Billy Beane (Brad Pitt) liebt Baseball. Das Spiel, den Sport, die Fans. Und Billy Beane hasst Baseball. Das Geschäft und die finanzielle Diskrepanz zwischen den großen Erfolgsclubs und den kleinen Teams. Einst als künftiger Superstar gehandelt, managt er mit viel Herzblut die Oakland Athletics.

Zu Beginn der Saison 2002 befindet er sich in einer schwierigen Situation: Sein Verein kämpft mit finanziellen Schwierigkeiten, die Leistungsträger des Teams wurden von Top-Clubs abgeworben. Billy muss seine Mannschaft komplett umkrempeln. Fest entschlossen, den großen Vereinen den Kampf anzusagen, fängt er an, das bisherige System des Spiels auf den Kopf zu stellen.

Beane greift Theorien auf, die bisher keiner ernst genommen hatte und heuert den jungen Yale-Absolventen Peter Brand (Jonah Hill) an, einen Mathematiker. Zusammen stellen sie alles, was bis dato als unumstößlich galt, in Frage. Anhand von Computerstatistiken kommen sie zu dem Schluss, dass sie Spieler verpflichten müssen, die vom Rest der Liga ausgemustert wurden, aber über Schlüsseltalente verfügen, die von allen anderen unterschätzt worden sind. Schon bald ecken sie mit ihren neuen Methoden an: bei den Medien, Fans, ja sogar ihrem Trainer (Philip Seymor Hoffmann), der sich weigert, ihr System auf dem Platz umzusetzen.

“Moneyball” ist kein gewöhnlicher Sportfilm. Regisseur Bennett Miller, bekannt geworden durch seine Capote-Biografie (2006), beschreibt den Wandel eines äußerst starren Systems, der sich in den letzten Jahren vollzog. Der Film beruht auf wahren Ereignissen. Die sogenannten “Sabermetrics” sind heute im Profibaseball, wo über jeden Quark eine Statistik erstellt wird, unverzichtbar. Miller’s Film handelt vom Idealismus zweier Männer, die ihre Karrieren riskierten, um zu gewinnen.
Er wirft einen Blick in das Haifischbecken des amerikanischen Profisports und zeigt, mit welch harten Bandagen um Spieler und Erfolge gekämpft wird. Das macht den Film für das deutsche Publikum interessant. Denn diese Prozesse lassen sich nach Belieben auf jeden anderen Teamsport übertragen. Miller betrachtet Baseball weniger unter sportlichen, sondern vielmehr unter wirtschaftlichen und mathematischen Gesichtspunkten. Wiederholt konfrontiert er den Zuschauer mit großformatigen Statistiken.

Baseball gibt’s dagegen wenig zu sehen. Die hiesigen Zuschauer wird’s freuen. Begriffe wie First Base, Infield oder Catcher sind den allermeisten Deutschen fremd. Wenn es Sport zu sehen gibt, dann häufig in Form von Originalbildern. Miller verzichtet weitestgehend auf nachgespielte Szenen. Sein Protagonist verkriecht sich während den Spielen ohnehin lieber in den Kraftraum, um keine emotionale Nähe zu den Spielern aufzubauen. Immerhin muss er sie eines Tages wieder vom Hof jagen. Miller wirft auch einen Blick auf das Privatleben Beanes, thematisiert seine Vergangenheit als gescheiterter Spieler, die er als Begründung für seinen Erfolgswillen als Manager anführt. Und er bringt seine gescheiterte Ehe zur Sprache, ebenso das komplizierte Verhältnis zu seiner Tochter und Ex-Frau. Man könnte glauben, Beane hätte im Baseball eine Ersatzfamilie gefunden.

Brad Pitt spielt den Manager äußerst klischeebeladen. Ein lässiges Mundwerk, Goldkettchen, Basecap und ein ranziger Trainingsanzug sind seine Markenzeichen. Der Hollywood-Star parodiert nicht, sondern imitiert den realen Billy Beane. Sein Partner Jonah Hill alias Peter Brand könnte in seinem Anzug samt Krawatte ebenso gut als Bankmanager durchgehen. Statt Herzblut verbindet ihn der Reiz an Zahlenspielereien mit dem Sport. Sein Auftreten zeugt kaum von Vertrauen in die Theorien, die er verfolgt. Die Figur ist fiktiv.
Beanes damaliger Assistent Paul DePodesta wollte nicht in dem Film erwähnt werden. Vielleicht machte sich Miller diesen Umstand zu Nutze, um einen totalen Gegenentwurf von Beane zu kreieren. Hill spielt die Rolle mit einer erfrischenden Prise Humor. Ein heller Fleck in einem eher düsteren Film. Beide Schauspieler wurden verdientermaßen für den Oscar nominiert. Überzeugend auch Philip Seymor Hoffmann als querulantischer Egozentriker, der sich gegen seinen Manager aufbäumt.

Fazit: “Moneyball” ist ein Meisterwerk, einer der besten Sportfilme der letzten Jahre – weil er kein Sportfilm im engeren Sinne ist, sondern die Hassliebe eines Mannes zu einem System beschreibt, in dem die mit der meisten Kohle immer gewinnen. Mittlerweile auch Dank des Konzepts von Billy Beane, der noch immer die Oakland Athletics managt.

USA 2011, R: Bennett Miller, D: Brad Pitt, Jonah Hill, Ken Medlock, 133 Min, FSK 0.

Ab 16. März in der Schauburg.

Die Seite zum Film:
www.die-kunst-zu-gewinnen.de

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