Was passiert eigentlich an einer Universität, die zum Einsparen mehrerer Dutzend Dozentenstellen verdonnert ist, aber trotzdem die Qualität der Ausbildung sichern will? Zum Beispiel in allen Fächern der Archäologie, einem der klassischen und beliebten Studienbereiche an der Uni Leipzig? Eigentlich gibt es dafür ohne die nötigen Dozenten keine Lösung. Seit zwei Jahren tagt eine Kommission. Eine Lösung ist nicht in Sicht.

2014 kam die Klassische Archäologie auf die Streichliste der Uni Leipzig und kam damit ins gleiche turbulente Fahrwasser wie die Pharmazie und die Theaterwissenschaft. Die Uni-Leitung hatte öffentlich erklärt, in Zugzwang zu sein, weil die sächsische Staatsregierung – trotz hoher Studierenden- und Bewerberzahlen – Vollzug forderte.

Der Eiertanz wurde auch mit der neuen Koalition aus CDU und SPD nicht beendet, nur abgeschwächt, indem man auf alle verordneten Streichungen ab 2017 erst einmal verzichtete.

Aber das ist reine Unternehmenssanierung. Das hat mit einer inhaltlichen Entscheidung oder gar der Absicherung stark nachgefragter Studiengänge nichts zu tun.

Und so kämpft die Archäologie Leipzig seit annähernd zwei Jahren buchstäblich ums Überleben. Seitdem am 21. Januar 2014 die Kürzungspläne des Rektorates der Universität Leipzig bekannt wurden, sehen sowohl Dozenten als auch Studierendenschaft einer ungewissen Zukunft entgegen.

Im Frühjahr 2015 signalisierte die Universitätsleitung, dass es mit der Klassischen Archäologie weitergehen könnte und zwar in einem Verbundstudiengang mit den Fächern Alte Geschichte, Altorientalistik, Ägyptologie, Byzantinischer und Neugriechischer Philologie sowie Alttestamentlicher Wissenschaft. Weiterhin im Boot ist die Ur- und Frühgeschichte, mit der schon seit 2006 der erfolgreiche Studiengang „Archäologie der Alten Welt“ gebildet wird. Der neue Studiengang soll „Archäologie, Geschichte und Sprachen alter Kulturen“ betitelt werden und nach den Plänen des Rektorates im Wintersemester 2016/2017 eingeführt werden.

Aber auch in einem solchen komplexen Studienangebot braucht man verlässliche Finanzierungen und die notwendige Ausstattung der Lehrstühle.

Seit mehreren Monaten nun tagt dazu eine Kommission, um diesen Studiengang einzurichten und zu konzipieren. Doch wie zu erwarten war, wenn man aus einer Kürzung ein leistungsfähiges gleichwertiges Angebot schustern will: Dazu reichen die Mittel nicht. Und zwar genau da, wo die Stellenstreichungen angesetzt haben.

Ergebnis: Das Vorhaben stößt auf massive Schwierigkeiten, denn das Rektorat der Universität Leipzig hat bisher keinen Grundsatzbeschluss mit Stellenplan für die Archäologie gefasst.

“De facto arbeitet man weiter im Ungewissen”, kritisieren die Archäologen diesen Zustand. In Zusammenarbeit mit dem akademischen Mittelbau hat sich der Fachschaftsrat Archäologie nun entschieden, einen Offenen Brief an die Rektorin zu verfassen um auf diesen Missstand hinzuweisen.

“Für uns ist dieser Zustand einfach nicht mehr tragbar. Sowohl die Klassische Archäologie und auch die weniger bedrohte Ur- und Frühgeschichte sind auf klare Aussagen zur Kontinuität angewiesen“, erklärt dazu der Pressesprecher des Fachschaftsrates Archäologie, Marco Blechschmidt. “Beschlüsse werden weiterhin hinter verschlossenen Türen getroffen und die versprochenen Zukunftswerkstätten mit studentischer Beteiligung haben bisher auch nicht stattgefunden.“

Und das simple Fazit steht: Man kann die Fächervielfalt der Universität Leipzig nicht erhalten, wenn man die Dozentenstellen dezimiert. Und wirklich belastbare Synergien im Haus, mit denen man die verordneten Streichungen puffern könnte, gibt es nicht. Noch ein paar Runden so weiter, und die Leipziger Uni bezahlt für das ziellose Drauflosverordnen der sächsischen Staatsregierung mit einem ihrer wichtigsten Pfunde: der traditionellen Fächervielfalt.

 

Der Offene Brief zum Nachlesen.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar