Am 1. Juli ist es so weit. Dann öffnet auch das Museum „Zum Arabischen Coffe Baum“ wieder seine Türen. Somit ist Leipziger Kaffeegeschichte wieder in einer reichhaltigen Ausstellung zu besichtigen. Nach rund sechs Jahren, in denen Museum und Gasthaus geschlossen waren, wird in diesen Tagen an den letzten Teilen der neu gestalteten Ausstellung gearbeitet.
OBM und Presse durften am Mittwoch, dem 25. Juni, schon einmal durch die 16 Räume laufen. Größer geworden sind sie nicht. Es ist ein Museum, das auch die Wohnsituation des 17. und 18. Jahrhunderts erahnen lässt.
Man läuft im Grunde durch 16 kleinere und größere Kammern – wenn man heutige Maßstäbe anlegt. Im April schon wurde das Gasthaus im historischen Gebäude nach sechs Jahren Umbauzeit wiedereröffnet. Es zählt zu den ältesten, bis heute existierenden Kaffeehäusern Europas. Offiziell ist es das zweitälteste, bis heute betriebene Kaffeehaus Europas. Eine echte Touristenattraktion.
1683 erwarb der Silberschmied Adam Heinrich Schütze den Vorgängerbau an dieser Stelle, baute ihn 1703 grundlegend um, sodass man heute, wenn man sich durchs schmale Treppenhaus schlängelt, die Bausituation von 1703 erleben kann. 1711 erwarb Schütze die Genehmigung zum Kaffeeausschank im Erdgeschoss.
Und damit beginnt die offizielle Geschichte des Kaffeehauses, die vor allem mit Johann Lehmann verbunden wird, der 1717 das Gebäude von seinem Schwiegervater erwarb und sich als „Hof-Chocolatier“ und Kaffeehausbetreiber einen Namen machte. 1719 ist dann das offizielle Jahr gewesen, in dem er – nach einem weiteren Umbau – sein Kaffeehaus im Haus Zum Arabischen Coffe Baum eröffnete.

Was da mit einem kaffegenießenden Türken über der Eingangstür zu sehen ist, ist ein sprechendes Hauszeichen, hat aber wohl nichts mit August dem Starken und seiner viel kolportierten Liebe zur jungen Witwe Johanna Elisabeth Lehmann zu tun, die nach Lehmanns Tod das Kaffeehaus allein weiterführte. Die Geschichte dieses ganz besonders eindrucksvollen Hauszeichens wird in der nun völlig neu gestalteten Ausstellung natürlich auch erzählt.
Wobei Dr. Maike Günther und ihre Mitarbeiter/-innen vor der Fragen standen, ob sie nicht einfach die erst 2016 neu gestaltete Ausstellung im Museum „Zum Arabischen Coffe Baum“ wieder eröffnen. Aber das galt nur 2019, als alles scheinbar nur eine kurze Zeit zu dauern schien. Der Vertrag mit dem alten Pächter der Gastronomie endete. Eigentlich hätte nur die Haustechnik ein bisschen aufgefrischt werden müssen.
Überraschungen unter Putz und Verschalung
Als dann aber die Experten des Amts für Gebäudemanagement hinter Tapeten und Verschalungen schauten, stellte sich schnell heraus, dass der „Kaffeebaum“ dringend eine Generalkur brauchte. Praktisch die gesamte Haustechnik musste erneuert werden. Und hinter Putz und unter Dielen kam so manche Überraschung zu Tage, die dringendes Handeln erforderlich machte.
Bei den ursprünglich geplanten 250.000 Euro und einer kurzen Schließzeit des Hauses blieb es nicht. Letztlich erhöhte sich die Investitionssumme auf 3,8 Millionen Euro – die Hälfte davon ging allein für die neue Haustechnik drauf. Corona verzögerte die Bauarbeiten zusätzlich, berichtet der Baukoordinator des Kulturamtes, Dr. Ansgar Scholz.

Und die dadurch erzeugte Verzögerung bedeutete auch, dass wichtige Debatten, die in der Ausstellung thematisiert wurden, in der Zwischenzeit deutlich weiter gingen – vor allem jene zu Kolonialismus, Sklaverei, Handel und Anbau des Kaffees und den Folgen der Klimakrise, die auch den weltweiten Kaffeemarkt deutlich verändern wird.
„Viele heutige Kaffeeanbaugebiete wird es bald nicht mehr geben“, sagt Dr. Maike Günther, die die Projektleitung für das Museum „Zum Arabischen Coffe Baum“ innehatte. Den Gedanken, die überarbeitete Ausstellung von 2016 einfach stehenzulassen, konnte sie bald in den Papierkorb werfen.
Es war aber auch eine Gelegenheit, die ursprünglich 1998 gestaltete Ausstellung komplett zu überarbeiten. Die alten, sperrigen Vitrinen wurden komplett entfernt. Was die notwendige Bewegungsfreiheit in den 16 letztlich eben sehr kleinen Räumen schaffte, um hier nun – in vier großen Themenblöcken – die Welt des Kaffees in Bildern, kurzen Texten und markanten Ausstellungsstücken erlebbar zu machen.
Von der Geschichte des „Coffe Baum“ über 300 Jahre Kaffeekultur und die Geschichte der Leipziger Kaffeehäuser bis hin in die konfliktreiche Gegenwart mit den durchaus umstrittenen Bedingungen für Anbau und Handel des Kaffees bis zur Entwicklung des Fairtrade und den Folgen der Klimaerwärmung.
Kirsche auf der Sahnetorte
Alles mit inzwischen deutlich moderneren Präsentationsmitteln aufbereitet. Denn – so Maike Günther – auch die Sehgewohnheiten haben sich in den vergangenen 20 Jahren deutlich verändert. Sodass jetzt auch eine interaktive Station den Rundgang eröffnet, mit der der Film „Frühlingssinfonie“ thematisiert wird, der 1983 gedreht wurde und das Leben von Clara und Robert Schumann thematisiert.
Einer der wichtigsten Drehorte für den Film mit seiner hochkarätigen Besetzung (Rolf Hoppe, Nastassja Kinski, Herbert Grönemeyer …) war natürlich der „Coffe Baum“, wo Schumann regelmäßiger Gast war.

30.000 Besucher hatte das Kaffeemuseum vor seiner Schließung im Jahr 2019. An diese Zahlen möchte Museumsdirektor Dr. Anselm Hartinger wieder anknüpfen, wenn das Museum am 1. Juli offiziell wieder öffnet. Für ihn ist das Museum geradezu die „Kirsche auf der Sahnetorte“.
Mit der Torte meint er das Gasthaus selbst, das seit April wieder die Gäste anlockt – insbesondere die Touristen, für die der Besuch des Hauses nicht nur das Erlebnis eines der ältesten Kaffeehäuser ist, sondern auch die Begegnung mit der viel gerühmten sächsischen Kaffeekultur. Die wird natürlich in der neu gestalteten Ausstellung auch thematisiert – und hinterfragt.
Dabei konnte Maike Günther viele Vorarbeiten der 1998 gestalteten Ausstellung fortführen. Denn damals war mit Ulla Heise auch eine der kompetentesten Kenner der europäischen Kaffeehausgeschichte beteiligt und hat Leipzig zu einem Museum verholfen, das Kaffeekultur in einzigartige Tiefe vermittelte. Und die Funktion wird auch die neue Ausstellung wieder erfüllen.
Nebst Einblicken in das Leben und Treiben im „Coffe Baum“ selbst, wo sich nicht nur einst die Davidsbündler um Robert Schumann trafen, sondern auch in der Gegenwart die Berühmten aller Länder sich die Klinke in die Hand geben, wenn sie schon mal in Leipzig sind. Denn Kaffeehaus bedeutet nun seit über 300 Jahren eben auch Kommunikation, Ort zum Verhandeln, zum Politikmachen und Neuigkeiten-Austauschen.
140.000 Euro hat die Einrichtung der neuen Museumsausstellung gekostet, in der man natürlich auch erfährt, was es mit „Bliemchengaffee“ auf sich hat und den Sachsen, die „ohne Gaffe nich gämbfen gönn“.
Zur Wiedereröffnung des Museums gibt es am Dienstag, dem 1. Juli, um 17 und 17.30 Uhr öffentliche Führungen. Weitere Führungen gibt es am 6. Juli um 11, 11.30, 12 und 12.30 Uhr. Die Tickets dafür bekommt man im Alten Rathaus.
Ansonsten sind die Öffnungszeiten täglich 11 bis 19 Uhr. Der Eintritt ist frei.
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