Es hätte ein richtig schönes Weihnachtsgeschenk werden können, wenn Kultusministerin Brunhild Kurth (CDU) es wirklich gewollt hätte, fristgemäß das versprochene neue Schulgesetz für Sachsen vorzulegen. Im Mai hatte sie einen Entwurf dafür auch vorgelegt. Doch das Entsetzen der Betroffenen war entsprechend laut zu hören. Von einer Novelle konnte keine Rede sein. Selbst die SPD ging in Protest.

Frühzeitig kündigte der kleinere Koalitionspartner an, dass er das Gesetzeswerk so nicht mittragen würde. Wichtige Regelungen waren nicht passiert, Probleme waren nicht gelöst, wichtige Anregungen aus der Diskussion mit Lehrern und Elternvertretungen nicht berücksichtigt. Die ganze Öffentlichkeitsbeteiligung schien nur eine Farce gewesen zu sein.

Nun scheinen die Verhandlungen von SPD und CDU endgültig festgefahren zu sein. Die CDU steht wie festgemauert auf einer Position, das alte, verkrustete Schulsystem erhalten zu wollen. Doch dafür bekommt sie keine Zustimmung der SPD, die sich seit Eintritt in die Koalition bemüht, wichtige Punkte im Gesetz endlich zu modernisieren.

„Wir werden das Schulgesetz auf Basis dieses Koalitionsvertrages novellieren. Ziel ist es, einen Entwurf im Jahr 2015 vorzulegen“, zitiert Cornelia Falken, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion, aus der Ankündigung von CDU und SPD aus dem Herbst 2014.

Doch 2015 kam stattdessen erst die Ankündigung der Kultusministerin, jetzt in den Dialog mit den Betroffenen zu treten. Der fand dann auch irgendwie statt. Doch das, was dort vielerorts besprochen wurde, fand sich im Gesetzentwurf von Mai nicht wieder. Logisch, dass die SPD ankündigte, das Papier noch einmal gründlich in die Arbeit nehmen zu müssen.

Aber die CDU will augenscheinlich nicht und blockiert.

„Was die Spatzen schon von den Dächern pfiffen, steht seit der Sitzung des Schulausschusses am 25. November fest“, kommentiert Cornelia Falken die Situation. „CDU und SPD legen auch ein Jahr nach der selbst gesetzten Frist keine größere Schulgesetznovelle vor. Sachsen leidet an einer bildungspolitischen Blockade. Es kann auch nicht sein, dass nun einzelne Baustellen wie Bildungsempfehlung, Lernmittelfreiheit und Oberstufenreform mit Notlösungen ohne Rücksicht auf Qualität abgearbeitet werden. Der Landtag darf in keinem Fall umgangen werden.“

Für Falken erweisen sich die wiederholten Beteuerungen der Kultusministerin, wie wichtig die Novelle des Schulgesetzes sei, als leeres Gerede, genauso wie die Ankündigung des bildungspolitischen Sprechers der CDU-Fraktion, dass „alle Fragen ohne jedes Vorurteil und ohne Ideologie auf den Tisch“ müssten.

Wenn sich trotz Drüber-Reden nichts an den betonierten Grundpositionen der CDU ändert, kann von einer Gesetznovelle keine Rede sein.

Dass trotzdem so getan wird, als sei man mit aller Macht auf dem Weg zu einem modernen Bildungssystem, verblüfft die Landtagsabgeordnete der Linken: „Für die kommende Woche haben die Koalitionäre eine Aktuelle Stunde beantragt; das Thema lautet: ‚Bildung und Wissen der Zukunft – Lernen und Lehren im digitalen Zeitalter.‘ Soll man darüber lachen oder weinen? Man weiß es nicht. Über die Zukunft der Bildung wollen CDU und SPD im Landtag debattieren, bekommen aber kein Schulgesetz zustande, das in die Zukunft weist.“

Für Falken gibt es in dieser Situation nur den Weg, das ganze Gesetz zurückzuziehen und vollkommen von vorn anzufangen.

„Die Verzögerung wäre vielleicht noch zu verschmerzen, wenn die Aussicht bestünde, dass die Koalitionäre ein modernes Schulgesetz zustande brächten“, sagt sie. „Der vorliegende Gesetzentwurf des Kultusministeriums zeigt das genaue Gegenteil. Ich fordere CDU und SPD daher auf, den Schulgesetzentwurf zurückzuziehen. Es bringt nichts, ein – bestehendes – schlechtes Schulgesetz durch ein – neues – ebenfalls schlechtes Schulgesetz zu ersetzen.“

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