"Mir ist noch eine Gefahrenstelle aufgefallen, die ich auf dem täglichen Weg zur Arbeit überquere und so manchen Unfall nur um ein Haar herum gekommen bin. Und zwar ist die B2 Brandenburger Straße Stadt einwärts bei OBI ein reines Fiasko. Das beginnt, dass die nach rechtsabbiegenden Autos den Radweg über eine längere Strecke überqueren müssen. Hier ist es bei zu schnellem oder unvorsichtigem Radfahrern auch möglich, dass man ein Auto mal in der Flanke hat", schreibt uns ein Leser.

“Die nächste Stelle sind die nach rechts abbiegenden Fahrzeuge Richtung Hauptbahnhof. Da der Radweg mit ein wenig Abstand hinter den Bäumen geführt wird und die Autos den Radfahrer somit nicht im Spiegel sehen können, lag ein Freund von mir schon mal halb unter einem Fernbus. Gleiches gilt dann auch für die Abbiegung in die Rosa-Luxemburg-Straße.”

Das beigefügte Bild zeigt die zweite geschilderte Situation: Die B 2 wird in großem Bogen Richtung Listplatz geführt. Aber mitten in diesem Bogen zweigt nach wie vor die alte Streckenführung der Brandenburger Straße nach rechts ab und ist quasi die Abkürzung für alle Kfz, die auf schnellerem Weg Richtung Hauptbahnhof wollen. Und da sie auf der B2 in der Regel ohne Tempoverringerung von der Brandenburger Brücke runterkommen, achten viele Kraftfahrer nicht darauf, dass noch in der Kurve der Radweg die Kurve quert.

Die zuerst geschilderte Situation ist eh wieder so eine Leipziger Sonderlösung, bei der man sich fragt: Was soll das? Konnten sich die Straßenmaler nicht entscheiden, an welcher Stelle sie nun die Zufahrt zur Hans-Poeche-Straße unterbringen und den Radweg kreuzen lassen? Dürfen Autofahrer hier würfeln, wo und wie sie den Radweg überqueren? Oder ist das schon eine Teststrecke für die Gigaliner, die ein paar deutsche Verkehrsminister unbedingt in ein eh schon enges Verkehrsnetz hineinpressen wollen, koste es, was es wolle?

Wahrscheinlich sind Radfahrer in diesem noch gar nicht so alten Teil Leipziger Verkehrssünden gut beraten, sich ein Blaulicht auf den Kopf zu setzen und es nicht wieder auszuschalten, bis sie den Bereich der Brandenburger Straße weit, weit hinter sich gelassen haben.

Was sagt der ADFC dazu?

Alexander John, Stellvertretender Vorsitzender des ADFC Leipzig

Ja, die 1990er, da hat man viel gebaut und es sind die schlimmsten Strecken für den Radverkehr entstanden. Neben einem Belag, der heute oft nicht mehr richtig nutzbar ist, hat man auch viele neue Wege an historisch gewachsene versucht anzuschließen – nicht immer ist das aus Sicht des Radverkehrs geglückt.

Die besagten Stellen sind zwar alles andere als schön, aber interessanterweise keine Unfallhäufungsstellen und dass, obwohl sogar der Radweg selbst in der Brandenburger schon genug Potential zum Stürzen hat. Bspw. am Übergang vom Hochbordradweg auf den Radfahrstreifen an der neuen Obi-Zufahrt ist ein Versatz drin, der durch die hohe Geschwindigkeit beim Bergabfahren das Spurhalten kaum ermöglicht. Und die weitestgehend verlegten Steine liegen heute nicht mehr so wie vor 15 Jahren und waren auch nie für so hohe Geschwindigkeiten ausgelegt, wie man problemlos durch die Abfahrt von der Brandenburger Brücke erreicht – das Gefälle macht’s möglich.

Wie könnten Lösungen aussehen?

Relativ wenig Aufwand wäre die Entfernung der Benutzungspflicht, wer zügig fährt, fährt dann am besten mit dem Kfz-Verkehr – in Berlin funktioniert das recht gut – Leipzigs Autofahrenden fehlt da oft noch die Gelassenheit.

Um das Fahren auf der Fahrbahn zu unterstützen, könnte aus der rechten Fahrspur in den Knotenzufahrten eine Kombispur markiert werden. D.h. der geradeaus fahrende Radverkehr teilt sich mit dem rechts abbiegenden Kfz-Verkehr eine Fahrspur. Dergleichen gibt es bereits in der Pfaffendorfer Straße am Zoo (stadteinwärts) und in der Lützner Straße auf Höhe Merseburger Straße (stadtauswärts). Es gibt also auch schon Erfahrungen mit der Kombispur auch auf einer Bundesstraße mit höherer Kfz-Belegung. Und wer sich nicht mit dem Rad auf die Fahrbahn traut, bleibt weiterhin auf dem Radweg.

Würde man das Projekt “Hauptbahnhofsvorplatz” (Nr. 6 der Serie) umsetzen, würde der Hauptgrund, in die Rosa-Luxemburg-Straße abzubiegen, entfallen. Die meisten Kfz suchen nach einem Weg in Richtung Nürnberger Straße/östlicher bzw. südlicher Promenadenring. Das führt sogar dazu, dass ein Großteil der Kfz am Johannisplatz aus der Querstraße kommend nach rechts in Richtung Augustusplatz abbiegt – auch so eine Gefahrenstelle, die man mit dem Hauptbahnhofsvorplatz erledigen könnte.

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Es gibt 2 Kommentare

Stefan – es zeugt nicht von Reife, dass Sie Ihre “fouls” umkommentiert lassen und zur nächsten Stelle stolpern.

Die Einmündung, die im Foto zu sehen ist, ist auch für Fußgänger nur unter großer Gefahr möglich; denn, wie im Artikel schon beschrieben, fliegen die rechtsabbiegenden Autofahrer ohne merkliche Geschwindigkeitsverminderung einfach hinein. Man muss sich drauf verlassen, dass man “gesehen” wird, und ist dann auch “mit”schuldig, einen unschuldigen Autofahrer plötzlich zu einer Bremsung genötigt zu haben.

Auf diese Problematik für Fußgänger habe ich das hochweise Verkehrsamt bereits in einem meiner Beiträge zum (faktisch gescheiterten) Bürgerwettbewerb Stadtverkehr hingewiesen. Ich hatte einen Zebrastreifen angeregt, um nicht gleich mit einer bösartigen Bedarfsampel zu kommen. Wurde natürlich abgewatscht. Ich muss außerdem dem Planer, der die Antwort schrieb, wohl noch dankbar sein, dass er mich dabei nicht für völlig naiv verkauft hat (was bei einem anderen von mir benannten neuralgischen Punkt im Stadtverkehr allerdings der Fall war).

Ich erwarte keine Münsteraner Verhältnisse, aber es liegt sehr wohl ganz viel am Leipziger Verkehrsamt, für ein partnerschaftliches Verhältnis der Verkehrsteilnehmer zu sorgen. Komisch, dass man im 21. Jahrhundert noch darüber reden muss.

Leipzig ist eben immer für eine Reise in die Vergangenheit gut. Verkehrspolitisch sind es ungefähr 30 Jahre. Mitte der 1980er gab es auch schon Radwege und Fußgängerzonen.(!)

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