Er soll mehrere Frauen in Leipzig attackiert und missbraucht haben. Besonders die brutale Misshandlung und Vergewaltigung einer damals 69-jährigen Joggerin im Rosental am 31. August 2017 sorgte überregional für Entsetzen. Im Prozess gegen Marcus L. präsentierte dessen Verteidiger am Dienstag im Landgericht nun einen Entschuldigungsbrief an die Frau, ohne dass darin die Vergewaltigung eingeräumt wird.
Es tue dem Angeklagten „schrecklich leid“, heißt es in einem Brief, den Rechtsanwalt Martin Radowsky am Dienstag im Leipziger Landgericht an die Prozessbeteiligten übergab: Er habe sein Opfer schwer verletzt, auf eine Weise, für die er „sich schäme“ und die er „zutiefst bereue“, ließ der 33 Jahre alte Marcus L. übermitteln. Damals habe er schwierige Zeiten durchlebt, er wisse aber, dass dies das Geschehen nur erklären könne, nicht etwa rechtfertigen.
Angeklagter hat Vergewaltigung abgestritten
Damit bestätigte der Angeklagte zumindest, dass es am Vormittag des 31. August 2017, etwa 09:20 Uhr, an der Hundewiese des Leipziger Rosentals einen körperlichen Übergriff auf eine Joggerin gegeben hat. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft habe Marcus L. die zu diesem Zeitpunkt 69-jährige Frau auf ihrer Laufrunde von hinten gepackt, ins Gesicht geschlagen und wortlos vergewaltigt, ehe er die sportliche Seniorin – offenbar ein Zufallsopfer – einfach blutend zurückließ. Die schwer Verletzte musste nach dem brutalen Vorfall notoperiert werden.
Marcus L. dagegen soll eine Vergewaltigung bestritten haben: In seiner Darstellung gestand der zuletzt im Management tätige Mann demnach „nur“ einen körperlichen Angriff auf die 69-Jährige. Zu dessen Zeitpunkt will er unter dem Einfluss nicht näher definierter Pillen gestanden haben, ohne die er nie zu einer solchen Tat fähig gewesen sei. Er habe womöglich die Kontrolle verloren.
Anklage geht von vier weiteren Übergriffen aus
Darüber hinaus wirft die Anklagebehörde dem Mann eine Reihe weiterer sexueller Übergriffe vor, darunter auf eine nackt badende Frau (damals 37) am Cospudener See im April 2016 und auf eine Passantin (damals 59), die er auf ihrem Nachhauseweg in der Bernburger Straße im März 2017 zu Boden gestreckt, teils entkleidet und sich ebenfalls an ihr vergangen habe.
Ein ähnlich schockierendes Muster soll der mutmaßliche Sexualstraftäter auch gezeigt haben, als er sich laut Anklage am 14. August 2017, wiederum im Rosental, zwei Frauen (damals 43 und 82) kurz hintereinander annäherte und an ihnen manipulierte.
Ältestes Opfer 90 Jahre alt
Im laufenden Prozess wird vermutlich allen fünf Geschädigten die Aussage nicht erspart bleiben. Eine Situation, die für Betroffene psychisch extrem schmerzhaft und retraumatisierend wirken kann, besonders in Fällen wie hier: Es sei eine „besondere Belastung durch die mediale Aufmerksamkeit“ gegeben, konstatierte am Dienstag auch die Vorsitzende der 6. Strafkammer, Katrin Seidel.
Das Gericht plant zum Schutz der Frauen für die folgenden Prozesstage einen weitreichenden Ausschluss der Öffentlichkeit aus dem Verhandlungssaal, zumal das älteste Opfer inzwischen 90 Jahre alt und dem Vernehmen nach gesundheitlich angeschlagen ist. Der betagten Frau soll für ihre gerichtliche Vernehmung ein sogenannter Zeugenbeistand an die Seite gestellt werden.
Generell müssten die Geschädigten nur dann im Beisein von Zuschauern und Presse aussagen, wenn sie dies ausdrücklich wünschten. Bei der Joggerin aus dem Rosental ist dies bereits ausgeschlossen: Die Rentnerin, die sich dem Verfahren neben einer weiteren Frau als Nebenklägerin angeschlossen hat, möchte kein Beisein der Öffentlichkeit, sagte ihre Anwältin Marlene Praschak.
Urteil könnte kurz vor Weihnachten fallen
Bereits am Dienstag mussten Prozessbeobachter ihre Plätze nach einigen Minuten räumen, da Marcus L. in seiner Aussage nach Angaben seines Verteidigers auch intimste Details aus seinem Leben angibt, bei denen das Persönlichkeitsrecht überwiege.
Geständig hat sich der unscheinbar und gepflegt wirkende Mann, der erst im Frühjahr 2025 überraschend gefasst wurde, bislang in Bezug auf eher untergeordnete Anklagepunkte gezeigt. So habe er im April 2023 den Außenspiegel eines PKW abgetreten und Ende August 2021 den Inhalt eines Rucksacks am Schladitzer See geklaut. Auf einem BH wurden später seine Spermaspuren gesichert.
Marcus L. sitzt weiterhin in Untersuchungshaft. Für den Prozess unter anderem wegen besonders schwerer Vergewaltigung, sexueller Nötigung und Körperverletzung sind noch Termine bis 17. Dezember geplant.
Empfohlen auf LZ
So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:











Keine Kommentare bisher