Neonazis haben Teilnehmer*innen des CSD in Weißenfels bedroht und mit Gegenständen beworfen, daraufhin gab es Kritik am Polizeieinsatz. Außerdem hat die Polizei einen Tatverdächtigen nach dem Kirchenbrand in Großröhrsdorf festgenommen, das DFB-Pokalspiel wurde wegen Böllerwürfen unterbrochen und bei einer pro-kurdischen Demo in Leipzig wurden israelfeindliche Positionen vertreten. Die LZ fasst zusammen, was am Wochenende des 12./13. August 2023 in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Rechtsextreme bedrohen CSD-Teilnehmer*innen in WeiĂźenfels

Neonazis haben Teilnehmer*innen des Christopher Street Day (CSD) in Weißenfels (Sachsen-Anhalt) bedroht. Zu der anscheinend geplanten „Störaktion“ tauchten am Rande der Versammlung dutzende, vorwiegend junge Personen aus dem rechten Spektrum auf und „begleiteten“ die Demonstration in ihrem Stil – und zwar mit Flaschenwürfen, Beleidigungen und mindestens einem sogenannten Hitlergruß sowie einem „Sieg Heil“-Ruf.

Die örtliche rechte Szene hatte die „Störaktion“ bereits Tage vor dem CSD angekündigt, unter anderem auf Kanälen der Neonazi-Kleinstpartei „Dritter Weg“.

Nach Angaben der Polizei stellten die Beamt*innen vor Ort die Identität von 23 Personen fest, die an der „Störaktion“ teilgenommen haben sollen. Mehrere Anzeigen wurden erstattet, unter anderem wegen des Verwendens von verfassungsfeindlichen Symbolen.

Bereits während der Veranstaltung kritisierten Teilnehmer*innen den Polizeieinsatz: Obwohl aus der rechtsextremen Szene bereits im Vorfeld gedroht wurde und die Aktion angekündigt war, sei es den Behörden nicht gelungen, den CSD störungsfrei und sicher laufen zu lassen. Mehrere Teilnehmer*innen berichteten beispielsweise, dass sich der Demonstrationszug wegen der Angriffe nicht pünktlich in Bewegung setzen konnte, da die Polizei zu wenig Kräfte vor Ort hätte. Nach Angaben der Polizei wurde die Demonstrationsroute vor Ort spontan verkürzt zu dem Zweck, die Teilnehmer*innen in einem besser einsehbaren Bereich laufen zu lassen.

„Wir sind höchst wütend und entsetzt über die Verantwortungslosigkeit der Polizei des Landes Sachsen-Anhalt“, schrieben die Veranstalter*innen des CSD im Nachgang auf Twitter. „Mit 30 Einsatzkräften 800 Personen vor über 30 Rechtsextremen schützen zu wollen, ist eine Schande für ein Bundesland, das den Antifaschismus in der Verfassung stehen hat.“ Nach Polizeiangaben nahmen etwa 600 Personen an der Kundgebung teil.

LZ-Autor Ferdinand Uhl hat ĂĽber die Kundgebung berichtet.

CDU-Landrat zeigt klare Haltung

Bemerkenswert ist die deutliche Positionierung des CDU-Landrats Götz Ulrich. Der 53-Jährige hatte im Vorfeld die Schirmherrschaft für den CSD übernommen. Er stellte sich nach Bekanntwerden der rechten Angriffe hinter die queere Community.

Als Landrat im Burgenlandkreis sehe er seine Aufgabe auch darin, sich an die Seite von Menschen zu stellen, „deren Rechte bedroht sind, und sie zu ermutigen, so zu sein, wie sie sind, so zu leben, wie es ihnen guttut“, schrieb Ulrich am Samstagabend auf Twitter. „Das gilt erst recht, wenn Nazis versuchen, den CSD zu stören und Teilnehmende einzuschüchtern.“

Es war das erste Mal, dass ein CSD in Weißenfels und überhaupt im Burgenlandkreis veranstaltet wird. Auch das Leipziger Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ war angereist.

DFB-Pokalspiel nach Böllerwürfen unterbrochen

Mehr Polizeikräfte als am Samstag in Weißenfels waren am Sonntag in Leipzig im Einsatz: Beim DFB-Fußball-Pokalspiel Lok Leipzig gegen Eintracht Frankfurt kam es zu einer Unterbrechung, nachdem aus dem Lok-Fanblock Böller geworfen wurden. Am Ende unterlag Lok Leipzig der Eintracht im Bruno-Plache-Stadion 0:7 (0:1). Die Polizei war mit einem Großaufgebot im Einsatz.

Nachdem Lok-Fans bereits in der ersten Halbzeit Pyrotechnik gezündet hatten, wurde das Spiel im letzten Drittel wegen gezündeter Böller in Richtung der Eintracht-Fans für einige Minuten unterbrochen, die beiden Mannschaften mussten den Platz verlassen. Die Polizei ließ eine Drohne im Stadion fliegen, um mögliche Straftaten zu dokumentieren.

Die Verantwortlichen bei Lok Leipzig betonten bereits während der Spielunterbrechung auf Twitter, dass die Personen, die mit Böllerwürfen die Zwangspause herbeigeführt hatten, deutlich in der Minderheit seien. „30-40 Minderbemittelte verhindern hier aktuell die Fortführung des Fußballfestes für 11.000 fantastische Fußballfans“, twitterte Lok Leipzig und distanzierte sich so von den Böller-Werfern. Später sprach der Verein von einer „vollkommen sinnbefreiten Aktion“.

Im Nachgang der Unterbrechung kassierte Lok noch so viele Tore, dass ein Ausgleich geschweige denn ein Sieg kaum noch möglich war. Auf Social Media wurde viel Unverständnis für die ausbordernde Böller-Aktion geäußert. „Wer seinen Verein liebt, wirft keine Böller auf Leute und zerstört alles“, schrieb beispielsweise Grünen-Stadtrat Jürgen Kasek.

Zuvor hatte die Polizei das Aufeinandertreffen als „Hochrisikospiel“ eingestuft, was laut LZ-Autor René Loch auch daran liegen könnte, dass die Ultras der Hessen mit den Ultras von Chemie Leipzig befreundet sind. Chemie Leipzig gilt als Erzfeind von Lok Leipzig.

Antizionistische Positionen bei pro-kurdischer Demo in Leipzig

Rund 50 Personen haben am Sonntag in Leipzig bei einer pro-kurdischen Kundgebung die Freiheit des PKK-Gründers Abdullah Öcalan gefordert. Öcalan sitzt seit über 24 Jahren auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali in Haft. Er war bis 2002 Vorsitzender der Kurdischen Arbeiterpartei PKK, die in Deutschland verboten ist und als Terrororganisation eingestuft wird.

Auf einigen Plakaten wurden während der Demonstration israelfeindliche Positionen vertreten: Der Spruch „Ob Leipzig, Gaza oder Istanbul: Kampf dem Faschismus“ etwa suggerierte, dass Israel ein faschistischer Staat sei. Auf einem anderen Transparent war vom „Kampf gegen den Imperialismus“ in Palästina die Rede. PKK-Gründer Abdullah Öcalan selbst ist für seine antisemitische und antiisraelische Ideologie bekannt.

Die Kundgebung fand zum Abschluss der diesjährigen Kurdistan-Tage in Leipzig statt.

Abgebrannte Kirche in der Lausitz: Tatverdächtiger sitzt in U-Haft

WorĂĽber die LZ am Wochenende berichtet hat: ĂĽber die Begutachtung des Leipziger Uni-Campus durch den Rechnungshof

ĂĽber die deutsche FlĂĽchtlingspolitik

über den Flächenverlust in Sachsen

ĂĽber ein Buch zur Geschichte der Uni Leipzig nach der Wiedervereinigung

ĂĽber Sachsens Radwegeprogramm

ĂĽber ein Buch zum Journalismus-Projekt Katapult 

Was am Wochenende außerdem wichtig war: Nach dem Kirchenbrand im sächsischen Großröhrsdorf (Landkreis Bautzen) hat die Polizei einen Tatverdächtigen festgenommen. Dabei handelt es sich nach Angaben der Polizei um einen 40-jährigen Mann, der bereits polizeibekannt ist. Er soll die Tat gegenüber der Polizei gestanden haben.

Während der Ermittlungen hätten sich Hinweise auf eine Brandstiftung verdichtet, so die Polizei. Schließlich hätte die „akribische Zusammenarbeit von Spurensicherung, Brandursachenermittlern, der operativen Fahndungsgruppe und weiteren Polizeikräften“ dazu geführt, dass eine Woche nach dem Brand ein Tatverdächtiger festgenommen wurde.

Am Montag wollen Polizei und Staatsanwaltschaft bei einer Pressekonferenz Details zu den Ermittlungen bekannt geben.

In der Nacht zum 4. August war die evangelische Kirche in der sächsischen Kleinstadt bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Sie war erst kurz vorher saniert worden. Der Brand hatte bundesweit für Entsetzen gesorgt.

Gastautor Holger Zürch hat zum Thema einen Beitrag für die LZ verfasst, darin geht es unter anderem um die laufende Spendenaktion für die Gemeinde Großröhrsdorf.

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