„Mein Thema ist der Krieg und das Leid des Krieges. Die Poesie liegt im Leid … Alles, was ein Dichter heute tun kann, ist: warnen“, zitierte Benjamin Britten den Poeten Wilfred Owen zu Beginn der Partitur. Uraufgeführt 1962 in der Kathedrale von Coventry, deren Vorgängerbau im 2. Weltkrieg von deutschen Bomben zerstört worden war, hat das monumentale Werk bis heute nichts von seiner Aussage verloren. 80 Jahre nach Kriegsausbruch haben sich Universitätschor, -orchester und MDR-Kinderchor dem Werk angenommen.

Eine orangefarbene Rettungsweste an der Kanzel schlägt die Brücke in die Gegenwart. „Ich finde es wichtig, über Krieg nachzudenken, auch musikalisch“, erläuterte Universitätsmusikdirektor David Timm zu Beginn der Aufführung die Werkauswahl. Während sich im Mittelmeer humanitäre Tragödien abspielen, setzen Universitätschor, Universitätsorchester und MDR-Kinderchor mit der Aufführung des modernen Klassikers ein Zeichen gegen Krieg, Flucht und Not.

Zwei Mal ist das Konzert in der Peterskirche zu hören. Anfang September folgen Auftritte in Tübingen und Heidelberg.

Eigentlich ist die Peterskirche zu klein, um das „War Requiem“ adäquat aufzuführen. Für opulente Besetzung – Chöre, Orchester, Kammerorchester und Solisten – ist vor dem Altar nicht ausreichend Platz. Der MDR-Kinderchor singt von der rechten Empore aus, was sich abträglich auf die Klangbalance auswirkt.

Orchesterchef Frédéric Tschumi rückt am Pult ohnehin weniger das Performen in klinischer Reinheit, sondern das Kreieren nihilistischer Stimmungen ins Zentrum der Interpretation. Die dunkle, alles vernichtende Grundstimmung des Werks fand in den Weiten des Kirchenschiffs ihren Widerhall. Chöre und Orchester lieferten sich in der Breite einen das Mark erschütternden Wettstreit um die Lautstärke. Leider auf Kosten der Verständlichkeit des gesungenen Wortes, das im Mittelpunkt des Genres steht. Die Balance hätte besser sein können.

Für die Soloparts – in weiten Teilen Gedichte des im 1. Weltkrieg gefallenen Wilfred Owen – waren drei erfahrene Solisten eingeladen. Bariton Tobias Berndt überzeugte mit seinem in der Stimme breiten, aber noch lyrischen Ansatz und äußerst lebendigem Vortrag. Tenor Florian Sievers machte zu Beginn einen introvertierten Eindruck, kam nicht so recht gegen das Orchester an, steigerte sich aber. Das Duett mit Berndt im Dies Irae war einer der Höhepunkte des Abends.

Viktorija Kaminskaites kühler, wehklagender Sopran verlieh den dramatischen Momenten das besondere Flair. Insgesamt konnte dieses „War Requiem“ seinen Ansprüchen gerecht werden. Nachdem der letzte Ton verstummt war, hielten die Zuhörer einen langen Augenblick inne, um die Bilder im Kopf, die sich beim Hören der Musik bilden, zu verdauen.

Dann brach tosender Applaus aus.

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