Da hat er aber was angestellt, dieser Yadegar Asisi, als er 2013 für Leipzig sein gewaltiges Panorama-Bild "Leipzig 1813" schuf. Mit genauem Blick für den historischen Moment hat er die Stadt mitten in den Kämpfen der Völkerschlacht auf 3.500 Quadratmeter erfasst. Der Blick vom Dach der Thomaskirche hat schon Hunderttausende Besucher fasziniert. Aber am 20. September soll erstmal Schluss sein.

Dann passiert auch diesem gewaltigen Panorama, was auch allen anderen Panoramen aus der Asisi Factory passiert: Es wird geschreddert. Die digitalen Daten stecken ja im Computer. Yadegar Asisi könnte das Panorama also jederzeit wieder drucken lassen, so wie er das auch mit anderen Panoramen getan hat – einige davon noch einmal kräftig überarbeitet.

Aber warum eigentlich, fragen sich jetzt die drei Grünen-Stadträte Norman Volger, Nicole Lakowa und Michael Schmidt. Denn mit dem Panorama-Bild hat Asisi ja eine Stadtansicht geschaffen, wie man sie sich eigentlich wünscht, wenn man einmal in die Leipziger Geschichte eintauchen will. Vergleichbar ist das mit Asisis großem Panorama “Dresden im Barock”, das in der sächsischen Landeshauptstadt geradezu einen Begeisterungssturm für das alte Elbflorenz des Augusteischen Zeitalters ausgelöst hat – kontrastiert mittlerweile durch das beklemmende Gegenbild “Dresden 1945”.

Mal ganz abgesehen davon, dass Asisi auch ein “Leipzig 1945” zuzutrauen wäre – oder gar ein “Leipzig im Dezember 1943”- ist “Leipzig 1813” mittlerweile zu einer Attraktion geworden, die auch tausende Touristen jedes Jahr wieder in ihren Bann zieht. So etwas müsse man erhalten, finden die drei Grünen-Stadträte.

Und genauso haben sie es jetzt im Leipziger Stadtrat auch beantragt.

“Der Stadtrat spricht sich dafür aus, das Asisi-Völkerschlacht-Panorama als wichtigen Beitrag zum Gedenken und zur lebendigen Geschichtsvermittlung auf Dauer zu erhalten. Hierfür wird der Oberbürgermeister beauftragt, mit dem Urheber des Panoramas in Übernahme-Verhandlung zu treten und einen geeigneten Standort zu suchen, der sich für eine dauerhafte Errichtung der Rotunde eignet.”

Denn Rotunden hat Leipzig ja noch ein paar. Gleich neben dem Asisi-Panometer steht eine, die in diesem Jahr für einen Asisi-Kultursommer genutzt wird. Und an der Roscher-Straße haben die Stadtwerke Leipzig auch noch einen leeren Gasometer stehen, für den die Stadtwerke eigentlich eine neue Nutzung suchen.

“Im Maßstab 1:1 nähert sich das Panorama auf etwa 3.500 qm der Stadt Leipzig unmittelbar nach Ende der Völkerschlacht am 19. Oktober 1813. Der Betrachter steht wie auf dem Dach der Thomaskirche am westlichen Rand der damaligen Stadt und verfolgt das Geschehen im Zentrum sowie im Umland, wo die heftigsten Kämpfe stattfanden. Dieses wichtige europäische Ereignis wurde aus der Perspektive von Leipzig und seiner Bürger dargestellt”, betonen die drei Stadträte in ihrem Antrag, der erst einmal in den Ausschüssen des Stadtrates beraten werden soll. “In der Architektur von 1813 präsentiert Asisi das vergleichsweise unversehrte Leipzig, das in Folge der Kämpfe über 90.000 Tote und Verwundete sowie eine Vielzahl Gestrandeter aus den zerstörten Dörfern ringsherum zu bewältigen hat. Es herrscht Gedränge und Aufruhr in den Gassen und auf den Plätzen, rund um die einziehenden Siegertruppen, die abziehenden Franzosen und die zig Notleidenden.”

Asisi-Panorams "Leipzig 1813": Vor der Stadt tobt die Schlacht ... Foto: Ralf Julke
Asisi-Panorama “Leipzig 1813”: Vor der Stadt tobt die Schlacht … Foto: Ralf Julke

Und im Grunde hat der Künstler ja etwas umgesetzt, wovon Direktoren von Stadtmuseen sonst nur träumen können: Eine historische Stadtkulisse fast originalgetreu wieder aufleben zu lassen und Geschichte emotional erlebbar zu machen. Man geht in dieses Panorama, hört das Pferdegetrappel, die Schüsse, das Knacken der Feuer, die Schreie – und bekommt tatsächlich ein wenig das Gefühl dafür, wie sich die Leipziger am 18. Oktober 1813 gefühlt haben könnten.

Am liebsten hätten Volger, Lakowa und Schmidt dies Riesenbild gleich irgendwo neben dem Völkerschlachtdenkmal platziert, erklären sie in ihrem Antrag: “Der Stadtrat steht hier in besonderer Weise in der Pflicht und fordert, dass Asisi-Panorama zu den Wirren um die Völkerschlacht als einen bleibenden Ort möglichst im Umfeld des Völkerschlachtdenkmals mit einer eigens dafür zu errichtenden Rotunde fest anzusiedeln, in jedem Fall aber auf einem Grundstück in unmittelbarer Nähe. – Dem Künstler Asisi ist in hervorragender Weise gelungen, dieses für Leipzig und seine Geschichte so wichtige Ereignis zu dokumentieren und lebendig erfahrbar zu machen. Das Asisi-Panorama stößt auf großes öffentliches Interesse und zählte allein in einem Jahr rund 300.000 Besucher und ist somit ein wichtiger Träger für den Tourismus der Stadt. Das Panorama wird an dem Kulturstandort Panometer Leipzig nur noch bis September 2015 zu sehen sein.”

Letzter Termin, das Riesenbild des umkämpften Leipzig zu sehen, ist der 20. September. Am 3. Oktober wartet Yadegar Asisi schon mit dem nächsten Meisterstreich auf. Dann eröffnet sein Panorama “Great Barrier Reef”.

Warum die drei Stadträte nun unbedingt eine neue Rotunde neben dem Völkerschlachtdenkmal haben wollen, begründen sie so: “Für die Bewohner selbst ist der Standort ‘Völkerschlachtdenkmal’ ein wichtiger Ort der Identität und ohne diese ausgiebig recherchierte Blicknahme kaum begreifbar, welche Geschehen in und um die Stadt herum und für ihre Bewohner verbunden waren. Die Stadt Leipzig zählt dann zu den wenigen Städten, die dauerhaft über ein historisches Rundum-Stadtbild verfügen.”

Und ein dickes Ausrufezeichen haben sie hinter ihren Appell an die anderen Ratsmitglieder gemacht: “Dieses einmalige für Leipzig wichtige Kunstwerk muss erhalten bleiben!”

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