Montag, der 15. Dezember 2025: Landwirts-Proteste, „Sächsischen Separatisten“ und Bewährungsstrafe für Lok-Fan nach Überfall auf BSG-Chemie-Anhänger

Mann mit Ordner vor dem Gesicht im Gerichtssaal
Ein 20-jähriger Lok-Fan wurde heute am Landesgericht wegen des Überfalls auf BSG-Chemie-Fans im März dieses Jahres verurteilt. Foto: LZ

In den frühen Morgenstunden protestierten sächsische Landwirte vor dem Logistikzentrum des Discounters Lidl gegen zu niedrige Milch- und Butterpreise. Außerdem: Im kommenden Jahr wird der Prozess gegen die „Sächsischen Separatisten“ eröffnet und in Australien wurden ein Vater und sein Sohn als mutmaßliche Täter nach einem Anschlag am Bondi Beach in Sydney identifiziert. Die LZ fasst zusammen, was am Montag, dem 15. Dezember 2025, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Proteste sächsischer Landwirte

Rund 100 Traktoren standen am frühen Montagmorgen vor dem Radeburger Logistikzentrum der Supermarktkette Lidl. Unter dem Slogan „Lidl lohnt sich – nur nicht für uns Landwirte…“ protestierten Landwirte vor Ort gegen die niedrigen Preise für Milch und Butter. Die derzeitigen Milchpreise belasteten die wirtschaftliche Lage vieler Milcherzeuger erheblich, äußerte sich der Sächsische Landesbauernverband e. V. bereits am vergangenen Freitag zur aktuellen Lage.

Weiter hieß es: „Die Aggressivität, mit der die Lebensmitteleinzelhandel den Preis mit immer neuen Preissenkungsrunden drücken, ist von neuer Qualität. Dies verurteilen wir auf das Schärfste und appellieren an die politischen Entscheidungsträger, den Blick auf die Handelspraktiken zu richten und damit langfristig verlässliche und partnerschaftliche Beziehungen zwischen Milcherzeugern und Verarbeitern zu sichern.“

Infolge des sinkenden Weltmarkthandelspreises für Milch waren die Preise für Butter zuletzt drastisch gesunken und so günstig wie seit Jahren nicht. So kostet ein 250-Gramm-Stück Deutscher Markenbutter der Eigenmarken momentan weniger als ein Euro.

Prozess gegen „Sächsische Separatisten“

Das Oberlandesgericht Dresden teilte am heutigen Montag mit, dass im kommenden Jahr der Prozess gegen acht Männer beginnen soll, welchen unter anderem die mitgliedschaftliche Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung sowie die Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens vorgeworfen wird. Die Mitglieder der selbsternannten „Sächsischen Separatisten“ vertraten laut Gericht rassistische, antisemitische und teilweise apokalyptischen Überzeugungen.

Sie seien, so die Anklage, überzeugt gewesen, dass ein unbestimmter “Tag X” bevorstehe, an dem der staatliche und gesellschaftliche Zusammenbruch Deutschlands eintreten werde. Sie seien entschlossen gewesen, bei dieser Gelegenheit einen möglichst großen Teil Sachsens zu erobern und dort einen an der Ideologie des Nationalsozialismus ausgerichteten Staat zu errichten.

Im Zuge dessen planten die Angeklagten die „Liquidierung von Vertretern der staatlichen Ordnung und ethnische Säuberungen.“ In Vorbereitung hatte die Gruppe rund um den aus Brandis stammenden Jörg S. militärische Ausrüstungsgegenstände herangeschafft sowie paramilitärische Kampftrainings durchgeführt.

Bewährungsstrafe für Lok-Anhänger

Nach einem Überfall auf acht Fans des Fußball-Regionalligisten BSG Chemie Leipzig im März dieses Jahres wurde am heutigen Montag ein 20-Jähriger vor dem Landesgericht verurteilt. Der junge Mann hatte wegen versuchten Mordes vor Gericht gestanden, war durch das Geständnis der Tat aber mit einer Bewährungsstrafe davongekommen. Er muss außerdem 250 Stunden gemeinnützige Arbeit ableisten und an einem Anti-Gewalt-Training teilnehmen.

Die Staatsanwaltschaft hingegen hatte eine Gefängnisstrafe von knapp fünf Jahren gefordert. Man ging von einem geplanten Überfall aus.

Was war passiert? Am späten Abend des 22. März, ein Tag vor dem Sachsenpokalspiel, in welchem sich Lok Leipzig und Chemie Leipzig gegenüberstanden, waren etwa 30 Anhänger des 1. FC Lokomotive Leipzig in der Leipziger Straße in Böhlitz-Ehrenberg angerückt. Mindestens elf von ihnen sollen der Anklage zufolge über die Chemie-Fans hergefallen sein.

Der damals 19-jährige Angeklagte hatte, so der Vorwurf, einem 18-jährigen Chemie-Anhänger 19mal gegen den Kopf getreten, als dieser am Boden lag. Laut Gericht konnte dieser Vorwurf nicht zweifelsfrei geklärt werden.

Unser Redakteur Lucas Böhme war im Gericht vor Ort und wird zu späterer Stunde einen ausführlichen Prozessbericht liefern.

Warnstreik bei Momox

Der Online-Handel Momox wird am heutigen Montag und morgigen Dienstag bestreikt. „Solange die Arbeitgeberseite nicht verhandelt, machen wir Druck, und zwar immer mehr“, erklärte der zuständige Gewerkschaftssekretär Ronny Streich am Montag. „Sie – die Arbeitgeber – sollten nicht den Fehler machen, die Ernsthaftigkeit, den Mut und die Entschlossen der Kolleginnen und Kollegen zu unterschätzen.“

„Bei momox in Leipzig arbeiten viele migrantische und geflüchtete Kolleginnen und Kollegen z.B. aus Afghanistan, Syrien, Iran, Venezuela, Indien. Sie stehen unter besonderem Druck“, erklärt die Gewerkschaft. „Arbeitshetze und Leistungsdruck treffen auf Existenzängste. Die migrantischen Beschäftigten befürchten mit Verlust des Arbeitsplatzes auch den Verlust des Aufenthaltstitels. Diese Angst nutzt auch momox aus, insbesondere mit befristeten Einstellungen.“

Schon vor zwei Wochen hatten Mitarbeitende des Unternehmens für einen Tag ihre Arbeit niedergelegt. Die Gewerkschaft kritisiert weiterhin viel zu niedrige Löhne für die Mitarbeitenden. „Der Mindeststandard ist der Tarifvertrag.“

„Verstecke“ Kondensstreifen, die Gier der Reichen und ein politischer Spiegelmoment

Worüber die LZ heute berichtet hat:

Leipziger Studie: „Versteckte“ Kondensstreifen in Zirruswolken tragen zur Klimaerwärmung bei

Die Gier der Reichen zerstört die Demokratie: Fratzscher fordert ein modernisiertes Steuersystem

Studie von ADFC und Verkehrswende Leipzig: Leipzig hat zu wenige Fahrradübungsplätze

Das Rätsel Alexander Eichwald: Ein politischer Spiegelmoment

Torgau und seine Huldigungen gegenüber dem Landesherrn: Was Huldigungen über Macht und Autonomie erzählen

Kant, Biodiversität und Wissenschaftskommunikation: Kein bisschen verstaubt diese Akademie + Videos

Klage gegen AfD-Abgeordneten und neue Erkenntnisse nach Attentat in Sydney

Was heute außerdem wichtig war: In Berlin fanden heute weitere Gespräche über das weitere Vorgehen und einen möglichen Waffenstilltand bezüglich des Ukraine-Krieges statt. Schon am gestrigen Sonntag waren Verhandlungen aufgenommen worden von Vertreter*innen der USA und der Ukraine.

Die Berliner Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen den AfD-Bundestagsabgeordneten Matthias Moosdorf erhoben. Dem 60-Jährigen wird vorgeworfen, während der laufenden Bundestagssitzung am 22. Juni 2023 im Bereich der Garderobe des Reichstagsgebäudes einen Parteifreund öffentlich mit einem Hackenschlag und Hitlergruß begrüßt haben.

Nach dem tödlichen Anschlag auf eine jüdische Feier am Beach in Sydney, Australien, wurden die beiden Tatverdächtigen identifiziert. Laut Polizei handele es sich um Vater und Sohn (50 und 24 Jahre alt). Bei dem als antisemitischen Terroranschlag eingestuften Angriff wurden 16 Menschen getötet, mehr als 40 Personen wurden verletzt. Der 50-jährige mutmaßliche Attentäter wurde von Polizisten erschossen.

Kant, Biodiversität und Wissenschaftskommunikation: Kein bisschen verstaubt diese Akademie + Videos

Prof. Dr. Christian Wirth beim Festvortrag, Foto: Thomas Köhler

„Wir müssen raus aus unserer Blase, ich glaube, das ist ganz wichtig. Es ist immer schön, wenn man sich mit den Kollegen austauscht und in einem wissenschaftlichen Diskurs verbleibt. Aber das wird uns nicht retten. Wir müssen raus aus unserer Wissenschaftsblase und wir müssen, regional die Leute ansprechen und versuchen, die zu Hause abzuholen. Diese ganz großen Würfe, die man immer versucht, die funktionieren meistens eben nicht.“

So sagte Katja Bühler auf dem Podium der öffentlichen Herbstsitzung der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, am 12. Dezember 2025 in der Bibliotheca Albertina.

Warum stelle ich das an den Anfang des Artikels?

Akademie der Wissenschaft, das klingt verstaubt etwa wie: Alte weiße Professoren sitzen da und reden über Dinge, die nur wenige Akademiker interessieren. Ja, eben diese Wissenschaftsblase, darüber muss man doch nicht berichten.

Wie war das am 12. Dezember?

Beginnen wir mit dem Podium, da saßen zwei Professorinnen und zwei Professoren, der Altersschnitt war etwa 50 Jahre. Das ist in diesem Bereich kein hohes Alter. Einer dieser Professoren, Christian Wirth, Direktor des Botanischen Gartens der Universität Leipzig und Direktor de iDiv, hielt vorher einen Festvortrag. Das Thema war „Mit Biodiversität gegen den Klimawandel und seine Folgen“.

Die Podiumsdiskussion bestritt er dann gemeinsam mit Katja Bühler, Professorin für „Technologie produktiver Biofilme“ an der TU Dresden, Emese Domahidi, Professorin für Kommunikationswissenschaft an der TU Ilmenau, und Martin Bertau, Direktor des Instituts für Technische Chemie der Bergakademie Freiberg. Zum Thema „Wissen und Wandel: Wie können Wissenschaft und Gesellschaft gemeinsam Probleme lösen?“ wurde unter der Moderation von Tanja Busse diskutiert.

Zwischenfazit: „Alte Professoren“ und „verstaubte Themen“ – Fehlanzeige.

Leider hatte sich die Akademie darauf verlassen, dass die Tonanlage am Veranstaltungsort zur Verfügung stand und die eigene nicht mitgebracht. So gab es Probleme mit den Mikrofonen und für mich keine Möglichkeit den Ton von der Anlage abzunehmen.

Das Video des Festvortrages habe ich mit „Adobe podcast“ verbessert, Veränderungen der Sprachfärbung waren dabei bedauerlicherweise unumgänglich. Ein Video der Diskussion steht leider nicht zur Verfügung, die Aufnahme des Raumtons ist nicht geeignet.

Hornmusik und Kant

Horn-Quartett der Hochschule für Musik und Theater, Foto: Thomas Köhler

Bevor es mit dem Festvortrag losging, gab es eine musikalische Einleitung, vier Studierende der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ spielten Stücke von Bizet, Mozart und Weber auf dem Horn. Der Präsident der Akademie, Prof. Dr. Hans-Joachim Knölker, eröffnete die Herbstsitzung und gab einen kurzen Einblick in die Arbeit der Akademie.

Es folgte die Verleihung des Nachwuchsförderpreises des Fördervereins der Akademie an Dr. Jens Pier, für seine Arbeit zu „Kants Selbstbewusstseinsgedanke als methodologischer Neuanstoß für die gegenwärtige Metaphysik.“ Der Philosoph war extra aus London angereist und hielt auch einen 10-minütigen, durchaus hörenswerten, Kurzvortrag zu dem Thema.

Mit einem Gedanken aus dem Vortrag gehe ich über zu dem Hauptteil:

Prof. Dr. Hans-Joachim Knölker, Dr. Jens Pier und Prof. Dr. Harald Krautscheid, Foto: Thomas Köhler

„Die artikulierte Einheit des Denkens ist also ein Projekt, das wir von Kant empfangen haben. Ein solches Projekt ist, wie alle Teile der Geistesgeschichte, teils problembehaftet, teils ein Kind seiner Zeit, aber wie alle guten Ideen der Geistesgeschichte weist es jedoch über sich selbst und seine Entstehung hinaus. Und in den besten Momenten der Philosophie ist sie ein Beitrag zu unendlichen Aufgaben, die uns als Menschen aufgegeben ist, der Bestimmung des menschlichen Standortes in der Welt.“

Prof. Wirth zur Biodiversität

Christian Wirth teilte seinen Vortrag in drei Teile, zuerst beschäftigte er sich mit dem Einfluss des Klimawandels auf die biologische Vielfalt hat. Im zweiten Punkt führte er aus, dass biologische Vielfalt in der Lage ist, mindestens teilweise, den Klimawandel zu bremsen oder die Folgen abzumildern. Im dritten Teil ging es um die Anwendung dieser Kenntnisse.

Es war eine kurze, wenn auch 25-minütige, inhaltsreiche Zusammenfassung zum Thema, mit Zahlen, Fakten, Verweisen auf Veröffentlichungen und Beschreibungen von Versuchen. Wichtig erschienen mir die Ausführungen zur Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen. Beispielsweise, dass Artenreichtum in Wäldern die Produktivität erhöht, also gut für die Holzwirtschaft ist.

Aber auch die Möglichkeiten für neue Technologien in Land- und Waldwirtschaft, die zu innovativen und weltmarktfähigen Technologien führen können. Biodiversität ist keine Bremse für die Wirtschaft. Dieser Teil ist unter „Ökologische Intensivierung“ – Wirtschaften mit Biodiversität, im Video ab Minute 14 zu finden.

Die Podiumsdiskussion

Wie bringt man Wissenschaftsthemen in die Gesellschaft, wie wehrt man sich gegen Fake News im Wissenschaftsbereich, wie umgehen mit „Wissenschaftsskeptikern“, muss man soziale Medien generell kritisch betrachten oder soll man diese nutzen? Das und vieles andere mehr diskutierten die Teilnehmenden.

Tanja Busse stellte zu Beginn die Teilnehmenden vor und sprach auch gleich ein wichtiges Thema an. Sie fragte Katja Bühler: „Wie viel von dem, was Sie entwickelt haben, hilft denn jetzt Probleme zu lösen und wie viel bleibt in der Universität als eine schöne Möglichkeit?“

Prof. Dr. Katja Bühler, Prof. Dr. Emese Domahidi und Tanja Busse, Foto: SAW

Die ernüchternde Antwort war:

„Ich muss leider sagen, das meiste bleibt in der Schublade. Es steht und fällt immer mit der ökonomischen Frage, ob man damit verdient, ja oder nein. Unser großes Problem ist, dass wir gegen etablierte Prozesse antreten, die bereits in der Chemieindustrie lange laufen.

Es ist immer für die Industrie ein großes Risiko, so etwas umzustellen und in dem Moment, wo das Endprodukt zwei Cent teurer sind als das, was etabliert ist, sind sie schon vom Tisch und in der Schublade. Das große Problem ist, dass die Bepreisung dieser Produkte nicht ganz ehrlich ist. Wir haben Produkte, die auf fossilen Rohstoffen basieren, die häufig nicht die ganzen Folgeschäden, die sie mit sich bringen, einpreisen. Das heißt, sie sind unterm Strich viel zu billig.“

Ein Beispiel, wie es funktionieren kann, zeigte Martin Bertau auf:

„Wir haben eine Ausgründung aus der Uni auf den Weg gebracht, die genau das macht und die betreibt die weltweit größte betriebliche Phosphat-Recyclinganlage. Deswegen die weltweit größte, weil es die einzige ist, die es gibt und die auch tatsächlich funktioniert.

Ich will damit zeigen, es geht tatsächlich. Es funktioniert, es geht, in den Unis liegt sehr viel in den Schubladen und es liegt tatsächlich nicht nur an der Politik, sondern auch an der Gesellschaft und der Industrie, solche Verfahren aus den Schubladen herauszuholen.“

Die Frage, wie sich die Einführung von Computern, von sozialen Medien, von Digitalisierung, vielleicht auch von KI, auf unser Kommunikationsverhalten auswirkt und was das alles bewirkt und ob das an der wahnsinnig schnellen Entwicklung liegt, richtete sich an Emese Domahidi.

Der Wandel, also die Digitalisierung und die sozialen Medien kamen ja gar nicht so schnell, führte sie aus.

„Wir haben vielleicht als Gesellschaft, salopp gesagt, verpennt darauf rechtzeitig zu reagieren und uns rechtzeitig damit zu beschäftigen. Wir haben viel geforscht zu politischer Kommunikation in Krisenseiten, zum Beispiel während der Covid-Krise und haben ein bisschen das Gefühl, dass wir es mit einer irrationalen Öffentlichkeit zu tun haben. Wir haben doch Lösungen, warum wollen wir die nicht umsetzen als Gesellschaft?

Warum gibt es Akteure und Akteurinnen, die da gar nicht mitmachen wollen? Dann sehen wir die politische Entwicklung, beispielsweise in den USA. Wir sehen, wie soziale Medien da genutzt werden. Wir sehen zum Beispiel, wie soziale Medien, wie Telegram, nicht von der breiten Bevölkerung genutzt werden, sondern wo sich Akteure speziell vernetzen, die gegen Lösungen sind, die wir als gesellschaftlich wünschenswert erachten.“

Prof. Dr. Martin Bertau und Prof. Dr. Christian Wirth, Foto: Thomas Köhler

Christian Wirth sprach von einem reinen Umsetzungsproblem:

„Obwohl ich mir als Wissenschaftler gerne den Hut aufsetze und sage, wir haben noch ganz fürchterlich viele Wissensmücken und dafür brauchen wir ganz viele Fördermittel, um das alles herauszufinden, muss ich, wenn ich ganz ehrlich bin, sagen: Um die Probleme zu lösen, des Biodiversitätsschutzes beispielsweise, bei der Klimakrise, wissen wir genug. Wir könnten sofort und direkt anfangen und könnten in wenigen Jahren extrem viel erreichen. Da brauchte es eigentlich keine weitere Forschung dazu.“

Es verbietet sich von selbst eine einstündige Diskussion in einem Artikel vollumfänglich wiederzugeben. Es wurden viele Herausforderungen ausführlich aufgezeigt. Gegen Ende kam es, wie zu erwarten war, auf das Thema Wissenschaftsfeindlichkeit und Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit.

Dazu werde ich in einem weiteren Artikel ausführlich eingehen. Ein Zitat nur, welches zeigt wie sehr das Thema Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auch hier beschäftigt.

„Ich gebe ehrlich zu, ich habe große Angst davor, das kann einfach wahnsinnig schnell kippen. Ich habe viel in Diktaturen gearbeitet, ich war in China, ich habe lange Jahre in Russland gearbeitet. Ich weiß, dass man mit den Menschen dort über die Wissenschaft, das Wetter, das Essen, die Familie reden kann.

Über bestimmte Dinge darf man auf gar keinen Fall reden, weil man auch nie weiß, wer mit am Tisch sitzt. Und ich merke jetzt an mir, dass meine Kommunikation mit meinen US-amerikanischen Kolleginnen und Kollegen in dieselbe Richtung geht. Dass ich mich bereits einer Selbstzensur unterziehe, weil ich Angst habe, dass ich diese Kollegen dort in irgendeiner Weise gefährde.

Das ist nicht überzogen, sondern tatsächlich real. Da entfaltet sich derzeit eine wirkliche Dystopie, das kann uns hier genauso passieren. Ich bin relativ fest davon überzeugt. Wir müssen einfach wachsam sein. Also immer schön kommunizieren, jawohl, aber zu einem bestimmten Zeitpunkt muss man sich auch wehren können. Ich weiß nur nicht genau wie.“

Eine Idee, wie es klappen könnte

Am Ende der Diskussion äußerte Christian Wirth noch seine Idee, wie man die wissenschaftlichen Lösungen in die Gesellschaft einbringen könnte.

„Ich hätte gerne etwas Haptisches. Ich hätte gerne eine Art Nachhaltigkeits-Musterlandschaft. Mit glücklichen Menschen, die Geld verdienen. Wo eine Attraktions-Wirkung entfaltet wird, der man sich gar nicht entziehen kann. Sodass Leute wirklich neugierig werden und neidisch darauf werden und das bei sich zu Hause auch so haben wollen. So etwas müssten wir bauen.

Etwas, was den ästhetischen Wert einer Caspar-David-Friedrich-Landschaft hat, mit modernen Elementen, die dort zu sehen sind. Wo Busse mit Studierenden hinfahren, die dort Exkursionen machen, um sich dieses Beispiel anzuschauen.

Wo die Chinesen Leute hinschicken, um sich anzuschauen wie wir das hingekriegt haben. Wir müssen etwas auf den Tisch legen, was extrem hohe Qualität hat. Sowohl finanziell als auch ökosystemar als auch kulturell. Daran müssen wir bauen. Und dann alle möglichen Leute begeistern, da mitzumachen. Damit man sich dem nicht entziehen kann.“

Ob ein ökologischer Gegenentwurf zur konservativen Heidi-Sehnsuchtslandschaft die Lösung ist? Einen Versuch wäre es jedenfalls wert.

Ich habe, während sich die Teilnehmenden schon am Buffet labten, ein kurzes Gespräch mit Christian Wirth geführt.

Fazit: Es lohnt sich an den Veranstaltungen der Sächsischen Akademie der Wissenschaften teilzunehmen und darüber zu berichten. Sei es auch nur um diese Themen nicht nur auf den kleinen Kreis der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu beschränken.

Leipziger Studie: „Versteckte“ Kondensstreifen in Zirruswolken tragen zur Klimaerwärmung bei

Hier ist ein sogenannter „inverser“ Kondensstreifen zu sehen. Foto: Dr. Torsten Seelig/Universität Leipzig
Hier ist ein sogenannter „inverser“ Kondensstreifen zu sehen. Foto: Dr. Torsten Seelig/Universität Leipzig

Forschende des Instituts für Meteorologie der Universität Leipzig haben erstmals die Klimawirkung von Kondensstreifen, die sich innerhalb von natürlichen Zirruswolken bilden, bestimmt. Kondensstreifen stellen den größten Klimaeffekt der Luftfahrt dar, der nicht auf der Emission von Kohlendioxid beruht. Die Leipziger Forschenden konnten nun zeigen, dass bisher nicht berücksichtigte, „versteckte“ Kondensstreifen bis zu zehn Prozent des Effekts normaler, frei sichtbarer Kondensstreifen zur Erwärmung der Atmosphäre beitragen.

Das bedeutet, dass auch diese eingebetteten Kondensstreifen einen spürbaren Beitrag zum Klimawandel durch den Flugverkehr leisten und damit nicht zu vernachlässigen sind. Ihre neuen Erkenntnisse haben die Forschenden gerade im Fachjournal „Nature Communications“ veröffentlicht.

„Es gab zuvor die Vermutung, dass solche Kondensstreifen den Einfluss von Zirruswolken vereinzelt sogar umkehren könnten – also, dass die Wolken statt zu wärmen eher kühlen. Dafür haben wir aber keine eindeutigen Hinweise gefunden. Das heißt: Gezielt durch Zirruswolken zu fliegen, um den Klimaeffekt der Luftfahrt zu verringern, funktioniert wahrscheinlich nicht“, sagt der Leiter der Studie, Dr. Matthias Tesche.

In der Untersuchung des Forschungsteams habe sich auch deutlich der Einfluss der Corona-Pandemie gezeigt, als es deutlich weniger Flugverkehr gab. Das sei in den Daten klar erkennbar gewesen.

Besonders wichtig seien die Ergebnisse, weil fast zeitgleich eine andere Studie im selben Fachjournal erschienen ist, so Tesche. Diese zeige, dass die Bedingungen für die Bildung von Kondensstreifen fast immer dort vorkommen, wo auch Zirruswolken entstehen.

Demnach entstehen die meisten Kondensstreifen höchstwahrscheinlich in Zirruswolken und nicht – wie zuvor angenommen – in wolkenloser Luft.

Flugzeugdaten mit Satellitenbeobachtungen und Computermodelle

Das Forschungsteam hat Flugzeugdaten mit Satellitenbeobachtungen und Computermodelle zur Berechnung des Strahlungseffekts herangezogen.

„Wir haben die Flugrouten einzelner Flugzeuge mit Messdaten eines Satellitenlasers verglichen. An den Punkten, an denen sich die Flugstrecken und die Satellitenmessungen überschnitten, haben wir untersucht, ob sich in den Zirruswolken Veränderungen erkennen lassen, die durch das vorbeifliegende Flugzeug verursacht wurden“, beschreibt der Meteorologe die Methodik der Forschungsarbeiten.

Auf diese Weise hätten sie rund 40.000 solcher Fälle gefunden und diese Daten anschließend genutzt, um zuerst den lokalen Einfluss und danach auch den weltweiten Effekt auf die Strahlungsbilanz der Erde – also auf die Erwärmung oder Abkühlung durch Kondensstreifen in Wolken – abzuschätzen.

„Erstens wissen wir nun, dass nicht nur die sichtbaren Kondensstreifen am Himmel, sondern auch jene, die sich innerhalb von Wolken bilden, beim Klimaeffekt des Flugverkehrs berücksichtigt werden müssen. Zweitens zeigt sich, dass das gezielte Durchfliegen von Zirruswolken keine geeignete Methode für sogenanntes ‚Green Flying‘ ist – also dafür, den Klimabeitrag der Luftfahrt durch veränderte Flugrouten zu verringern“, fasst Dr. Torsten Seelig, der Erstautor der Studie, die Forschungsergebnisse zusammen.

Heisenberg-Stelle für Dr. Matthias Tesche

Seit September 2025 finanziert die Deutsche Forschungsgemeinschaft für drei Jahre eine Heisenberg-Stelle für Tesche – mit der Option auf eine Verlängerung um zwei Jahre. In dem Projekt geht es um den Einfluss von Aerosolpartikeln auf Wolken und wie sich diese auf die Energiebilanz der Erde auswirken.

Dafür sollen neue Methoden genutzt werden, die in den vergangenen Jahren von Tesche und seinem Team an der Universität Leipzig entwickelt wurden. Insbesondere sollen auch Eiswolken berücksichtigt werden, sodass die in „Nature Communications“ veröffentlichte Studie im weitesten Sinne auch in das Thema der Heisenberg-Förderung fällt.

Originaltitel der Veröffentlichung in „Nature Communications“: „Quantification of the radiative forcing of contrails embedded in cirrus clouds

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Für die Inhalte sind allein die Übersender der Mitteilungen verantwortlich, die Redaktion macht sich die Aussagen nicht zu eigen. Bei Fragen dazu wenden Sie sich gern an redaktion@l-iz.de oder kontaktieren den Versender der Informationen.

Blauzungenkrankheit vom Serotyp 8 bei einem Rind in Sachsen festgestellt

Kühe im Stall
Foto: Marko Hofmann

Im Landkreis Meißen ist die Blauzungenkrankheit vom Serotyp 8 (BTV-8) bei einem Rind festgestellt worden. Das nationale Referenzlabor am Friedrich-Loeffler-Institut hat den Befund bestätigt. Das Virus der Blauzungenkrankheit hat verschiedene Varianten, die sich in ihren krankmachenden Eigenschaften unterscheiden.

Nachdem in den letzten zwei Jahren ausschließlich der Serotyp 3 für massive Ausbruchsgeschehen in Deutschland gesorgt hat, ist dies der erste Nachweis dieses Serotyps seit 2009 in Sachsen. Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sind schon seit den letzten Monaten verstärkt betroffen.

Um den Ausbruchsbestand im Landkreis Meißen wird eine Handelsrestriktionszone mit einem Radius von 150 km festgelegt. Damit gelten die durch die Unternehmer zu ergreifenden Präventionsmaßnahmen gleichermaßen für alle Halter empfänglicher Tiere in Sachsen. Unter dem untenstehenden Link kann die Zone virtuell dargestellt werden.

Das Verbringen von empfänglichen Tieren (Rinder, schaf- und ziegenartige Tierarten) innerhalb Sachsen ist weiterhin ohne Einschränkungen möglich. Für Tiere, die in andere Länder – EU-Mitgliedstaaten oder Drittstaaten – verbracht bzw. exportiert werden sollen, gelten die unter »weitere Informationen« aufgeführten Möglichkeiten.

Die vorstehenden Einschränkungen gelten ausschließlich für BTV-8. In Bezug auf den BTV-Serotyp 3 bestehen keine Einschränkungen für Verbringungen innerhalb Deutschlands. Der beste Schutz der Tiere wird über eine Impfung erzielt. Die Tiere müssen jedoch gezielt gegen den spezifischen Serotyp geimpft werden, da die Impfstoffe jeweils nur bestimmte Serotypen schützen (fehlende Kreuzimmunität).

In den letzten Jahren wurde ausschließlich gegen den Typ 3 geimpft, so dass die so geimpften Tiere aktuell nicht gegen Serotyp 8 geschützt sind. Tierhalter sind aufgerufen, ihre Tiere unverändert gegen BTV-3 und darüber hinaus verstärkt auch gegen BTV-8 zu impfen.

Die Blauzungenkrankheit ist eine durch Culicoides-Gnitzen (blutsaugende Stechmücken) übertragbare Virusinfektion. Der aktive Flugradius der Gnitzen beträgt ca. 5 km. Durch Windverdriftung sind Übertragungen von Distanzen bis 80 km beschrieben. Für BTV sind folgende Säugetierfamilien empfänglich: Hornträger wie Rind, Schaf und Ziege, Kamele, Hirsche, Giraffenartige, Moschustiere, Gabelhorntiere und Hirschferkel. Die Tierseuche ist keine Zoonose und stellt keine Gefahr für Menschen dar.

Die Blauzungenkrankheit verursacht eine fieberhafte Allgemeininfektion mit zumeist unspezifischem Erscheinungsbild (erhöhte Körpertemperatur, Abgeschlagenheit, Fressunlust, Milchrückgang, Absonderung von der Herde, Entzündung und Rötung der Schleimhäute mit z. B. Augenausfluss, Speicheln, Nasenausfluss, Lahmheit, und beitragenden Tieren bis hin zum Verlust der Frucht). Bei schweren Verläufen können Tiere versterben.

Erkrankungen von Einzeltieren sollten unbedingt durch den bestandsbetreuenden Tierarzt abgeklärt werden. Erkranken gleichzeitig oder kurz hintereinander mehrerer Tiere, die den Ausbruch einer BTV befürchten lassen können, ist unverzüglich das regionale Veterinäramt zu informieren. Es wird empfohlen Tiere, die Krankheitsanzeichen zeigen und bereits gegen BTV-3 geimpft sind, trotzdem auf BTV untersuchen zu lassen.

Weitere Informationen

Unter Berücksichtigung der in der EU gemeldeten Ausnahmeregelungen zu BTV-8 gibt es drei Optionen, eine Verbringung zu ermöglichen:

1. Die Tiere wurden vollständig gegen BTV-8 geimpft, befinden sich innerhalb des durch die Spezifikationen des Impfstoffs garantierten Immunitätszeitraums und erfüllen mindestens eine der folgenden Anforderungen:

  • sie wurden mindestens 60 Tage vor der Verbringung geimpft; oder
  • sie wurden mit einem inaktivierten Impfstoff geimpft und mit Negativbefund einem PCR-Test unterzogen, der an Proben durchgeführt wurde, die frühestens 14 Tage nach Einsetzen der Immunität, wie in den Spezifikationen des Impfstoffs angegeben, entnommen wurden.

2. Nachkommen von Rindern, Schafen und Ziegen im Alter unter 90 Tagen, deren Mütter

  • vor der Belegung korrekt gegen BTV-8 geimpft oder
  • mindestens 28 Tage vor ihrer Geburt korrekt gegen BTV-8 geimpft wurden

Im Fall von 2. b) ist zudem ein negativer PCR-Test für BTV-8 einer Probe erforderlich, die innerhalb von 14 Tagen vor der Verbringung entnommen wurde. Diese Nachkommen müssen zusätzlich innerhalb von 12 Stunden nach der Geburt Kolostrum des Muttertieres erhalten haben und von einer Tierhaltererklärung begleitet werden.

3. Tiere, die keine der Anforderungen nach 1. oder 2. erfüllen, können nur verbracht werden, sofern sie

  • mindestens 14 Tage vor dem Transport durch Insektizide oder Repellentien vor Vektorangriffen (Gnitzen) geschützt wurden und
  • während dieses Zeitraums mit Negativbefund einem PCR-Test unterzogen wurden, der an Proben durchgeführt wurde, die frühestens 14 Tage nach dem Beginn der Behandlung mit Insektiziden oder Repellentien entnommen wurden.

Diese Tiere müssen zusätzlich von einer Tierhaltererklärung begleitet werden.

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Polizeibericht 15. Dezember: Zwei Tatverdächtige nach Einbruch gestellt,Ohne Fahrerlaubnis mit gestohlenen Kennzeichen unterwegs

Das Polizeirevier in der Dimitroffstraße
Das Polizeirevier in der Dimitroffstraße. Foto: LZ

Zwei Tatverdächtige nach Einbruch gestellt

Ort: Leipzig (Möckern), Zeit: 14.12.2025, gegen 11:00 Uhr

Gestern wurden im Norden Leipzigs zwei Tatverdächtige bekannt gemacht, nachdem sie in eine Firma eingebrochen waren und mehrere Gegenstände gestohlen hatten. Die zwei Männer (42 und 46 Jahre, beide polnisch) hatten die Eingangstür zu einer Firma, die sich in einem Mehrfamilienhaus befindet, aufgetreten. Sie durchsuchten die Räume und stahlen elektronische Geräte, mehrere Rucksäcke und andere Dinge.

Noch im Tatortbereich konnten die beiden durch eingesetzte Polizeibeamte vom Polizeirevier Leipzig-Nord festgestellt werden. Sie hatten das Diebesgut noch bei sich, was dann wieder zurückgegeben werden konnte. Es hatte einen Wert von über 1.000 Euro. Der entstandene Sachschaden an der Tür wurde auf circa 50 Euro geschätzt. Die beiden Tatverdächtigen durften nach den polizeilichen Maßnahmen wieder gehen.

Ohne Fahrerlaubnis mit gestohlenen Kennzeichen unterwegs

Ort: Laußig, S 11, Zeit: 14.12.2025, 16:25 Uhr

Bei einer Verkehrskontrolle wurde festgestellt, dass der Fahrer (38, deutsch) keine gültige Fahrerlaubnis besitzt, die amtlichen Kennzeichen am Auto gestohlen waren und er selbst unter dem Einfluss von Drogen stand.

Um 16:25 Uhr hielt eine Streife vom Polizeirevier Eilenburg einen vor ihnen fahrenden VW Golf an, um eine allgemeine Verkehrskontrolle durchzuführen. Er fuhr auf der Staatsstraße 11 aus Richtung Eilenburg nach Laußig. Bei der Kontrolle des schon polizeibekannten 38-Jährigen und der am Fahrzeug angebrachten Kennzeichen konnte weder ein Führerschein noch eine Zulassungsbescheinigung vorgezeigt werden.

Letztlich besaß er gar keine behördliche Fahrerlaubnis und die Torgauer Kennzeichen am Auto waren als gestohlen gemeldet. Ebenso war die Plakette der Hauptuntersuchung mit einer Gefälschten überklebt. Zudem reagierte ein mit dem Fahrer durchgeführter Drogenschnelltest positiv auf Amphetamine, was eine Blutentnahme nach sich zog.

Da das Auto nicht dem 38-Jährigen gehörte, wurde es sichergestellt. Gegen den Fahrer wurde Anzeige wegen mehrerer Delikte erstattet, unter anderem wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und Urkundenfälschung.

Die Gier der Reichen zerstört die Demokratie: Fratzscher fordert ein modernisiertes Steuersystem

Porträt Marcel Fratzscher.
Prof. Marcel Fratzscher. Foto: DIW Berlin/B. Dietl

Wie redet man einer Regierung ins Gewissen, deren Bundeskanzler gar nicht einsehen will, dass die Reichen und Superreichen viel zu wenig beitragen zur Finanzierung des gemeinsamen Staates? Der lieber bei den eh schon knapp gehaltenen Bürgergeldempfängern sparen will, als wenn sie an der finanziellen Schieflage des Staates schuld wären.

Aber es ist ja nicht nur in Deutschland so, dass hier Regierungen über die Jahrzehnte einen regelrechten Steuerminderungswettlauf für die Reichen veranstaltet haben. Es ist ein Problem der ganzen westlichen Welt, das DIW-Präsident Marcel Fratzscher am 5. Dezember thematisierte.

Er tat das in seiner Kolumne in der „Zeit“: „Wir müssen die Supereichen endlich stärker besteuern“.

„Ein neuer Oxfam-Bericht versetzt einer ohnehin düsteren Entwicklung den nächsten Schlag: Ein kleiner Kreis Superreicher verzeichnet binnen zwölf Monaten enorme Zugewinne – während Millionen weiter abrutschen. Inzwischen kontrolliert das reichste Prozent weltweit mehr Vermögen als die gesamte ärmere Hälfte der Bevölkerung. Das ist kein Randphänomen, sondern Ausdruck einer Dynamik, in der Vermögen immer schneller aus sich selbst heraus wächst – und große Teile der Gesellschaft kaum noch Chancen auf eigenen Kapitalaufbau haben“, stellte Fratzscher dort fest.

„Auch in Deutschland zeigt sich dieses Muster in besonderer Schärfe. Seit vielen Jahren gehört die Bundesrepublik zu den Ländern mit der höchsten Vermögensungleichheit in Europa. Die reichsten zehn Prozent der Haushalte halten zwei Drittel des Nettovermögens; die untere Hälfte der Bevölkerung kommt zusammen gerade einmal auf ein Prozent. Besonders alarmierend: Nahezu dreißig Prozent der Haushalte besitzen keinerlei Vermögen – viele sind sogar überschuldet. Ihnen fehlen nicht nur finanzielle Rücklagen, sondern auch jede reale Chance auf eine stabile wirtschaftliche Perspektive.“

Verzerrte Anreize

Die Ursachen, so stellt er fest, „liegen in politischem Gestaltungsversagen und verzerrten Anreizen: Kaum ein anderes Land belastet Arbeit so hoch und Vermögen so niedrig wie Deutschland. Kapital und große Vermögen tragen vergleichsweise wenig zum Gemeinwohl bei. Zugleich bleibt der Zugang zu Immobilien – der zentralen Vermögensbasis deutscher Haushalte – für viele unerreichbar.“

Zudem falle die öffentliche Förderung von Vermögensaufbau gering aus und komme häufig gerade jenen zugute, „die ohnehin über hohe Einkommen verfügen. Die Folge ist eine Spaltung, bei der Kapital aus Renditen und Immobilienwertsteigerungen rascher wächst als Arbeitseinkommen, und zwar selbst dann, wenn Menschen hart arbeiten. So sind die Vermögen der Superreichen im vergangenen Jahr um 16,5 Prozent angewachsen, zeigen die Berechnungen von Oxfam – das ist ein vielfach höheres Wachstum als für die meisten Arbeitseinkommen.“

Verlorenes Vertrauen

Und die wirtschaftlichen Risiken seien auch nur ein Teil des Problems. Denn die Ungleichheit hat Folgen für die Demokratie. Und zwar gravierende: „Gesellschaftlich befeuert Vermögensungleichheit, Polarisierung und Misstrauen. Wer das Gefühl hat, trotz Arbeit nicht voranzukommen, verliert Vertrauen in staatliche Institutionen und demokratische Verfahren. Der Aufschwung populistischer Bewegungen geht in vielen Ländern Hand in Hand mit wachsenden sozialen Ungleichheiten.“

Und er stellt etwas fest, was im Lobbyland Deutschland viel zu selten thematisiert wird: „Extreme Ungleichheit schwächt demokratische Systeme zudem unmittelbar, weil wirtschaftliche Macht politischen Einfluss verstärkt und gesellschaftliche Fairness zunehmend infrage gestellt wird. Wenn ein erheblicher Teil der Bevölkerung weder Vermögen aufbauen noch am Wachstum des wirtschaftlichen Wohlstands teilhaben kann, entsteht ein gefährlicher Nährboden für politische Radikalisierung.“

Zeit für eine Steuer-Modernisierung

Und so fordert Fratzscher etwas, was nun seit Jahren als Hauptaufgabe auf den Tisch deutscher Regierungen liegt und einfach nicht angepackt wird, obwohl das Land immer tiefer in die Schuldenspirale rutscht und wichtige Investitionen nicht mehr leisten kann: Deutschland muss sein eigenes Steuersystem endlich modernisieren.

„Die Besteuerung von Arbeit sollte deutlich reduziert, die Besteuerung großer Vermögen, Kapitalerträge und Erbschaften hingegen angemessen gestärkt werden. Eine gerechte Erfassung großer Immobilienwerte, eine Reform der Erbschaftsteuer und die konsequente Einbeziehung hoher Kapitalgewinne sind zentrale Elemente einer solchen Reform“, zählt Fratzscher auf.

„Dadurch könnten nicht nur staatliche Einnahmen stabilisiert, sondern auch ein fairerer Wettbewerb zwischen Arbeit und Kapital hergestellt werden.“

Kein Bundeskanzler kann sich herausreden, er habe das nicht gewusst. Aber stattdessen sind die meisten Parteien wieder mit massiven Steuersenkungsprogrammen in den Wahlkampf gestartet, haben den Wählern suggeriert, es ginge um ihre Steuern, obwohl es fast ausschließlich um die Steuern der Reichen und Vermögenden ging.

Alles nach der neoliberalen Trickle-down-Theorie, die man augenscheinlich in den Parteizentralen für einen Zauberspruch hält, mit dem die Steuerersparnisse für die Reichen dann irgendwie als winzige Wohlstandsgewinne bei den Armen ankommen.

Was aber niemals passiert. Die ganze Geschichte der neoliberalen Politik ist eine Geschichte der Umverteilung von unten nach oben.

Und so stellt Fratzscher logischerweise auch fest: „Ungleichheit ist keine naturgegebene Tatsache, sondern Ergebnis politischer Entscheidungen. Sie kann daher auch durch politische Entscheidungen überwunden werden.

Die Befunde sind ein Weckruf: Ein System, das Wohlstand bündelt, sägt an seinem eigenen Ast. Gerecht verteilte Chancen und Vermögen sind kein Zierwerk, sondern die Voraussetzung für Stabilität, Stärke – und eine lebendige Demokratie.“

Studie von ADFC und Verkehrswende Leipzig: Leipzig hat zu wenige Fahrradübungsplätze

Studie zur Radfahrausbildung in Leipzig. Cover: ADFC Leipzig
Studie zur Radfahrausbildung in Leipzig. Cover: ADFC Leipzig

Radfahren ist für Kinder in Leipzig selbstverständlich. Die Radfahrausbildung findet große Zustimmung und die Kinder sind hoch motiviert. Trotzdem zeigt eine neue Studie deutliche Mängel bei der Verkehrserziehung. Es fehlen geeignete Übungsplätze, gut geschultes Personal und klare Kommunikation.

Die am 11. Dezember veröffentlichte Studie „Radfahrausbildung in Leipzig“ verdeutlicht, dass die Ausbildung in vielen Bereichen reformbedürftig ist. ADFC Leipzig und Verkehrswende Leipzig fordern daher konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Ausbildung, um einen wirksamen Beitrag zur Vision Zero zu erreichen.

Die Radfahrausbildung ist fester Bestandteil des Lehrplans sächsischer Grund- und Förderschulen. Im Sachunterricht soll die Theorie vermittelt werden.

Speziell geschulte Polizeikräfte sind dafür zuständig, die praktische Ausbildung auf Übungsplätzen oder in geeigneten Hallen durchzuführen. Ziel ist es, Kinder zu befähigen, sich sicher und selbstständig mit dem Rad im Straßenverkehr zu bewegen.

Fast jedes Kind in Leipzig besitzt ein Fahrrad, die meisten nutzen es regelmäßig – oft auch auf dem Schulweg. Dennoch schätzen Eltern die Verkehrssicherheit ihrer Kinder als unzureichend ein: Gerade einmal 13 % haben ein gutes Gefühl, wenn ihr Kind am Straßenverkehr teilnimmt.

Die Diskrepanz zwischen hoher Motivation und geringer Sicherheitseinschätzung zieht sich wie ein roter Faden durch die Ergebnisse.

Die Studie findet man hier.

96 % der Befragten halten die Radfahrausbildung für wichtig oder sehr wichtig, kritisieren jedoch vor allem den geringen Umfang und die mangelnde Qualität der praktischen Ausbildung – es fehlt an Zeit, pädagogischer Begleitung und realitätsnahen Bedingungen.

In manchen Schulen findet laut Umfrage gar keine praktische Ausbildung statt – häufig wegen Personalmangels oder fehlender Übungsplätze.

Zu wenige Fahrradübungsplätze

In Leipzig gibt es derzeit sechs Fahrradübungsplätze, von denen fünf auf Schulhöfen liegen und nicht öffentlich zugänglich sind. Einige sind zudem sanierungsbedürftig oder schlecht erreichbar. Für die zehn Leipziger Stadtbezirke ist dies deutlich zu wenig.

69 % der Befragten und 78 % der Ausbilder sehen hier dringenden Handlungsbedarf. Bereits 2022 beschloss der Stadtrat die Suche nach geeigneten Flächen sowie den Bau einer wetterunabhängigen Übungshalle, doch bislang wurde dieser Beschluss nicht umgesetzt.

„Damit alle Kinder sicher Radfahren lernen können, braucht Leipzig ausreichend Übungsplätze – idealerweise in jedem Stadtteil. Der Beschluss zur Übungshalle muss endlich umgesetzt werden“, fordert Anne Schumann, Vorstandsvorsitzende des ADFC Leipzig.

71 % der Eltern fühlen sich unzureichend über Ablauf, Inhalte und Zuständigkeiten der Radfahrausbildung informiert – viele wissen nicht, wer diese an der Schule ihres Kindes durchführt. Die Studie fordert deshalb eine frühere und klarere Kommunikation, etwa über Elternabende, Schulwebseiten oder eine zentrale Informationsplattform, idealerweise ergänzt um eine Übersicht der Übungsplätze in Leipzig.

Gute Öffentlichkeitsarbeit stärkt den gesellschaftlichen Stellenwert der Ausbildung und sensibilisiert andere Verkehrsteilnehmer sowie Verkehrsplaner und Entscheidungsträger für die kindlichen Belange.

Vision Zero

Trotz der Defizite überwiegt die Begeisterung: 90 % der Kinder hatten Spaß an der Ausbildung, zwei Drittel der Eltern sind grundsätzlich zufrieden.

Viele wünschen sich jedoch eine intensivere und praxisnähere Ausbildung. Um das zu erreichen, braucht es vor allem ausreichend gut geschultes Personal – etwa zusätzliche Polizeibeamte sowie eine stärkere Einbindung gemeinnütziger Organisationen.

Ebenso wichtig ist, dass Kinder genügend Zeit zum praktischen Üben erhalten. Ohne qualifiziertes Personal und regelmäßige Übungsmöglichkeiten kann die Radfahrausbildung ihren Anspruch nicht erfüllen.

Eine hochwertige Radfahrausbildung ist ein wesentlicher Baustein für die Vision Zero – das Ziel, schwere und tödliche Verkehrsunfälle zu vermeiden.

Da Kinder im Straßenverkehr besonders gefährdet sind und häufig noch wenig Erfahrung besitzen, stärkt eine gute Ausbildung grundlegende Fähigkeiten wie Regelkenntnis, sichere Fahrmanöver und das Einschätzen von Verkehrssituationen.

Damit ist die Radfahrausbildung nicht nur eine pädagogische Aufgabe, sondern ein zentraler Bestandteil kommunaler Verkehrssicherheitsarbeit und ein konkreter Beitrag zur Umsetzung der Vision Zero.

„Leipzig braucht eine flächendeckende, qualitativ hochwertige Radfahrausbildung – nicht nur auf dem Papier, sondern in der Praxis“, fasst Daniel Obst von der Initiative Verkehrswende Leipzig die Ergebnisse zusammen. „Jedes Kind sollte die Chance haben, sicher und selbstständig mit dem Rad unterwegs zu sein.“

Das Rätsel Alexander Eichwald: Ein politischer Spiegelmoment

Doppelter Zeigefinger. Grafik: LZ
Doppelter Zeigefinger. Grafik: LZ

Es gibt Momente, in denen die politische Bühne für einen Augenblick aus der Zeit fällt. Ein junger Mann tritt ans Pult, richtet sich auf, holt tief Luft – und spricht, als sei er aus einer anderen Epoche herübergestolpert. Alexander Eichwald hat auf dem AfD-Gründungskongress der „Generation Deutschland“ nicht einfach eine Rede gehalten; er hat ein Rätsel produziert, das nun wie ein Splitter im kollektiven Auge steckt. Man reibt sich und fragt: Was genau habe ich da gesehen?

Zwei Wochen nach diesem Auftritt bleibt die zentrale Frage ungelöst: Was wollte er damit? Die Interpretationen überschlagen sich, doch seine Intention bleibt bemerkenswert unklar.

Erste Analysen deuten jedenfalls darauf hin, dass weder klassische Satire noch Humor oder eine Provokation aus dem linken Spektrum wahrscheinlich sind. Zu konsistent ist der Pathos, zu wenig gebrochen der Vortrag, zu eindeutig das ästhetische Zitat, als dass es sich um kalkulierte Ironie handeln könnte.

Die Parodie, die zu ernst klang

Denn das, was dort gesagt wurde, ließe sich mit historischen Schlagworten beschreiben. Aber die Art, wie es gesagt wurde, rutschte in eine Sphäre, in der Ernst und Parodie so eng beieinanderliegen, dass sie sich gegenseitig verschlucken.

Es war, als sei jemand in eine Rolle geschlüpft, die längst auf den Dachboden der Geschichte verbannt gehört – und hätte sie, ohne jede ironische Brechung, mitten ins helle Licht eines Jugendkongresses getragen.

Die Szene hatte etwas von einem schlechten Theaterstück, allerdings einem, bei dem man nicht weiß, ob der Schauspieler seinen Text falsch verstanden hat oder das Publikum.

Das rollende „R“, der archaische Pathos, das knöcherne „Parteigenossen“ – alles wirkte ein wenig zu bewusst, zu dramatisch, zu einstudiert, um einfach nur unglücklich zu sein. Und doch zu ernst, zu konsequent durchgehalten, um ein Witz zu sein.

Was, wenn es ernst gemeint war?

Gerade diese Uneindeutigkeit bildet den Kern des Rätsels: eine Rede, die aussieht wie eine Parodie und klingt wie ein Fanal. Ein junger Mann, der auftritt wie ein Statist aus einem Propagandafilm, jedoch mit einer Überzeugung, die kein Regisseur mehr in der Hand hat.

Eine politische Bühne, die plötzlich wirkt wie ein Spiegelkabinett, in dem unklar bleibt, ob man die Originalfigur sieht oder nur ihre verzerrte Reflexion.

Nimmt man jedoch an, dass es tatsächlich ernst gemeint war, eröffnen sich mehrere Deutungsebenen. Eine erste versteht die Rede als Ausdruck einer ideologischen Sozialisation, die historische Ästhetiken nicht als Warnsignal, sondern als Ressource begreift – ein Beispiel dafür, wie sich kollektive Gedächtnisse nicht nur bewahren, sondern auch verformen können.

Eine zweite Lesart verbindet Ideologie mit Aufmerksamkeitsökonomie. In ihr greifen Überzeugung und Kalkül ineinander. Dass sowohl die Süddeutsche Zeitung als auch Die Zeit andeuten, Eichwald wolle sich eine öffentliche Erklärung oder „Auflösung“ seiner Rede bezahlen lassen, schärft diesen Blick zusätzlich.

Aufmerksamkeit erscheint dann als politische Währung, und die Grenze zwischen Bekenntnis und Selbstvermarktung verschwimmt.

Eine dritte Möglichkeit folgt der Logik strategischer Verwirrung: jenem Prinzip, so viele ästhetische, emotionale und rhetorische Überlagerungen zu erzeugen, dass jede klare Deutung unmöglich wird. Das Ziel wäre weniger Zustimmung als eine kollektive kognitive Erschöpfung – ein Zustand, in dem die Wirklichkeit selbst unscharf wird.

Und schließlich bleibt die Vorstellung eines privaten Experiments: eines jungen Mannes, der – getrieben von Neugier, Übermut oder Verzweiflung – die Bühne als Versuchsfeld nutzt und damit unfreiwillig die Verletzlichkeit politischer Symbolwelten freilegt. In dieser Perspektive ist die Rede kein Bekenntnis, sondern ein Stresstest der Öffentlichkeit.

In diesen Deutungen begegnen sich zwei Dynamiken: die Sehnsucht nach Eindeutigkeit und die moderne Erfahrung, dass politische Wirklichkeit zunehmend aus Inszenierungen besteht, die man weder ganz glauben noch ganz verwerfen kann. Eichwalds Rede wirkt wie ein Testfall dafür, wie fragil unsere Kriterien für das „Ernsthafte“ geworden sind.

Gerade in einer Demokratie, die politische Ernsthaftigkeit lange als gemeinsame Grundlage verstand und nun weltweit beobachten muss, wie sich dieses Verständnis in Richtung populistischer oder autokratischer Formen verschiebt, erhält ein solcher Moment seine besondere Schärfe.

Das Rätsel ohne Lösung – aber mit Bedeutung

Vielleicht ist gerade dies das eigentliche Kunststück dieser unfreiwilligen Inszenierung: Sie legt offen, wie dünn die Membran zwischen Vergangenheit und Gegenwart geworden ist. Wie schnell eine politische Bewegung, die sich gern „bürgerlich“ nennt, in ästhetische Abgründe kippt.

Und wie irritiert die Öffentlichkeit reagiert, wenn Extremismus nicht mehr als grimmiges Drohgebäude erscheint, sondern als unfreiwillige Groteske.

Das Rätsel Eichwald ist also keines, das nur auf eine Lösung wartet. Es ist ein Rätsel, das auch eine Diagnose stellt. Es zeigt eine Jugendorganisation und eine Partei, die erschrickt, wenn jemand in einem unkonventionellen Format ausspricht, was an ihrer Mitte längst akzeptiert ist; und ein Land, das manchmal nicht weiß, ob es lachen oder frösteln soll, wenn sich die Geschichte im falschen Kostüm zurückmeldet.

Vielleicht wird man später sagen, diese Rede sei kein Unfall, sondern ein Symptom – ein kurzer Moment, in dem die politische Gegenwart ihre eigene Maskerade erkannte und erschrak.

Oder man wird sagen, es sei nur ein junger Mann gewesen, der seine Rolle zu ernst nahm. Doch das größere Rätsel bleibt bestehen: Warum wirken die Schatten der Geschichte plötzlich wieder so nah, dass selbst ihre Karikaturen beklemmend real erscheinen?

Torgau und seine Huldigungen gegenüber dem Landesherrn: Was Huldigungen über Macht und Autonomie erzählen

Ines Elsner: Torgau und seine Huldigungen gegenüber dem Landesherrn 1464 – 1815. Foto: Ralf Julke
Ines Elsner: Torgau und seine Huldigungen gegenüber dem Landesherrn 1464 – 1815. Foto: Ralf Julke

Es ist eigentlich eine sehr heutige Geschichte, die die Historikerin Ines Elsner in dieser Schrift für den Torgauer Geschichtsverein aufblättert, auch wenn Städte in Sachsen heute ihrem Landesherrn nicht mehr huldigen müssen. Hoppla. Autsch. Doch. Müssen sie.

Manchmal braucht es ein Stück Forschung aus feudalen Zeiten, damit wir ein Stück unserer eigenen feudalen Wirklichkeit sehen und die ganz und gar nicht feinen Fäden der Macht, mit denen Städte in Sachsen ihrem Landesherrn untertänig sind. Selbstbestimmung sieht anders aus. Vielleicht sollten wir doch wieder huldigen?

Einfach deshalb, damit auch das auf dem Markt versammelte Volk sieht, wer im Staat das Geld und die Macht verwaltet. Und diese Macht auch ausnutzt, um den Städten im Land zu zeigen, wer hier eigentlich die Dukaten verteilt.

Die Zeiten, da sächsische Landesherren zumindest noch das Gefühl hatten, dass sie auf die Unterstützung ihrer Städte angewiesen waren, sind vorbei. Verschwunden in einer trockenen Bürokratie, die hierarchisch nur noch von oben nach unten denkt.

Eine zwischengeschaltete Landesbehörde sorgt dafür, dass die Städte der geplagten Regierung gar nicht erst auf den Keks gehen. So macht man Macht unsichtbar und lässt gegenseitige Abhängigkeiten hinter dem Vorhang verschwinden.

Da lohnt es sich schon, mit der Historikerin Ines Elsner ein Gebiet zu erkunden, das in der sächsischen Geschichtsforschung bisher recht unterbeleuchtet war: nämlich das der Huldigungen. Im speziellen Fall: der Huldigungen der Torgauer gegenüber den jeweils neuen Landesherren.

Denn wenn der alte Fürst gestorben war, trat der neue nicht einfach bedingungslos seine Nachfolge an. Dazu war sowohl den Fürsten als auch ihren Untertaten viel zu klar, dass Herrschaft zuallererst ein Rechtsverhältnis darstellt, bei dem nicht nur die Städte und Bürger dem Fürsten Gefolgschaft, Treue und Unterstützung schuldig waren, sondern der Fürst seinen Städten auch Schutz und die Gewähr von Privilegien, Freiheiten und Gewohnheiten schuldig war.

Macht-Ungleichgewichte

Es war ein fein austariertes Macht-Ungleichgewicht, in dem sich die Rolle der Städte durchaus verändern konnte und sie dem Landesherrn mehr Freiheit abtrotzen konnten. Aber auch das Ausschlagen zur anderen Seite war möglich und ist auch an den Torgauer Huldigungen gegenüber den Landesherren seit 1464 ablesbar.

Das ist der Zeitraum, der in den Archiven des Landes aktenkundig ist, in besonders gut dokumentierten Huldigungen oft sogar doppelt – in Torgau und in Weimar bzw. Dresden.

Aus der heutigen Sicht sieht es dann zwar immer so aus, als hätten die Räte der Städte sich einfach nur vor dem neuen Herrn tief verbeugen und am Ende froh sein müssen, wenn er so gnädig war, ihre alten Rechte zu bestätigen.

Aber Ines Elsner schildert anhand der verschiedenen Huldigungen, dass die Sache komplexer war, auch wenn jedes Mal der neue Landesherr im Mittelpunkt stand, mit großem Aufgebot um die Stadt ritt und dann in der Stadt feierlich empfangen wurde.

Und in fast alle Fällen fand dann die eigentliche Huldigung im Schloss Hartenfels statt, also am Ort des Landesherrn, nicht im Rathaus, wo die städtische Macht zu Hause war. Aber die Huldigungen unterschieden sich, kann Ines Elsner belegen.

Bis ins 17. Jahrhundert ist dabei durchaus zu konstatieren, dass auch die Stadt Torgau selbstbewusster wurde. Was nicht ganz selbstverständlich war, denn bis 1546 gehörte Torgau ja zum Kurfürstentum der Ernestiner, Hartenfels war von ihnen zur prächtigen Residenz ausgebaut worden.

Doch nach der Niederlage im Schmalkaldischen Krieg wanderte nicht nur die Kurwürde zu den Albertinern, auch Torgau wurde nun Teil des albertinischen Sachsen und verlor seinen Status als Residenzstadt.

Was noch nicht bedeutete, dass Torgau in der Unsichtbarkeit verschwand. Im Gegenteil: Bis zur Huldigung für Johann Georg I. im Jahr 1611 erlangte Torgau eine gewisse Eigenständigkeit und konnte sie auch im Huldigungsakt dem Fürsten gegenüber selbstbewusster zeigen.

Doch das war dann tatsächlich schon der Höhepunkt Torgauer Autonomie. Der Dreißigjährige Krieg und das neue Machtverständnis der Wettiner im Barock bereiteten dem ein Ende. Die Huldigungen wurden prächtiger, aber die jeweilige Organisation macht deutlich, dass von Augenhöhe der Torgauer Ratsmitglieder mit dem glanzvollen Fürsten keine Rede mehr sein konnte.

Herrschaft sichtbar gemacht

Im 18. Jahrhundert fanden dann die klassischen Huldigungen auch irgendwie sang- und klanglos ein Ende. Und damit ein mittelalterliches Instrument, mit dem die Wettiner im Grunde jedes Mal zu ihrem Regierungsantritt die rechtliche Grundlage ihrer Herrschaft anschaulich für ihr Untertanen legten.

Dazu reisten sie vor allem in die großen und wichtigen Städte ihres Herrschaftsbereiches und nahmen dort nicht nur die Huldigung der Räte und der Bürger entgegen, sondern auch die der lokalen Ritterschaft und der Geistlichkeit.

So wurde nicht nur Macht für alle erlebbar und greifbar, sondern auch die Rechtsbasis dieser Macht. Alles organisiert in einem großartigen Schauspiel. Und die Städte überreichten dabei auch kostbare Geschenke, von denen einige heute noch im Grünen Gewölbe in Dresden zu besichtigen sind.

19 Huldigungen konnte Ines Elsner in den Aktenbeständen finden, manche geradezu detailliert beschrieben, sodass sich auch kleinste Veränderungen ausmachen lassen.

Vor allem in den Orten der Huldigungen. War bis 1592 allein Schloss Hartenfels Ort der Huldigung, so verlagerte sich ein Teil davon in den Folgejahren zunehmend auch in den städtischen Raum, was Elsner wohl zu Recht als eine zunehmende Souveränität der Stadt Torgau interpretiert.

Wobei es ja nicht nur den einen Huldigungsakt gab, sondern für jede huldigende Gruppe einen eigenen. Dazu noble Festessen mit klar abgestimmter Rangfolge. Alles schon im Vorfeld von der Kanzlei des Fürsten vorbereitet und ausgehandelt.

Hier fanden die wichtigsten Abstimmungen statt, konnten die Torgauer Räte ihre Stärke ausprobieren und ins offizielle Zeremoniell eingreifen.

So gesehen trifft Elsners These zu, dass die Huldigungen eben auch stets vom Machtungleichgewicht zwischen Landesherren und huldigenden Städten berichteten. Die tatsächliche Huldigung war dann im Grunde nur noch der Akt, der das besiegelte.

Die Privilegien und Rechte, die der Fürst der Stadt garantierte, wurden schriftlich fixiert. Alle wussten nun, auf welcher Grundlage sie miteinander klarkommen mussten. Für die Bürger der huldigenden Städte war es die Gelegenheit, die Inszenierung von Macht einmal selbst mitzuerleben.

Wenn Macht sich hinter Bürokratie versteckt

Mit ihrem Buch legt Ines Elsner erstmals eine ausführliche Untersuchung der Torgauer Huldigungen vor, beispielhaft für alle größeren Städte in Sachsen. Denn Ähnliches wurde auch in Leipzig zelebriert, das natürlich auch jedes Mal Station auf den Huldigungstouren der neuen Fürsten war.

Wobei der Aspekt nicht unwichtig ist, dass der neue Landesherr sich selbst auf die Reise machte, um in den großen Städten die Huldigung entgegenzunehmen. Womit er den Städten eben auch zeigte, wie wichtig sie ihm waren. Er ließ die Bürgermeister nicht einfach bei sich in der Hauptresidenz antanzen.

Und das gibt einem doch für die Gegenwart schon zu denken, wo Macht ganz offensichtlich in lauter unsichtbaren Amtsvorgängen diffundiert und es praktisch kaum noch öffentliche Akte gibt, in denen Städte und Landesregierung sich begegnen.

Was natürlich für den Wahlbürger die Frage aufwirft, in welchem Verhältnis denn eigentlich Städte und Landesregierung zueinander stehen? Oder ob es ein Nicht-Verhältnis ist, bei dem überhaupt nicht klar ist, wo denn nun welche Kompetenzen und Privilegien liegen und wer eigentlich für wen die Verantwortung trägt.

Alles Fragen, die in einer Demokratie genauso wichtig sind wie im einstigen Kurfürstentum. Man muss sich aufeinander verlassen können. Auch darauf, dass die Landesherrschaft die Nöte und Sorgen der Städte wahrnimmt und sich nicht hinter blumigen Reden versteckt, wenn es eng wird.

So gesehen regt das Buch tatsächlich an, über Macht und Verantwortung nachzudenken. Und ihr scheinbares Verschwinden hinter bürokratischen Abläufen, die für die Bürger unsichtbar machen, wer denn nun eigentlich für was verantwortlich ist. Und wer sich seiner Verantwortung einfach klammheimlich entzieht.

Ines Elsner „Torgau und seine Huldigungen gegenüber dem Landesherrn 1464 – 1815, Sax-Verlag, Beucha und Markkleeberg 2025, 19,80 Euro

Das Wochenende, 13./14. Dezember 2025: Handala-Demo in Leipzig, Antifa-Demo im Erzgebirge und nächste Pleite für Chemie

Demonstration der Gruppe Handala im Januar 2024. Foto: Ferdinand Uhl

In Leipzig hat die Polizei dutzende Teilnehmer*innen einer Handala-Demonstration eingekesselt. Einige von ihnen sollen „verfassungsfeindliche Parolen“ gerufen haben. Außerdem: Mehrere hundert Menschen haben im Erzgebirge gegen Polizei und Neonazis demonstriert – auch von den Angesprochenen waren viele vor Ort. Die LZ fasst zusammen, was am Wochenende, 13./14. Dezember 2025, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Mehrere Teilnehmer*innen einer Demonstration der palästinensischen Gruppe Handala sind am Samstagnachmittag in polizeilichen Maßnahmen gelandet. Laut Polizei besteht der Verdacht, dass es sich um verfassungsfeindliche Äußerungen handelte.

Was genau gerufen wurde, teilte die Polizei nicht mit. In einem Video, das von Handala in den sozialen Medien verbreitet wurde, ist die Parole „From the river to the sea, Palestine will be free“ zu hören. Gerichte und Staatsanwaltschaften bewerten die Strafbarkeit dieser Parole unterschiedlich. Manche sehen darin einen Ruf nach Freiheit und Gerechtigkeit, andere interpretieren sie als Vernichtungswunsch gegenüber Israel.

Die Demonstration hatte sich unter anderem gegen den Friedensplan für den Nahen Osten gerichtet. Bei der Abschlusskundgebung landete schließlich ein Deutsch-Sudanese in der Polizeimaßnahme. Teilnehmer*innen der Demonstration solidarisierten sich mit dem Betroffenen und landeten daraufhin selbst in einem Polizeikessel. Laut Polizei beteiligten sich ungefähr 300 Menschen an der Demonstration.

Antifa-Demo im Erzgebirge

Das ist auch in etwa die Anzahl der Personen, die am Samstag in Schwarzenberg im Erzgebirge an einer Antifa-Demonstration teilgenommen haben. Die Demo richtete sich gegen Polizei und Neonazis und wurde von Gruppen aus sächsischen Großstädten unterstützt.

In Videos ist zu erkennen, dass entlang der Demoroute immer wieder größere Gruppen von Neonazis auftauchten. Einige Teilnehmer*innen der Antifa-Demo sollen durch Böllerwürfe verletzt worden sein. Die eigentliche Demo wurde mehrmals aufgehalten, weil Teilnehmer*innen vermummt gewesen sein sollen.

Verantwortlich für den Protest gegen die Antifa-Demo waren unter anderem die „Freien Sachsen“. Diese hatten im Vorfeld behauptet, dass die traditionelle Bergparade in Schwarzenberg in Gefahr sei. Tatsächlich wurden in dieser Hinsicht keinerlei Zwischenfälle bekannt.

Nächste Pleite für Chemie

Der Trainerwechsel bei Chemie Leipzig hat im ersten Spiel danach noch keine Wirkung gezeigt. Die Grün-Weißen mussten sich am Sonntag daheim dem Greifswalder FC mit 2:3 geschlagen geben. Bereits zur Pause lagen die Chemiker mit drei Toren im Rückstand.

In der Regionalliga Nordost belegt die BSG weiter den drittletzten Tabellenplatz. Sollte der Erstplatzierte der Regionalliga Nordost – das ist aktuell Lok Leipzig – nicht aufsteigen und beispielsweise Aue aus der 3. Liga absteigen, wäre Chemie auf einem Abstiegsplatz. Die Zahl der Abstiege hängt davon ab, wie „voll“ die Liga durch Auf- und Abstiege aus anderen Ligen wird.

Am Abend berichtete zudem die LVZ, dass Uwe Thomas aus der sportlichen Leitung von Chemie zurückgetreten ist. Mit dem aktuellen Stimmungstief müssen die Chemiker eine Weile klarkommen – das nächste reguläre Regionalliga-Spiel findet erst Ende Januar oder Anfang Februar statt.

Worüber die LZ am Wochenende berichtet hat:

über geplante Maßnahmen für die Agra-Brücke,

über Reaktionen auf die Freigabe des Cospudener Sees für Motorboote und

über die wachsende Wohnkostenlücke in Leipzig.

Was am Wochenende außerdem wichtig war: Bei einem Anschlag auf eine jüdische Gemeinde in Sydney sind mindestens 16 Menschen ums Leben gekommen, darunter ein Angreifer. Mehrere dutzend Menschen befinden sich im Krankenhaus.

Das Projekt „LZ TV“ (LZ Television) der LZ Medien GmbH wird gefördert durch die Sächsische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien. Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.

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