Mehrere Fraktionen haben sich im Stadtrat über die Informationspolitik der Verwaltung empört. In der Ratsversammlung am Mittwoch, dem 17. Dezember, hatten CDU, Linke, Grüne und SPD eine Aktuelle Stunde beantragt. Thema war die aktuelle Haushaltslage der Stadt – und dabei vor allem die Entscheidung, Haushaltsanträge aus den Fraktionen auszusetzen.
„Wir haben seit einem Jahr unzählige Stunden damit verbracht, irgendwie eine Mehrheit für den Haushalt zu finden. Diese Arbeit hätten wir uns sparen können“, beklagte CDU-Stadtrat Michael Weickert. Debatten habe es genug gegeben. „Jetzt ist es an der Zeit, im Stadtrat die notwendigen Konsequenzen zu ziehen.“
Weder forderte er die Stadtspitze direkt zum Rücktritt auf noch kündigte er ein Abwahlverfahren an. Doch Weickert sagte: „Eine Verwaltungsspitze, die keine Mehrheit hier im Rat hat, sollte sich gut überlegen, ob sie nicht den Weg frei macht.“
Ähnlich aufgebracht zeigte sich Franziska Riekewald aus der Linksfraktion. Weniger als 24 Stunden nach einer Sitzung des Ältestenrates habe die Verwaltung verfügt, die Haushaltsanträge der Fraktionen auszusetzen – ohne das im Ältestenrat anzukündigen oder anzudeuten. „Das nehme ich der Verwaltung wirklich übel“, so Riekewald.
Grünen-Stadträtin Kristina Weyh sprach von Vertrauen, das verloren gegangen sei. „Ich weiß nicht mehr, warum wir mit Ihnen zusammensitzen, verhandeln und nach Lösungen suchen“, sagte sie an die Adresse des Finanzbürgermeisters Torsten Bonew. Vielleicht sei eine externe Beratung für die Haushaltskonsolidierung notwendig.
Anträge zweiter Klasse?
Anja Feichtinger (SPD) wies darauf hin, dass Haushaltsanträge aus den Fraktionen den Vorhaben der Verwaltung gleichgestellt seien. Es entstehe jedoch der Eindruck, dass die Verwaltung die Anträge aus den Fraktionen faktisch entwertet.
Diesen Punkt griff auch Linken-Stadtrat Enrico Stange auf, indem er Bonew fragte, warum dieser die Haushaltsanträge der Fraktionen gesondert betrachte. „Es gibt den beschlossenen Haushalt. Punkt.“
Bonew antwortete, dass er zustimme und dass es sich nur um eine verwaltungsinterne Formulierung handle. Oberbürgermeister Burkhard Jung stellte später noch klar: „Wir dürfen nicht unterscheiden.“ Doch genau das ist offenbar der Fall und sorgt in Teilen des Stadtrates für Aufregung.
Auch bei Ralf Pannowitsch (BSW), der aber weniger die Verwaltung und mehr die Fraktionen, die die Aktuelle Stunde beantragt hatten, in der Verantwortung sah. Bei den Haushaltsbeschlüssen sei ihm aufgefallen, dass manche Fraktionen ihr „komplettes Wunschkonzert abgespult haben“, obwohl die Probleme damals bereit bekannt gewesen seien.
Aus der Freien Fraktion meldete sich Thomas Kumbernuß zu Wort. Er äußerte vor allem Sorgen über die Situation der Leipziger Kultur – sowohl die großen Häuser als auch die freie Szene. Und in der Verwaltung gebe es große Probleme mit Überlastung.
Im freien Fall
Finanzbürgermeister Bonew blickte noch einmal auf die Entstehung des Doppelhaushaltes zurück. Seit September 2024 habe er kontinuierlich auf finanzielle Probleme hingewiesen. Im Ältestenrat habe es gar Überlegungen gegeben, den Entwurf komplett zurückziehen.
Nun findet er drastische Worte: „Wir befinden uns im freien Fall“. Der Regierungswechsel im Bund habe nicht den erhofften „Stimmungsumschwung“ in Wirtschaft und Gesellschaft gebracht. Zum Ausgabenproblem sei nun ein Einnahmenproblem dazugekommen, vor allem bei der Gewerbesteuer. Immerhin: Die Förderung für Verbände und Vereine sei auch für 2026 zu 100 Prozent freigegeben.
Spätestens Ende Juni werde man die Lage neu bewerten.
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