gegründeten „Hammerskin Nation.“

Im Zuge des Verbots hatten 2023 hunderte Polizeibeamte diverse Wohnungen und Objekte in zehn Bundesländern durchsucht. Dabei wurden unter anderem Bargeld, Kleidung mit Szenesymbolen, Tonträger, Waffen und NS-Devotionalien beschlagnahmt.

Eine Maßnahme, mit der man bereits vollendete Tatsachen hergestellt habe, kritisierte ein Klägeranwalt während der Verhandlung im BVerwG am Mittwoch: „Es erhärtet sich der Eindruck, dass man einfach mal Fakten schafft.“ Diskutiert wurde, ob so ein faires Verfahren möglich sei, auch die Frage einer möglichen Rolle von V-Leuten in der Bewegung wurde aufgeworfen.

Auch der 6. Senat zeigte sich in seiner Ersteinschätzung skeptisch über die Existenz einer bundesweiten Zentralgewalt der „Hammerskins.“ Laut dem Senatsvorsitzenden Ingo Kraft seien besonders die Inhalte von Chats maßgeblich für die anstehende Entscheidung.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar