Bei der fast einstündigen Urteilsbegründung vergrub er sein Gesicht in den Händen: Nach einer Reihe brutaler sexueller Übergriffe in Leipzig während der Jahre 2016 und -17 wurde der erst 2025 gefasste Täter am Mittwochnachmittag durch das Landgericht zu insgesamt elf Jahren Haft verurteilt. Besonders die Vergewaltigung und Misshandlung einer 69-jährigen Joggerin im Leipziger Rosental hatte seinerzeit überregional für Entsetzen gesorgt.

Marcus L. ist schuldig unter anderem der besonders schweren Vergewaltigung, besonders schweren sexuellen Nötigung und gefährlichen Körperverletzung, muss für insgesamt elf Jahre ins Gefängnis: Dieses Urteil verkündete die 6. Strafkammer des Landgerichts Leipzig am Mittwochnachmittag.

Für das Gericht war eindeutig erwiesen, dass der 34-jährige Mann für eine Reihe an Übergriffen auf Frauen unterschiedlichen Alters verantwortlich ist, die sich teils mit größerem Abstand zwischen April 2016 und August 2017 in Leipzig ereigneten.

Brutale Serie an Übergriffen

Alles begann am 20. April 2016, als Marcus L. laut Urteil eine nackt badende Frau (damals 37) am Nordstrand des Cospudener Sees angriff und intim berührte. Ähnlich hemmungslos und brutal ging der zuletzt im Management tätige Mann am 1. März 2017 vor, indem er eine 59-Jährige auf ihrem Nachhauseweg in der Bernburger Straße gegen 21:45 Uhr durch Faustschläge zu Boden stieß, teilweise entkleidete und an ihr manipulierte, ehe er aufgrund eines drohenden Eingreifens von Zeugen die Flucht antrat.

Zudem soll Marcus L. am frühen Morgen des 14. August 2017 im Rosental gegen 06:30 Uhr einer 43 Jahre alten Joggerin, die gerade wegen Magenschmerzen innehielt, von hinten an den Intimbereich gefasst und nur 30 Minuten später eine Seniorin (82) unsittlich berührt haben, die er zuvor zu Boden gerissen hatte.

Besonders die letzte, dem Angeklagten zugeordnete Tat hatte nicht nur die Stadt Leipzig schockiert: Am 31. August 2017 war eine Läuferin (69) gegen 09:20 Uhr unweit vom Zooschaufenster des Rosentals plötzlich von hinten gepackt, zu Boden gestoßen, auf die Wiese gezogen, durch Tritte und Schläge malträtiert worden. Dann soll der Angreifer sein Opfer vergewaltigt haben, ehe er es hilflos zurückließ. Die Seniorin wurde potenziell lebensbedrohlich verletzt und notoperiert.

Überfallene Joggerin hatte das Laufen nach schwerer Krankheit für sich entdeckt

Die Kammer hob in ihrer Urteilsbegründung die außerordentliche Brutalität der Tat hervor: „Im Gesicht war so ziemlich alles kaputt“, fasste die Vorsitzende Richterin Katrin Seidel das schockierende Verletzungsbild bei der letzten Tat zusammen.

Die Geschädigte sei eine zierliche Person, die seinerzeit nach einer schweren Erkrankung auf ärztlichen Rat das Laufen für sich entdeckt hatte, durch den Übergriff aber körperlich und psychisch auch mehr als acht Jahre später noch immer eingeschränkt sei. Das gelte auch für die anderen Opfer, die durch die Taten ins Unglück gestürzt wurden. Sie alle hatten vor Gericht unter Ausschluss der Öffentlichkeit ihre Zeugenaussagen getätigt.

Marcus L. selbst hatte sich weitgehend geständig eingelassen, allerdings den schwerwiegenden Vergewaltigungsvorwurf bestritten: Es habe demnach nur einen körperlichen Übergriff gegeben. Er sprach in einem Entschuldigungsbrief von Scham ob der Taten, angeblich konsumierten Pillen, einer schwierigen Lebensphase und einem Kontrollverlust, so der junge Familienvater.

Gefasst wurde er im Frühjahr 2025, nachdem er versucht hatte, Grillzubehör in einem Baumarkt zu stehlen. Eine Speichelprobe brachte zur Überraschung der Ermittler, die jahrelang ergebnislos das Phantom gejagt hatten, eine Übereinstimmung mit Spuren der bis dato unaufgeklärten Sexualdelikte.

Verteidigung prüft Rechtsmittel

Verurteilt wurde Marcus L. am Mittwoch auch für das Abtreten eines PKW-Außenspiegels sowie den Diebstahl von Badeutensilien am Schladitzer See. Auf einem BH wurden später seine Spermaspuren gesichert.

Anzeichen für eine verminderte Schuldfähigkeit beim Angeklagten wurden nicht erkannt. Das Strafmaß von elf Jahren entsprach dem Antrag von Oberstaatsanwalt Christoph Kruczynski. Verteidiger Martin Radowsky hatte insgesamt acht Jahre und neun Monate Haft gefordert. Er kündigte an, eine Revision gegen die Entscheidung zumindest zu prüfen.

Grundlegende Kritik hatte der Rechtsanwalt aber nicht: „Das Gericht hat ein faires Verfahren geliefert“, betonte der Verteidiger am Ende des Prozesses. „Es wurde ermittelt, was ermittelbar war.“

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