Die biologische Vielfalt beeinflusst, wie Ökosysteme funktionieren und welche Leistungen sie uns Menschen liefern. Diese Zusammenhänge werden seit über 20 Jahren in Europas größtem Freiland-Labor für Biodiversitätsforschung untersucht, dem sogenannten Jena Experiment. Auf der 10 Hektar großen ehemaligen Ackerfläche neben der Saale befinden sich heute rund 150 Versuchsparzellen mit verschiedenen Kombinationen von Wiesenpflanzen: Parzellen mit nur einer Art, mit zwei, vier, acht, sechzehn oder sechzig Arten. Und es darf weiter experimentiert werden.

Das einzigartige Langzeit-Experiment bringt Licht in die Zusammenhänge zwischen biologischer Vielfalt und Ökosystemfunktionen.

2019 entschied die DFG, eine neue Forschungsgruppe im Jena Experiment zu finanzieren. Nach vier erfolgreichen Jahren wird diese Finanzierung nun um weitere vier Jahre verlängert, teilen das iDiv, die Universität Leipzig und die Friedrich-Schiller-Universität Jena mit. Das Fördervolumen beträgt insgesamt etwa 5 Millionen Euro. Der neue Fokus liegt auf der stabilisierenden Wirkung von Biodiversität gegen extreme Klimaereignisse wie Hitze, Frost oder Starkregen.

Eine zentrale Hypothese lautet, dass artenreiche Wiesen stabiler sind als artenarme. Stabil bedeutet hierbei, dass sich Eigenschaften und Funktionen eines Ökosystems (z. B. Pflanzenbiomasse, Bodentemperatur oder Nährstoffgehalt) im Laufe der Zeit nur geringfügig verändern.

Ă–kosysteme und zunehmende Wetterextreme

Die stabilisierende Wirkung von Biodiversität konnte in einigen Fällen bereits nachgewiesen werden. So zeigte eine große Studie unter Beteiligung des Jena Experiments, dass das Wachstum artenreicher Wiesen weniger durch besonders nasse oder trockene Witterung beeinträchtigt wird als das artenarmer Wiesen. Den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern geht es jetzt darum, das Stabilitätsphänomen für weitere wichtige Ökosystemfunktionen zu erfassen und die zugrunde liegenden Mechanismen besser zu verstehen.

Ein Hochwasser hat im Jahr 2013 das Jena Experiment überflutet. Die Widerstandsfähigkeit artenreicher und artenarmer Ökosysteme gegen solche Extremereignisse soll in den kommenden vier Jahren genauer untersucht werden. Foto: Victor Malakhov
Ein Hochwasser hat 2013 das Jena Experiment überflutet. Die Widerstandsfähigkeit artenreicher und artenarmer Ökosysteme gegen solche Extremereignisse soll in den kommenden vier Jahren genauer untersucht werden. Foto: Victor Malakhov

In der neuen Förderphase arbeitet die Forschungsgruppe in insgesamt zwölf Teilprojekten, an denen zwölf deutsche Forschungseinrichtungen beteiligt sind, neben iDiv und den Universitäten Leipzig und Jena auch das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) und das Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena. Internationale Kooperationspartner kommen aus Österreich, den Niederlanden, den USA, China und Frankreich.
„Momentan laufen zwei Prozesse ab: das Klima und die Biodiversität verändern sich rasend schnell. Es ist deshalb sehr wichtig zu erforschen, ob und wie Biodiversität das Funktionieren von Ökosystemen stabilisieren kann“, sagt Prof. Nico Eisenhauer, Sprecher der DFG-Forschungsgruppe und Gruppenleiter bei iDiv und der Universität Leipzig.

„Das Jena Experiment bietet für diese Forschungsfrage ideale Versuchsbedingungen mit dem Langzeit-Experiment in der Saaleaue. Wir haben hier mehr als 20 Jahre lang Ökosystemprozesse und Umweltveränderungen gemessen und können nun erforschen, was Ökosysteme stabil macht. Die gewonnenen Erkenntnisse werden auch Anwendungspotenzial in der Landwirtschaft und im Naturschutz haben.“

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