Kirchenbauwerke gehören zu vielen Ortschaften. Sie sind bekannt als Wahrzeichen, Ortsmittelpunkt oder Orientierungsmarke. Die Gotteshäuser haben architektonisch, kunsthistorisch und regionalgeschichtlich vielfältige Bedeutung. Diesmal geht es um die mit mehr als 2.600 Sitzplätzen größte Dorfkirche Deutschlands – die Kirche Cunewalde im Lausitzer Bergland zwischen Bautzen und Löbau.
Diese Kirche würde jeder Stadt zur Ehre gereichen – von der Ausstattung, von der Größe und erst recht von der Menschenmenge, die unter ihrem Dach problemlos Platz finden. Denn mit ihren genau 2.632 Sitzplätzen übertrifft sie mühelos die meisten städtischen Gotteshäuser in Mitteldeutschland und darüber hinaus. Die Rede ist von Deutschlands größter Dorfkirche – sie steht in Sachsen.
Die Kirche zu Cunewalde ist ein barockes Kirchengebäude in Cunewalde im Landkreis Bautzen des Freistaates Sachsen. Die Kirchgemeinde Cunewalde gehört zur Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens. Das Gebäude gilt als die größte evangelische Dorfkirche Deutschlands, sie hat 2.632 Sitzplätze.
Die Kirche gehört zur Via Sacra im Dreiländereck „Deutschland-Polen-Tschechien“. Sie steht in einem Tal des Lausitzer Berglands südlich des Czorneboh und nördlich des Bieleboh inmitten des von Umgebindehäusern aus dem 18. und 19. Jahrhundert geprägten Dorfes Cunewalde.
Geschichte
Bereits 1222 übertrug Bischof Bruno II. von Meißen das Dorf Cunewalde mit allen darin liegenden Pfründen dem Domstift zu Bautzen, zu jener Zeit bestand im Dorf eine erste Kirche. Zwischen dem 14. und dem 19. Jahrhundert hatten viele unterschiedliche Adelsfamilien das Patronat über die Cunewalder Kirche inne, so etwa die von Nostitz, von Polenz, von Ziegler und Klipphausen und von Könneritz.
1588 war das bestehende Kirchengebäude baufällig geworden, am 16. Juli 1633 schlug der Blitz in den Kirchturm ein und richtete weiteren Schaden an. Die seinerzeitige Kirche hatte eine Empore, war innen ausgemalt und ihr war 1640 ein neuer Altar gestiftet worden. Nach dem Dreißigjährigen Krieg stieg die Bevölkerungszahl an, und 1693 wurde über der Sakristei ein Chorraum ausgebaut, in dem 1719 eine erste, von Johann Gottlieb Tamitius gebaute Orgel ihren Platz fand.
Nachdem das Kirchenpatronat, die zur Pfarrei gehörenden Adelsherren und die Gemeindevertreter einen Beschluss gefasst hatten, wurde am 5. Januar 1780 der Grundstein für ein neues Kirchengebäude gelegt. Jedoch kam es während der gesamten siebenjährigen Bauzeit zu finanziellen Engpässen, die mithilfe von Lotterien behoben wurden.
Am 3. Advent 1793 erfolgte – nach Fertigstellung der Inneneinrichtung – die Einweihung des neuen Gotteshauses.
Bauwerk
Die Mauern bilden einen verputzten Bruchsteinbau auf rechteckigem Grundriss. Der gerade Chorschluss im Osten zeigt abgeschrägte Ecken, wobei die Achsen durch farbig hervorgehobene Lisenen getrennt sind. An den Längsseiten des Bauwerks sind die Mauern von hohen Flachbogenfenstern durchbrochen. Das Walmdach besitzt an den Seiten Fledermausgauben.

Der westlich angebaute Kirchturm mit einer Höhe von 62 Metern ist ebenfalls durch Lisenen gegliedert. Im unteren Geschoss steht der Turm auf quadratischem, im Glockengeschoss auf einem oktogonalen Grundriss, er wird abgeschlossen durch eine Haube mit Laterne, die auf 1887–1893 datiert ist. An der Turm- und der Saalsüdwand befinden sich schlichte Eingangsportale.
Ausgestaltung
Der Emporensaal ist durch die Veränderungen des 19. Jahrhunderts geprägt, die im Zuge einer Neugestaltung 1887–1893 von Christian Friedrich Arnold erfolgten. Er zeigt eine mit geometrischen und floralen Ornamenten verzierter Holzdecke.
Dreigeschossige Emporen an der Nord- und Südseite nutzen die gesamte Raumhöhe aus. Den Holzpfeilern sind zum Innenraum hin kannelierte, ionische Pilaster vorgeblendet. An der Westseite befindet sich eine einfache Orgelempore.
Zwei dreigeschossige, in den Raum vorgezogene Logen scheiden einen halbrund geschlossenen Altarbereich aus, an der Ostwand sieht man zwei Wandgemälde mit einer Darstellung der Jordantaufe und einer der Kreuzigung von Erhard Ludewig Winterstein.
An den Pfeilern der Nord- und Südempore sind sechs Apostelfiguren zu sehen, unter der Orgelempore die Figuren des hl. Nikolaus und der hl. Maria von einem spätgotischen Altar, aus der Zeit um 1450 stammend und 1909 neu gefasst.
Im ersten Obergeschoss der südlichen Loge befindet sich ein Kachelofen aus dem 19. Jahrhundert.
Altar, Taufstein, Kanzel, Kronleuchter
Das Altarbild von Karl Gottlob Schönherr stellt Christi Himmelfahrt dar. Darüber befinden sich gekröpftes Gesims und ein Dreieckgiebel, seitlich davon stehen Holzfiguren der Apostel Petrus und Paulus. Der Altar ist im klassizistischen Stil gehalten, der architektonische Aufbau stammt ebenfalls von Christian Friedrich Arnold.
Der Taufstein ist eine große, polygonale Granittaufe in Kelchform aus dem 15. Jahrhundert.

Die Kanzel mit Beschlagwerk-Ornamentik aus Holz ist dem Vorgängerbau entnommen und von der Empore aus zugänglich. Ihr polygonaler Abschluss ragt weit in den Raum hinaus, auf dem Kanzelkorb befinden sich Ölbilder, Christus und die Evangelisten darstellend, datiert 1656, die 1887 neu gefasst wurden.
Seit 1817 schmücken drei große Kronleuchter aus Böhmischem Kristallglas das Gotteshaus. Ursprünglich waren sie mit Kerzen ausgestattet, diese wurden zur Christnacht 1817 erstmals entzündet. Ebenfalls seit 1817 gibt es dort die Tradition des Lichterzuges an Heiligabend.
Orgel und Geläut
Die Orgel wurde 1840 von den Orgelbauern Gottfried Müller und Christian Friedrich Reiß (1796–1855) aus Neugersdorf fertiggestellt. Sie umfasst drei Manuale, Pedal, 36 klingende Register und 2229 Pfeifen mit einer mechanischen Traktur.
Das vorige Geläut bestand seit 1953 aus drei Eisenhartguss-Kirchenglocken mit den Tönen f’ -7, as’ -1 und h’ -4, gegossen von Schilling & Lattermann. Seit 2015 gibt es nach jahrelanger Vorbereitung und Spendensammlung ein neues Bronze-Geläut: Die am 17. Juli 2015 in der Kunst- und Glockengießerei Lauchhammer gegossenen Glocken wurden am 20. September 2015 geweiht.
Konzert- und Kulturstätte
Die Kirche Cunewalde wird auch regelmäßig von Musikern, Chören und Künstlern als Konzert- und Kulturstätte genutzt.
Bleiben zwei Fragen: Wieso hat Cunewalde so eine große Dorfkirche?
Dazu heißt es auf der Homepage der Kirchgemeinde: „1588 wurde die alte Kirche als baufällig bezeichnet. 1633 wurde der Kirchturm nach einem Blitzeinschlag beschädigt, und die Glocken mussten abgenommen werden. Außerdem wurde der Platz in der Kirche trotz Anbaus wegen der steigenden Einwohnerzahlen und der Erweiterung der Parochie immer knapper.
Im April 1780 begann man damit, den Grundriss der neuen Kirche am heutigen Standort abzustecken. Als die Gelder knapp wurden und es immer wieder zu Baustopps kam, finanzierten die Einwohner den Bau mit 14.000 Lotterielosen [Anmerkung HZ: Offensichtlich galt damals schon Der Zweck heiligt die Mittel.].
Selbst arme Weberfamilien nahmen eine Hypothek auf ihr Grundstück auf, um der Kirche Geld zu spenden. Am 3. Advent im Jahr 1793 konnte das neue Gotteshaus schließlich geweiht werden. Mit 2.632 Sitzplätzen wollte man sicherstellen, dass das Thema Platznot keine Rolle mehr spielen soll.
Größte Dorfkirche Deutschlands?
Anfang der 1990er Jahre wollten Kirchenleute aus Cunewalde Gewissheit und haben überregional angefragt, ob – gemessen an der Zahl der Sitzplätze – es noch größere evangelische Dorfkirchen in Deutschland gibt. Die Landeskirchen fanden jedoch in ihren Gegenden keine Kirche, die da mithalten konnte.
Und so trägt das Gotteshaus in Cunewalde seitdem die offizielle Bezeichnung als „Größte evangelische Dorfkirche Deutschlands“.
Koordinaten: 51° 5′ 58,4″ N, 14° 30′ 9,2″ O
Die Dorfkirche Cunewalde auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Dorfkirche_Cunewalde
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