Gedanken eines Leipzigers zu Weihnachten 2018: ... die 70 erreicht und ein zufriedener Blick zurück an der Schwelle zum neuen Jahr. Wir sind glücklicherweise so geschaffen, dass alles Schlechte irgendwie verschwindet und überwiegend das Gute in Erinnerung bleibt. Es waren gute Zeiten, die Nachkriegszeit geprägt vom Aufbau. Man hatte Wünsche, die man sich teils mühevoll erfüllt hat. Umso größer war die Freude daran, wenn es gelungen war.

Die Weihnachtszeit war erfüllt von Erwartung, man saß zusammen, Oma, Opa, Eltern, Geschwister, alle waren da und der übliche Festtagskrach war auch angesagt, aber nie schlimm oder verletzend.

Und jetzt im Jahr 2018, rückblickend, geht es uns besser denn je, aber irgendwie fehlt was. Sicher, der eine oder andere ist gestorben, hat Lücken hinterlassen und trotzdem. Unseren Enkelkindern können wir kaum große Wünsche erfüllen, die haben ja schon alles. Bei uns selbst immer der Satz: „Wir schenken uns nix.“ Aber jeder wünscht sich doch was Kleines. Eben dass der andere an uns denkt.

Ich bin nun 70 und mit meinem Leben ganz zufrieden. In der letzten Lebensphase habe ich mich mit Altenpflege, Hospiz und letztlich mit Bestattung befasst, damit ich diesen Weg auch einmal würdig gehen kann.

Die Arbeit in der Pflege hat mir gezeigt, wie wertvoll ein selbstbestimmtes Leben ist und wie abhängig wir doch von anderen Menschen sind. Und wie schwer der Beruf des Pflegers sein kann, immer nett, ausgeglichen und menschenfreundlich …

Die Zeit im Hospiz hat mir gezeigt, dass Sterben auch leicht sein kann und dass Menschen an der Schwelle zum Tod auch bewusst loslassen können. Es hat mir die Angst vor dem eigenen Tod genommen.

Die Bestattungen, die ich heute gestalte, sollen ein Fest des Abschieds sein, die Trauer soll niemals die Dankbarkeit für die gemeinsam gelebte Zeit verdecken. Es sollte uns die Möglichkeit eines bewussten Abschieds gegeben werden, den wir für den Menschen gestalten, dem wir zu Dank verpflichtet sind. Diese Gesten kann uns kein Bestatter oder Friedhofsangestellter abnehmen. Das ist unsere Aufgabe und das sollten wir bewusst leben.

An dieser großen letzten Aufgabe arbeite ich bis zu meinem eigenen Abschied.

Der unerwartete Tod seiner Ehefrau im Jahr 2002 veränderte auch das berufliche Leben Hans-Günter Krögers von Grund auf. Nach Stationen in der Altenpflege und einer Ausbildung zum Sterbebegleiter arbeitet der langjährige Wahl-Leipziger als selbständiger Bestatter und Trauerbegleiter.

Zur Reihe „Wenn Leipziger träumen“: Wie schon im Jahr 2017 und manchen Jahren zuvor, sind sie wieder unter uns – die Leipziger Träumer. Mal visionär oder fragend, mal ganz nah bei sich haben Menschen ihre Wünsche und Träume frei von redaktionellem Eingriff unsererseits aufgeschrieben. Für die Stadt in der sie leben, für sich und für alle Leser der L-IZ.de und der Leipziger Zeitung. Ein unverstellter Blick auch auf die, die im Alltag oft eher leisere Stimmen als haben oder bekanntere Namen, die sich zur Abwechslung mal ganz persönlich äußern wollen.

Dabei ist es logisch, dass jeder der bereits 2017 und in den folgenden Tagen auf der L-IZ.de veröffentlichten Träumer durch Beruf, das persönliche Umfeld und eigene Erlebnisse verschiedene Ansätze bei der Beantwortung der Frage nach einem besseren Miteinander, wichtigen Vorhaben und einer gemeinsamen Zukunft in unserer Gesellschaft haben muss. Vor allem aber: viele voller Hoffnung auf ein besseres Miteinander in unserer Stadt.

Alle Träume, welche bereits veröffentlicht sind, finden Sie unter dem Tag l-iz.de/tag/traeume.

Wenn Leipziger träumen: Jana Steinhaus „Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer“

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