Zu einer Zeitreise in den April 1945 lädt die Bürgerinitiative Capa-Haus am Sonnabend, 14. April, 11.00 Uhr (Zeit vom Veranstalter geändert!), ins Leipziger Centralkabarett, Markt 9 (Ort geändert!). Hauptgast wird der 92-jährige Lehman Riggs sein, der vor 67 Jahren gemeinsam mit dem gefallenen Raymond J. Bowman zu den Befreiern Leipzigs zählte. Ein Interview mit Dr. Ulf-Dietrich Braumann von der Initiative.

Herr Dr. Braumann, Sie engagieren sich sehr stark für den Erhalt des Capa-Hauses in der heutigen Jahnallee 61. Worin liegt das begründet?

Es mag etwas eigenartig erscheinen, dass ein Gebäude, das jahrelang während seines Verfalls wenig beachtet wurde, seit Kürzerem so viel Aufmerksamkeit erfährt. Aber auch, wenn diese – gerade auch überregionale – Aufmerksamkeit erst durch die im letzten Herbst bekannt gewordene Abrissgenehmigung ausgelöst worden ist, sie ist vollkommen berechtigt.

Robert Capas Bildserie vom Nachmittag des 18. April 1945, die dem photographischen Welterbe zuzuordnen ist und bis heute weltweit veröffentlicht wird, verweist uns viele Jahrzehnte später in unserer Stadt auf einen konkreten Ort, der – so unscheinbar und gewöhnlich er sein mag – damit zu einem Symbol für das Ende des deutschen Faschismus geworden ist, das damals erst noch kurz bevorstand.

Der Erhalt eines solchen Ortes trägt heute und künftig zur Mahnung gegen Krieg, zur Würdigung der Befreier und zum Andenken der Opfer bei.

Wie bewerten Sie die letzten Entwicklungen rund um das Haus, insbesondere mit Blick auf dessen baulichen Erhalt?

Grundsätzlich hat sich die Chance zum Erhalt des Gebäudeensembles verbessert, seitdem eine handlungsfähige neue Eigentümerin gefunden worden ist. Anzeichen, wie kürzlich bekannt gewordene Gespräche zwischen Stadtoffiziellen und der Eigentümerin machen Hoffnung auf einen Erhalt.

Der große Dachstuhlbrand in einem Teil des Ensembles war allerdings ein schwerer Schlag, der andererseits die öffentliche Aufmerksamkeit weiter verstärkt hat.Nun jährt sich inn diesen Wochen die Befreiung Leipzigs durch US-amerikanische Soldaten zum 67. Mal. Wie werden Sie von der Bürgerinitiative Capa-Haus diesen Anlass begehen?

Die Bürgerinitiative lädt für Sonnabend, den 14. April 2012, zu einer öffentlichen Gedenkveranstaltung “In Memoriam Raymond J. Bowman” ein, zu der Vorträge gehalten, eine Filmvorführung gegeben und Gespräche geführt werden.

Fast 67 Jahre nach Kriegsende hatten wir das Glück, gleich auf mehreren Wegen – unter anderem über bei uns beteiligten den Militärhistoriker Jürgen Möller – den Namen des am 18. April 1945 vor den Augen Capas auf einem Balkon eines exponiert stehenden Gebäudes der heutigen Jahnallee getöteten US-Soldaten herauszufinden.

Wir wollen seinen Kampf und den seiner Kameraden von der 2. US-Infanterie-Division für die Befreiung Leipzigs würdigen. Wir hoffen fest, dass wir an dem Tag die Ehre haben werden, Raymond Bowmans damaligen Kameraden, den heute 92-jährigen US-Veteranen Lehman Riggs bei uns zu haben. Bis zum heutigen Tag, haben wir erfahren, beschäftigt ihn der Tod seines Mitkämpfers, der nur in Schrittweite neben ihm stand.

Wie gelang es Ihnen, Lehman Riggs von einem Besuch Leipzigs zu überzeugen?Lehman Riggs hat bereits im Dezember 2010 in einem Fernsehinterview mit Fox17, von dem wir erst ein Jahr später erfahren haben, erzählt, wie ihn der Tod seines vier Jahre jüngeren Kameraden bis heute bewegt. Ich glaube, zu überzeugen, noch einmal nach Leipzig zu reisen, brauchte ihn niemand.

Vermutlich hat ihn auch das seit Dezember weiter angewachsene öffentliche Interesse in Deutschland nicht unberührt gelassen. Was nun seinen bevorstehenden Besuch betrifft, wird dieser auf Einladung des MDR-Fernsehens zustande kommen, dem dafür sehr zu danken ist. Lehman wird ausführlich für eine Dokumentation interviewt werden. Zudem wird es eine Würdigung seitens der Stadt Leipzig durch den OBM Jung im Beisein des US-Generalkonsuls Powell geben.

Sie sehen, es kommt einiges an Reisegründen zusammen, aber den entscheidenden Ausschlag dürfte Lehmans ganz persönlicher Wunsch gegeben haben, noch einmal an den Ort zurückzukehren, der sein Leben seit 1945 beeinflusst hat.

Was sollte aus Ihrer Sicht getan werden, um die Erinnerung an die Befreier Leipzigs von der NS-Diktatur lebendig zu halten?

Dem Stadtgeschichtlichen Museum kommt dabei, da die, die sich persönlich an das Kriegsende in Leipzig erinnern können, immer weniger werden, eine wachsende Bedeutung zu. Die Ausstellung von April 2005 etwa, war mir sehr eindrücklich, und ich hoffe, dass es etwa 2015 eine ähnliche Ausstellung geben wird.

Aber machen wir uns klar, zu einer Erinnerung heutiger und künftiger Generationen an die Befreier Leipzigs gehört auch ein tieferes Verständnis etwa der Ursachen des deutschen Faschismus, von Krieg und Vernichtung. Dazu gehört die Überwindung von Hass und Rassismus, dazu gehört ebenso eine Würdigung der Opfer der Roten Armee.

Terminhinweis: “In Memoriam Raymond J. Bowman. Eine Zeitreise zum 18. April 1945” am Samstag, 14. April, um 13.00 Uhr im RevueTheater am Palmengarten (Jahnallee 52). Vorträge, Filme, Gespräche, u.a. mit: Harald Alff, Ulf-Dietrich Braumann, Casus, Helge-Heinz Heinker, Meigl Hoffmann, Christoph Kaufmann, Volker Külow, Jon Overholt, Thomas Pantke, Robert Petzold und Lehman Riggs.

“Für Leipzig ist dieser Besuch eine einmalige Gelegenheit, ein historisches Foto noch näher zu entschlüsseln und zugleich zur Rettung eines bedrohten Hauses beizutragen, das heutigen und kommenden Generationen ein konkreter Ort sein kann, wo “einfache” Menschen Geschichte schrieben”, teilt dazu die Bürgerinitiative Capa-Haus mit.

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