Für FreikäuferEs ist wahrscheinlich die beliebteste Geschichte aus der Bibel: Adams und Evas Aufenthalt im Paradies, wo sie in Frieden mit allen Tieren lebten, nichts Arges dachten und wahrscheinlich auch nicht den Apfel vom Baum der Erkenntnis gegessen hätten, hätte der Vorstandsvorsitzende im Himmel nicht dick und fett drangeschrieben: ESSEN VERBOTEN. Aber: Ging es tatsächlich um einen Apfel?

Haben die Autoren der Moses-Bücher eigentlich alles richtig verstanden? Schon Mark Twain hatte da ja so seine Zweifel, als er mit „Das Tagebuch von Adam und Eva“ eine der schönsten Liebesgeschichten der Welt schrieb.

Und auch Helme Heine fasziniert diese besondere Liebesgeschichte. Besonders die Kinder kennen den 1941 geborenen Bilderbuchkünstler Helme Heine. Hasen, Hühner und die drei kleinen Freunde machen seine Bilderbücher beliebt und begehrt. Dass er aber nicht nur die Freuden der Kinder kennt, sondern auch die von Adam und Eva, zeigt diese Geschichte, die ganz paradiesisch anfängt. Am siebten Tag, über den die Bibel ja nicht viel verrät.

Gott habe sich ausgeruht, hört man. Aber Helme Heine vermutet, der Bursche habe wohl erst einmal seine Werkstatt aufgeräumt. Und dann war ihm noch etwas wichtig: Seinen zwei Menschen klarzumachen, dass die Erde nicht platt ist wie ein Eierkuchen. Also warf er einen schönen runden Globus hinunter, nicht zu verwechseln mit Evas Kohl im Garten, eigentlich zu nichts zu gebrauchen, ein hohles Ding, das nach altem Bison riecht. Man merkt schon: Der Autor, der seinen Text in launiger Weise auch mit hübschen Bildern aus dem Garten Eden versehen hat, hat seine Freude daran, die Ur-Geschichte des Fußballs zu erzählen.

Wie alles anfing, eben …

Und Adams Reaktion auf das runde Ding, das von der Hüttenwand zurückprallt, lässt zumindest die Vermutung naheliegen, dass die Veranlagung zum Fußball irgendwo in den männlichen Genen stecken muss. Männer können nicht anders. Und Eva erlebt, was viele ihrer Nachfahrinnen erlebt haben: Irgendwann hat Adam nur noch Fußball im Kopf und organisiert das erste Fußballturnier im Garten Eden, bei dem allerlei Tiere zum Einsatz kommen. Und etliche erinnern einen natürlich an die Burschen, die heutzutage am Rasenrand stehen oder auf dem Spielfeld versuchen, einen Gegner in Grund und Boden zu laufen. Es geht nicht immer fair zu, auch wenn Adam auch gleich noch den ersten Schiedsrichter erfindet – oder besser: die erste Schiedsrichterin.

Augenscheinlich fesselt dieses testosterongesteuerte Spiel den Künstler, der seit 1990 eigentlich in ruhigeren Gefilden in Neuseeland lebt, genauso wie seine Artgenossen im fußballverrückten Norden fiebert er am Bildschirm mit, wenn die Mannschaft seiner Wahl gewinnt oder kläglich untergeht, weil die gegnerische Mannschaft voller Dickhäuter ist …

… und dann absteigt.

Und dann ist das Drama groß. So groß, dass das erste Paar freiwillig den Garten Eden verlässt, weil es Adam nicht aushält, unterklassig zu spielen.

Das ist nicht mehr seine Welt. Die Liebe zum Fußball nimmt er mit.

Und Eva ebenfalls. Eigentlich verraten die Bilder viel mehr über Adams Liebe zur Frau als die Geschichte. Denn den größten Teil der Fußballeuphorie im Paradies ist Eva eigentlich abgemeldet. Erst als sie als Schiedsrichterin das kleine Schwarze anzieht, ist sie wieder dabei … was tun Frauen nicht alles, wenn Männer ihren Leidenschaften frönen!

Und danach?

Da wird, wie man weiß, abgeblendet. Man sieht sie nur noch eng umschlungen von dannen gehen in eine Welt, in der Löwen mit Mohrrüben nicht mehr abzuspeisen sind und man bei Fußball nicht unbedingt an die große Erkenntnis denkt. Sich eher wundert, warum schon kleine Männer im Windelalter sich so für das rollende Ding begeistern können und in Jubel ausbrechen, wenn sie das Küchenfenster auf Anhieb und mit voller Wucht treffen …

Helme Heine Wie der Fußball in die Welt kam, Edition Chrismon, Evangelische Verlagsanstalt,Leipzig 2018,12 Euro.

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